Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 22 - Gottliebin erzählte, daß sie nachts öfters die Geister von Personen aller Arten und Stände zu sich ans Bett kommen sah. Diese hätten ihr entweder etwas wie Brot in den Mund gereicht oder andere Stellen ihres Leibes berührt. Alsbald habe sie Veränderungen in sich gefühlt, und nachher seien dann die Gegenstände aus ihr hervorgekommen. Jener Bretternagel und der kleinere Nagel, die das heftige Bluten verursachten, wurden ihr abends mitten auf der Straße von einem Geiste, der einen geistlichen Ornat trug und dort wartete, auf eine besondere Weise in den Kopf geschafft, wobei sie nicht den geringsten Widerstand leisten konnte; und bald darauf fing das Bluten an. Eines Nachts traten drei Männer als Geister vor sie, die in einem Glas eine giftige Essenz in der Hand hielten. Sie konnte sich wiederum nicht bewegen. Der eine öffnete ihren Mund, der andere hielt sie am Kopf und der dritte wollte ihr die Flüssigkeit eingießen. Doch gelang es ihm nur, ihr ein wenig davon in den Mund zu schütten. Um sie zu ersticken, wurde ihr nun wieder der Mund geschlossen und zugehalten. Der Dampf der Flüssigkeit ging jedoch durch die Nase heraus. Sie war nur imstande, während dies geschah, ein kurzes Gebet zu seufzen. Als die Männer merkten, daß sie nichts ausrichteten, schütteten sie ihr den Inhalt des Glases über den Kopf und entfernten sich. Am Morgen war die Nachthaube der Gottliebin von einem gelblichen, häßlich riechenden Stoffe zerfressen und ließ sich leicht zerbröckeln. Einmal, als sie in ihrer Kammer schlief, hatte sie abends ihren Rock an die Kammertüre gehängt. Die Schwester, die mit ihr in demselben Bette lag, wußte genau, was in der Rocktasche war und daß Gottliebin nicht aus dem Bette aufstand. Gottliebin aber sah des Nachts eine Gestalt zu ihrem Rock gehen, aus der Tasche ein blechernes Geldbüchschen, wie es die Bauersleute haben, nebst anderem herausnehmen und dann vor sie hintreten. Am anderen Morgen wurden von ihr unter heftigem Würgen Geldstücke und das Büchschen erbrochen. Endlich, als diese Erscheinungen unerschöpflich zu werden drohten, raffte ich meine ganze innere Kraft im Gebet zusammen und flehte zu Gott, er möge, da er die Kraft sei, die alles aus nichts gemacht habe, nun diese Gegenstände in nichts verwandeln, damit die Kunst des Teufels gänzlich zunichte werde. Dieser Art war mein Kämpfen mehrere Tage lang, und der Herr, der verheißen hat: 'Alles, was ihr in meinem Namen bitten werdet, das will ich euch geben‘, hat Wort gehalten. Es gelang. Aber auch diesem vermeintlichen Ende folgten nun noch einmal entsetzliche Krankheitserscheinungen bei der Gottliebin, die absichtlich auf ihren Tod zu zielen schienen. Als sie einmal sich selbst in unglaublich furchtbarer Weise verwundet hatte, wurden die Wunden wieder wunderbar geheilt. Aber plötzlich brachen sie wieder auf, und eine Freundin kam in größter Bestürzung zu Blumhardt mit der Meldung, jede Minute könne der Tod eintreten. Blumhardt schreibt: "Da stürzte ich in meinem Zimmer auf die Knie nieder und redete kühne Worte. Diesmal wollte ich, so stark war ich geworden, im Augenblick dem Teufel nicht einmal die Ehre antun, selbst hinzugehen, sondern ließ durch die Freundin sagen: ‘Gottliebin solle sich selbst aufmachen und zu mir kommen. Sie könne es im Glauben.‘ Es stand nicht lange an, so kam sie die Treppe herauf. Wie es aber mir dabei wurde, kann mir niemand nachfühlen." Den Schluß der Geschichte erzählt Blumhardt mit folgenden Worten: "Es schien sich alles, was nur je früher vorgekommen war, noch einmal zusammenzudrängen. Das Mißlichste war, daß sich in diesen Tagen die finsteren Einwirkungen auch auf den halbblinden Bruder und eine andere Schwester Katharina ausdehnten, und ich also mit dreien zugleich den verzweifelten Kampf durchzumachen hatte, wobei deutlich der innere Zusammenhang zwischen diesen dreien zu erkennen war. Den Verlauf des einzelnen kann ich nicht mehr genau erzählen. Es war viel zu mannigfaltig, als daß ich es im Gedächtnis hätte behalten können. Aber Tage waren es, wie ich keine mehr zu erleben hoffte. Denn es war soweit gekommen, daß ich sozusagen alles aufs Spiel zu setzen wagen mußte, wie wenn es hieße ‘siegen oder sterben‘. So groß übrigens auch meine Anstrengung war, so fühlbar war mir ein göttlicher Schutz. Der Bruder war am schnellsten wieder frei, und zwar so, daß er sogleich tätige Hilfe im Nachfolgenden leisten konnte. Die Hauptsache kam aber diesmal nicht an Gottliebin, welche im letzten Akt nach vorausgegangenen Kämpfen

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