Kapitel 8-9: Die Lehre Christi und das heutige Christentum

- 58 - Größere Beweise der Wahrheit konnten nicht gegeben werden. Aber trotzdem nahmen seine Gegner die Wahrheit nicht an. Sie lästerten vielmehr die Geister Gottes, die in Christus wirkten, indem sie dieselben als 'Teufel' erklärten. • So würdest auch du die Sünde wider den Geist begehen, wenn du nach den empfangenen überwältigenden Beweisen der guten Geisterwelt die dir geschenkten Wahrheiten aus Menschenfurcht oder anderen Gründen von dir weisen würdest. Bei allen anderen Sünden macht Gott von dem Mittel der Begnadigung einen viel reicheren Gebrauch, als die Menschen es verdienen, soweit sie nur den guten Willen aufbringen und sich Mühe geben, sich zum Guten zu wenden. Alle Menschen und sündigen Geister sind auf diese Begnadigung angewiesen. • Denn kein Mensch ist sündenlos und tritt unbefleckt aus diesem Leben ins Jenseits. Es gibt darum auch keine menschlichen 'Heiligen' in dem Sinne, wie deine bisherige Kirche es lehrt. Die katholische Kirche versteht unter einem 'Heiligen' etwas ganz anderes, als das Urchristentum darunter verstanden hat. Die Apostel gebrauchen in ihren Briefen sehr häufig das Wort 'Heilige'. Sie meinen damit jeden, der die Lehre Christi als göttliche Wahrheit annimmt und sich bemüht, sein Leben nach dieser Lehre einzurichten. Darum reden sie die Glieder der Christengemeinden mit 'Heilige' an. Sie wollen damit nicht zum Ausdruck bringen, daß die ersten Christen keine Sünden begingen. Sie tadeln sie vielmehr in fast jedem Briefe wegen ihrer täglichen Sünden und menschlichen Verirrungen. Sie wußten, daß kein Mensch ohne Sünde ist. 'Wenn wir behaupten, keine Sünden zu haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns', sagt der Apostel Johannes . Deine Kirche ist in diesem Punkte anderer Ansicht. Sie behauptet, daß diejenigen, die sie als 'Heilige' verehrt, entweder ihr ganzes Leben sündenfrei gewesen seien, wie die Mutter Jesu, oder daß sie doch von dem Tage ihrer Bekehrung an keine Sünden mehr begingen. Sie lehrt, daß diese 'Heiligen' bei ihrem irdischen Tode sofort zur Anschauung Gottes gelangt seien und daß Gott ihre Heiligkeit durch Wunder bestätigt habe. Sie nimmt ferner für sich die Macht in Anspruch, unfehlbar erklären zu können, ob jemand als 'Heiliger' zu verehren sei. Die Heiligkeit liegt in dem Willen und in der Gesinnung eines Menschen. • Da kein Mensch, auch kein Papst, die Gesinnung eines Menschen erkennen und unfehlbar beurteilen kann, so bedarf es keines weiteren Beweises, daß eine Heiligsprechung durch Menschen nie den Anspruch auf Wahrheit erheben kann. G o t t a l l e i n s p r i c h t h e i l i g , s o n s t n i e m a n d ! Nur Gott kennt das Menschenherz. Von keinem könnt ihr sagen, ob er der Liebe oder des Hasses Gottes würdig ist. Es ist eine ungeheure menschliche Überhebung, mit Unfehlbarkeit sagen zu wollen, daß dieser oder jener Mensch bei Gott ist. Denn neben der wahren Heiligkeit gibt es auch die Scheinheiligkeit; und oft sind beide nicht voneinander zu unterscheiden. Und was die angeblichen Wunder betrifft, die Gott durch die Heiligen gewirkt haben soll, so ist zunächst eine große Zahl davon in das Reich der Dichtung zu verweisen. Andere euch wunderbar erscheinende Vorgänge in ihrem Leben beruhten auf verschiedenen medialen Gaben, durch die sie in Verbindung mit der Geisterwelt standen, ohne daß ihr heute angeben könnt, ob es die gute oder böse Geisterwelt war, die sich bei ihnen kundgab. Die Zauberer zur Zeit des Mose in Ägypten und der Magier Simon in Samaria, den seine Zeitgenossen die 'große Kraft Gottes' nannten, haben mehr sogenannte Wunder gewirkt als irgendein Heiliger der katholischen Kirche. Und doch war es das Böse, das in ihnen wirksam war, wenn auch unter dem Deckmantel des Guten. • Gott hat kein Interesse daran, euch durch Wunderzeichen kundzutun, wer heilig ist. Denn er will k e i n e H e i l i g e n v e r e h r u n g , keine Verehrung von Reliquien der Heiligen, keine Wallfahrten zum Grabe eines Heiligen oder zu sonstigen Heiligtümern. Denn das alles ist feiner Götzendienst.

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