Kapitel 8-9: Die Lehre Christi und das heutige Christentum

- 27 - Ihr möget alle erdenklichen Ausflüchte suchen, um dies zu erklären, es gelingt euch nicht, die grausame Ungerechtigkeit wegzudisputieren, die in dem Schicksal dieser Kinder läge. - Das gilt von dem Menschenschicksal überhaupt. – • Aber wenn ihr wißt, daß euer Geist s c h u l d b e l a d e n aus einem f r ü h e r e n Dasein in das jetzige tritt, dann sind alle Schicksalsrätsel mit einem Schlage gelöst. Dann steht euch sowohl der große Abfall von Gott vor Augen, den der Geist des Menschen einst begangen, als auch etwaige frühere Menschenleben, die der Mensch mit Freveln belastet hat, deren Strafe und Sühne das jetzige Leben bedrücken. Wenn ihr das bedenkt, dann wird euch nicht mehr die Frage auf die Lippen kommen, die ihr so oft in Stunden tiefen Leides auszusprechen pflegt: ' Wo m i t h a b e i c h d a s v e r d i e n t ? ' Wenn Gott euch auf diese Frage euer ganzes vergangenes Dasein in einem Bilde vor Augen stellen wollte, dann würdet ihr vor Grauen verstummen. Auch so vieles aus den biblischen Schriften würde euch verständlich sein, was euch bis jetzt dunkel geblieben ist. So würdet ihr den scheinbaren Widerspruch von selbst lösen können, der in den Worten des Alten Testamentes enthalten ist, indem es einmal heißt: 'Ein Sohn soll die Schuld des Vaters nicht mittragen' und ein anderes Mal: 'Ich will die Sünden der Väter an den Kindern strafen bis ins dritte oder vierte Glied'. • Wenn Gott die Sünden der Väter an den Kindern straft, so geschieht es nicht in der Weise, daß er unschuldige Kinder für das Vergehen des Vaters leiden läßt. Das wäre ein Unrecht. Vielmehr verkörpert er in dessen Kindern solche Geister, die von sich aus ein schweres Schicksal verdient haben, aber infolge dieses Schicksals auch für ihren Vater eine sichtbare Strafe sein sollen. Und da ein Vater seine Nachkommen höchstens bis ins dritte oder vierte Glied erlebt, so kann diese Strafe für ihn bis ins vierte Glied dauern. Wie erklärst du ferner bisher, bei deiner bisherigen Lehre von der Erschaffung des Menschengeistes im Augenblick der Zeugung, den Satz der Bibel: 'Gott kann auch aus diesen Steinen Kinder Abrahams erwecken?' Du sagst vielleicht, daß Gott in seiner Allmacht aus den Steinen Menschen erschaffen könne. Aber solche Menschen wären doch keine Kinder Abrahams. Denn Menschen können nur auf dem Wege der Zeugung Kinder Abrahams werden, indem sie durch ihre menschlichen Vorfahren von Abraham abstammen. Wie aber können Steine auf dem Wege der Zeugung Kinder Abrahams werden? Mit all eurer theologischen Weisheit vermöget ihr das nicht zu erklären. • Wenn du aber weißt, daß in den Steinen, wie überhaupt in der Materie, G e i s t e r v e r k ö r - p e r t s i n d , dann ist die Erklärung von selbst gegeben. Dann begreifst du, daß Gott die in den Steinen verkörperten Geister ihrer Hülle entkleiden und sie den Kindesleibern einverleiben kann, die auf dem Wege der Zeugung im Schoße der Nachkommenschaft Abrahams ins Dasein treten. Dasselbe gilt von den Worten Christi: Lukas 19, 40: 'Ich sage euch: Wenn diese schwiegen, würden die Steine schreien.' Steine können selbstverständlich nur dann schreien, wenn ein Geist in ihnen lebt.

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