Kapitel 7: Christus sein Leben und sein Werk

- 18 - Du weißt, daß das Wort 'Tod' an fast allen Stellen der Bibel und vor allem in den Briefen des Paulus den 'geistigen Tod' oder den Abfall von Gott bezeichnet. Vor diesem Abfall zitterte Christus schon zu einer Zeit, wo er von einem Kreuzestod noch nichts wußte. So furchtbar hat ihm Satan zugesetzt. Eure Bibel weiß nichts von dem täglichen Ringen Christi mit den Höllenmächten, die alles aufboten, ihn mürbe zu machen und dadurch zum Abfall von Gott zu bringen. Daß er unter Tränen zu Gott aufschrie und ihn um Hilfe anflehte, wenn Satan mit seiner ganzen Horde an ihm war und er vor Angst zitterte, er möchte der Hölle auf die Dauer nicht wiederstehen können – daran möget ihr erkennen, daß die Möglichkeit eines Abfalles von Gott auch bei Christus gegeben war. • Denn wäre bei ihm keine Möglichkeit eines Abfalles vorhanden gewesen, dann brauchte er nicht vor dem Angriff der Hölle zu zittern und noch weniger unter gewaltigem Schrei und unter Tränen Gott um Rettung anzuflehen. Und Satan, der ja genau wußte, wen er in Christus vor sich hatte, wäre nicht so dumm gewesen, seine ganzen Machtmittel gegen ihn ins Feld zu führen, wenn er keine Aussicht gehabt hätte, ihn zu besiegen. Darum richten sich seine Angriffe nie gegen Gott selbst, sondern nur gegen die Geschöpfe Gottes. Und wenn Luzifer als zweithöchster der geschaffenen Geister von Gott abfiel, warum sollte nicht der erste dieser Geister ebenfalls abfallen können, vor allem jetzt, wo er als schwacher Mensch den Höllenmächten gegenüberstand. Satan weiß genau, was er tut, und er unternimmt nichts Aussichtsloses. Auch die Wahrheit, daß Christus menschliche Fehler und Schwächen beging, hat Paulus in der angegebenen Stelle zum Ausdruck gebracht. Denn er sagt, Christus habe, wiewohl er Gottes Sohn war, doch aus dem, was er durchzumachen hatte, Gehorsam gelernt. Also auch Christus mußte als Mensch Gehorsam lernen. Auch er hat nicht immer den inneren und äußeren Anregungen zum Guten Folge geleistet. Aber die Strafe, die auch er als Mensch für den kleinsten aus Schwachheit begangenen Ungehorsam bekam, hat ihn nach und nach Gehorsam gelehrt, und so ist er zur Vollendung gekommen, und zwar durch den größten Akt des Gehorsams – seinen Tod am Kreuze. Das ist ja das Große und Wunderbare an Christus, daß er, obschon er der Sohn Gottes war, doch als Mensch mit denselben Schwachheiten und Unvollkommenheiten zu kämpfen hatte, die auch die anderen Menschen haben, und daß er trotzdem gegen die Macht der Hölle standhielt. Er hat die schlimmsten Angriffe des Bösen an sich erfahren müssen als einer, der besiegt werden konnte und vor Angst, er möchte besiegt werden, zu Gott im Gebet schrie. Darum weiß er auch aus eigener Erfahrung, wie es euch schwachen Menschen zumute ist. Hebräer 4, 15: 'Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitgefühl mit unseren Schwachheiten haben könnte, sondern einen solchen, der in allen Stücken ebenso versucht worden ist – nur ohne die Sünde.' • Mit 'Sünde' ist hier nicht das menschliche Straucheln aus Schwachheit gemeint, von dem kein Mensch frei ist und von dem auch Christus nicht frei war, sondern unter 'Sünde' ist die Verfehlung zu verstehen, die uns von Gott trennt. Es ist die Sünde, die den geistigen Tod gebiert infolge des Abfalles von Gott. Christus gehörte nie zu den von Gott Abgefallenen und ließ sich auch nicht als Mensch von Gott trennen. 'Die Sünde zum Tod', wie der Apostel Johannes sie nennt, beging er nicht. Sonst ist er den Menschen in allem gleich geworden, auch in der menschlichen Schwachheit und im menschlichen Straucheln. Denn die Schwachheit zeigt sich im Straucheln. Wer nie strauchelt, ist auch nie schwach. Der Zeitpunkt, wo J o h a n n e s d e r T ä u f e r als Bußprediger auftrat, sollte auch für Christus von entscheidender Wichtigkeit werden. Denn bis dahin wußte er noch nicht, daß er der verheißene Messias war. Als er jedoch Johannes aufsuchte und dieser ihn der Volksmenge als das Lamm Gottes vorstellte, das die Sünde der Welt hinwegnehmen solle, da erkannte er, wer er war und erhielt sofort auch von Gott selbst die Bestätigung: 'Du bist mein geliebter Sohn; an dir habe ich mein Wohlgefallen.'

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