Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 28 - Vianey lebte nämlich sehr bescheiden und fast nur von Kartoffeln, die er sich am ersten Wochentage für die ganze Woche kochte und dann kalt aß, und die nicht selten am Ende der Woche schimmlig geworden waren. "Weit davon entfernt, jener schwache Geist zu sein, der solchen Hirngespinsten zum Opfer fällt, wie es sich seine Amtsbrüder eingeredet hatten, war Pfarrer Vianey von Natur aus so wenig leichtgläubig, daß er selbst zuerst nicht annehmen wollte, es seien Teufel, die ihn quälten. Erst dann, als er vergebens nach einer Erklärung für die seltsamen Geräusche gesucht hatte, die ihn immer wieder während der Nacht störten, begriff er ihre Herkunft und Art. Eines Tages hörte er heftig gegen seine Haustüre stoßen. Er öffnete das Fenster und fragte: ‘Wer ist da?‘ Niemand antwortete ihm. Als das Geräusch sich an seiner Treppentüre wiederholte, stellte er dieselbe Frage. Abermals blieb er ohne Antwort. Da ihm damals prächtige Gewänder für seine Kirche geschenkt worden waren, die er im Pfarrhause aufbewahrte, so dachte er, es hätten Diebe bei ihm einzubrechen versucht. Er hielt es für gut, Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Deshalb bat er einige mutige Männer, Wache zu stehen. Sie kamen denn auch während mehrerer Nächte und hörten denselben Lärm. Doch entdeckten sie nichts. Man paßte im Glockenturm auf, indessen gleichfalls ohne Erfolg. Man hörte heftige Stöße, ohne etwas zu sehen. Die Wächter waren sehr erschrocken. Selbst dem Pfarrer wurde recht bange. Eines Nachts im Winter, als er wieder starke Schläge gegen die Türe vernommen hatte, sprang er eilends aus dem Bett, stieg in den Hof hinab, indem er überzeugt war, daß die Übeltäter, wenn es sich um solche handelte, ihre Spur im frischgefallenen Schnee zurückgelassen hätten und daß man sie so endlich fassen könne. Aber er sah niemanden, hörte nichts mehr und bemerkte auch keine Fußspur im Schnee. Da nun zweifelte er nicht mehr, daß der Satan ihn verfolgen wollte. - Von dem Tage an, wo er überzeugt war, daß die nächtlichen Ruhestörer Dämonen seien, hatte er viel weniger Angst. Indessen richteten sich die Hauptabsichten der Dämonen zweifellos darauf, seine seelsorgerliche Tätigkeit minder fruchtbar zu machen, indem sie seinem überanstrengten Leibe die nötige Nachtruhe raubten. Alles schien bei diesen Plagen gar trefflich darauf eingerichtet zu sein, daß ihm das Schlafen ganz unmöglich gemacht würde. Meistens vernahm Vianey eines von jenen eintönigen Geräuschen, die mehr als alles andere, wie man weiß, zur Schlaflosigkeit veranlassen. Bald war es ein Geräusch, wie wenn ein Balken durchgesägt oder durchgebohrt würde. Bald schien es, als ob man eine Reihe Nägel einklopfte. Es kam ihm auch vor, als ob Regimenter Soldaten an seiner Tür vorbeizögen; als ob eine Schafherde über seinem Haupt dahintrampelte; als ob ein Pferd über seine Fliesen galoppierte; als ob jemand auf seinem Tisch trommelte; als ob man in seiner Nähe Eisenreifen um ein Faß festschlage; als ob alle Wagen von Lyon über seine Diele rollten; als ob eine lärmende Versammlung in unbekannter Sprache in seinem Hofraum sich unterhalte. Diese letzte Plage dauerte mehrere Nächte hintereinander. Ein anderes Mal hörte er seine Türe öffnen und sich in barscher Weise bei seinem Familiennamen anreden. Dann hatte er eine Fülle von spöttischen Grobheiten zu ertragen, unter denen am häufigsten die Bezeichnung ‘Kartoffelfresser‘ vorkam. Ferner wurden seine Möbel hin- und herbewegt. Es wurde an seinen Vorhängen mit solcher Wucht gerissen, daß er darüber verwundert war, sie am anderen Morgen noch heil zu finden". (S. 66 - 70) Groß waren auch die inneren Anfechtungen, die er von seiten der Bösen zu erdulden hatte und mit denen sie ihn zur Verzweiflung zu treiben suchten. Bei Blumhardt treffen wir dieselben Erscheinungen. Leider sind die in seiner Denkschrift enthaltenen dämonischen Einwirkungen, soweit sie seine Person angingen, absichtlich in seiner Lebensbeschreibung unterdrückt worden, wie ich dies bereits früher erwähnte. Sowohl bei Blumhardt als auch bei Vianey hatten jene dämonischen Machenschaften den einzigen Zweck, das Wirken dieser Männer in der Führung ihrer Mitmenschen zu Gott ganz zu vernichten oder doch zu beschränken. Darum suchten sie Blumhardt in das ihm unbekannte Gebiet des Dämonischen durch die Gottliebin Dittus zu verstricken und ihn, als ihnen das nicht gelungen war, nachher durch äußere und innere Anfechtungen zu verwirren und mutlos zu machen. - Bei Vianey hatten sie es zunächst auf die Einflößung der Mutlosigkeit und Verzweiflung abgesehen und benutzten dazu als Werkzeuge die katholischen Geistlichen der Nachbarbezirke, die einen solchen Feldzug der gemeinsten Verleumdung und Verdächtigung gegen den armen Pfarrer von Ars eröffneten und zehn Jahre

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