Kapitel 3-5: Der Geisterverkehr im nachapostolischen Zeitalter und in der jetzigen Zeit

- 8 - ihm redete. Eine solche Wahrnehmung hat für den Zuschauer immer etwas Schreckhaftes, wie überhaupt in allen Fällen, wo die jenseitige Geisterwelt mit Menschen in sinnlich wahrnehmbarer Weise in Berührung kommt, vor allem, wenn es das erstemal ist, wo der Mensch so etwas erlebt. Weinel, S. 83: "Solch ein Beter, wie Polykarp, war ohne Zweifel der s c h w ä b i s c h e P f a r r e r B l u m h a r d t , bei dessen Gebet die Kranken die Geister der Krankheit von sich weichen fühlten." Das Stadium der "Tieftrance" oder der eigentlichen "Ekstase" war sehr oft bei den Medien der Montanisten vorhanden. Von Montanus erzählt sein Gegner Eusebius, es sei ihm berichtet worden: "Montanus, ein Neugetaufter, habe, von unmäßigem Ehrgeiz getrieben, dem bösen Feind Einlaß in sein Inneres gewährt. Er sei von einem Geist erfüllt worden und habe plötzlich, in Besessenheit und Ekstase geraten, in einem Erregungszustand zu reden und fremdartige Worte auszustoßen begonnen. Auch zwei von ihm erweckte Frauen hätten gesprochen 'in bewußtlosem Zustande und ganz plötzlich und fremdartig, ähnlich wie Montanus, von demselben bösen Geist erfüllt'". Der Geist, der aus Montanus redet, erklärt diesen medialen Zustand mit folgenden Worten: "Siehe, der Mensch ist wie eine Lyra (Musikinstrument), und ich fliege hinzu wie ein Plektrum (durch das auf das Musikinstrument geschlagen wurde)". Damit gibt dieser Geist in der richtigen Weise das Verhältnis an, in dem der Geist, der aus einem Medium spricht, zu dem Medium steht. Das Medium ist bloß Werkzeug in der Hand des Geistes. Es ist das Klavier und der fremde Geist ist der Klavierspieler. So ist es bei allen echten Medien ohne Ausnahme. Das abfällige Urteil, das bei Eusebius über die Geistwirkungen in der montanistischen Religionsgemeinschaft, die doch auch eine christliche war, in den oben angeführten Sätzen gefällt wird, ist das Urteil eines religiösen Gegners. Bekanntlich sind Religionskämpfe stets die erbittertsten, bei denen die Gegner von den Waffen der Lüge und der Verleumdung und der Entstellung der Wahrheit zu allen Zeiten den ausgiebigsten Gebrauch gemacht haben. Daß bei den Montanisten die Geisterkundgebungen nicht von der Art gewesen sein können, wie die katholischen Gegner sie hinstellen, geht schon allein aus der Tatsache hervor, daß Tertullian, der gelehrteste und ernsteste Kirchenlehrer der damaligen Zeit, aus der katholischen Religionsgemeinschaft zu der montanistischen übergetreten ist. Wer die Werke dieses Kirchenlehrers kennt, dem ist es ohne weiteres klar, daß die bei den Montanisten zutage getretenen Geistwirkungen etwas Ernstes und Heiliges gewesen sein müssen, sonst hätte sich dieser Mann ihnen nicht angeschlossen. Da die Geistwirkungen bei den Montanisten unter den Christen sehr viel Aufsehen erregten und der bisherigen christlichen Religionsgemeinschaft, die man die katholische nannte, dadurch großen Abbruch taten, stellte man plötzlich von seiten der damaligen katholischen Kirchenleiter den Grundsatz auf, daß ein wahres Werkzeug Gottes nicht in der Ekstase, also nicht in Tieftrance spreche. Und doch war es allgemein bekannt, daß zu allen Zeiten zahlreiche Menschen als Werkzeuge Gottes in Ekstase gesprochen hatten. So sagt der katholische Athenagoras aus derselben Zeit: Athenag. leg. 9 p. 42: "Die Propheten haben in der Bewußtlosigkeit der Ekstase, indem sie ein göttlicher Geist in Tätigkeit versetzte, das ausgesprochen, was ihnen eingeflößt wurde, wobei sie ein heiliger Geist benutzte, wie ein Flötenspieler seine Flöte bläst". Und an einer anderen Stelle sagt er, der Geist habe die "Sprachorgane der Propheten wie Instrumente in Bewegung gesetzt."

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