Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 31 - nicht von Gott gewollt, sondern aus menschlichen Irrtümern herrührend, mit aller Entschiedenheit ab. Und doch sind beide in der Hand Gottes e b e n b ü r t i g e We r k z e u g e der Befreiung der Menschheit von Sünde und Satan und ihrer Führung zum Vaterhaus Gottes. Beide erhalten die höchsten Gaben, die Christus seinen Gläubigen verheißen hat, t r o t z ihrer Gegensätzlichkeit im kirchlichen Glaubensbekenntnis. In einem Punkte stimmen beide überein: In dem tiefen Gottesglauben und in dem darin verankerten unerschütterlichen Gottvertrauen sowie in der großen Liebe zu Gott und den Menschen. • Vor Gott ist also das sonstige kirchliche Glaubensbekenntnis eines Menschen von k e i n e r B e d e u t u n g . Er betrachtet es bloß als ein äußeres Kleid, das man den Menschen umgehängt hat, das jedoch die geistige Persönlichkeit nicht beeinflußt, wenn in ihr Gottesglaube und Gottesliebe wirksam sind. Er läßt den Menschen dieses Kleid, das aus den Flicken menschlicher Irrtümer zusammengenäht ist, solange es die Aufgabe nicht verhindert, die er dem Menschen zugeteilt. Wenn man nun fragen wollte, weshalb die gute Geisterwelt jene Männer nicht über die Irrtümer in ihren religiösen Anschauungen aufgeklärt und ihnen die Wahrheit vermittelt habe, so ist die Antwort darauf nicht schwer. Zunächst war eine solche Belehrung nicht notwendig, weil die konfessionellen Irrtümer der Arbeit nicht im Wege standen, zu der beide von Gott berufen waren. Sie sollten die Menschen ihrer näheren und ferneren Umgebung zur Einkehr in sich und zur Rückkehr zu Gott bewegen. Dem stand weder das katholische noch das evangelische Glaubensbekenntnis im Wege. Vor allem aber konnte eine Aufklärung über religiöse Irrtümer deshalb von seiten der Geisterwelt nicht erfolgen, weil sie sowohl einem Blumhardt als auch einem Vianey die Erfüllung ihrer Aufgaben unmöglich gemacht hätte. So hätte der evangelische Pfarrer Blumhardt infolge neuer Wahrheitserkenntnisse auch eine Änderung in seiner Lehre vornehmen müssen. Damit würde er sich außerhalb der evangelischen Kirche gestellt und dadurch sowohl sein Amt als auch seinen Wirkungskreis verloren haben. Das gilt in noch höherem Maße von dem katholischen Pfarrer Vianey. Wäre seine Glaubenseinstellung auch nur in einem Punkte von der seiner Kirche abgewichen, so wäre er in ganz kurzer Zeit für immer erledigt. Unter Katholiken konnte an der Aufgabe der Rettung von Seelen nur arbeiten, der in das Gewand des katholischen Bekenntnisses gekleidet war, wie Blumhardt nur als Mann des evangelischen Glaubens unter seinen Glaubensgenossen Aussicht auf Erfolg hatte. Ohnedies wurde das Wirken beider schon über die Maßen von ihren Amtsbrüdern angefeindet, obwohl jeder seiner Kirche treu ergeben war. Welche Kämpfe würden erst gegen sie eingesetzt haben, wenn sie in dem einen oder anderen Punkte von der Lehre ihrer Kirche abgewichen wären? Besonders bei Vianey kannten die Angriffe seiner Amtsbrüder keine Grenzen. Wie schon vorher angedeutet, wurde er zehn Jahre hindurch von ihnen maßlos verfolgt, bekrittelt, geschmäht, verdächtigt, verleumdet und selbst mit äußerster Gewalt bedroht. Als die katholische Geistlichkeit seiner näheren und ferneren Umgebung sah, wie ihre Pfarrkinder ebenfalls zu Vianey eilten und mehr auf dessen Urteil gaben als auf das der eigenen Geistlichen, kamen die Regungen des Neides und der Eifersucht. Sie nannten ihn den unwissenden Priester, der nur mit Mühe ein wenig Latein gelernt habe und beinahe aus dem Priesterseminar zurückgeschickt worden wäre. Vor allem die Begeisterung, mit der die Leute von dem Pfarrer von Ars sprachen, brachte den Haß der anderen Geistlichen zum Überlaufen. Man verleumdete ihn in der schändlichsten Weise.

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