Kapitel 8-9: Die Lehre Christi und das heutige Christentum

- 64 - 9. 0 Nachwort (von Pfarrer Johannes Greber) Gegen alles, was mit dem Althergebrachten nicht übereinstimmt, pflegen wir uns ablehnend zu verhalten. Das liegt in der Natur des Menschen. Die Gewohnheit ist die stärkste Macht sowohl im Leben des einzelnen, als auch im Leben der Völker. Darum hängt der Mensch so fest an den Sitten und Gebräuchen, die er von seinen Eltern übernommen und von Jugend auf geübt hat. In verstärktem Maße gilt dies von den Dingen, die mit der Religion des Elternhauses zusammenhängen. Was Vater und Mutter dem Kinde als etwas Heiliges und Göttliches dargestellt, was sie selbst als religiöse Pflicht geübt und dem Kinde als gleiche Pflicht ins Herz gelegt, ist nicht leicht ganz daraus zu tilgen. Und wenn sich auch die meisten im praktischen Leben nicht danach richten, so gilt es doch als etwas Altehrwürdiges, vor dem man eine gewisse Scheu empfindet und das man wenigstens äußerlich nicht ganz aufgeben möchte. Ein Begräbnis nach althergebrachter Weise der Väter möchte man immerhin noch haben, wenn man auch nicht nach dem Glauben der Väter gelebt hat. Man meint, das der Familien- und Glaubenstradition schuldig zu sein. Alle sind von Kindheit an so oft in die bunte Farbenmischung des religiösen Denkens und Empfindens des Elternhauses und der Glaubensgenossen eingetaucht worden, daß immer noch etwas davon haften bleibt, wenn sie auch noch so oft in dem Wasser eines unreligiösen Alltagslebens gewaschen wurden. • Diese Macht der Gewohnheit ist der größte Feind der Wahrheit auf allen Gebieten, besonders auf dem der Religion. Sie hält den Menschen nicht bloß ab, selbst nach der Wahrheit zu suchen, sondern treibt ihn auch instinktmäßig dazu, ohne weitere Prüfung alles von sich zu weisen, was im Gegensatz zu seiner bisherigen Meinung steht. Dagegen gibt es bloß ein Mittel: E s i s t d a s S e l b s t e r l e b e n d e r Wa h r h e i t . Auch mir erging es ähnlich bezüglich der Wahrheiten, die in diesem Buch enthalten sind. Daß es einen Gott und eine Geisterwelt gibt, lehrte mich meine Religion. Davon war ich daher auch völlig überzeugt. Daß aber eine mit menschlichen Sinnen wahrnehmbare Verbindung mit der Geisterwelt hergestellt werden könne, das verstieß gegen die Lehre meiner Kirche. Darum hielt ich diese Annahme für Torheit. Als ich daher eines Tages gezwungen war, Dinge zu prüfen, die angeblich Geisterkundgebungen sein sollten, war ich in meinem Inneren überzeugt, daß es mir ein leichtes sein werde, die ganze Sache als Schwindel zu entlarven. Dabei war ich mir freilich bewußt, daß eine solche Prüfung nur dann eine einwandfreie sein könne, wenn sie nach denselben wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen würde, die wir auf allen Gebieten anwenden müssen, um die Wahrheit zu ermitteln. Es sind dies die Gesetze von Ursache und Wirkung. Sie sind allgemein gültig und dulden keine Ausnahme. Denn eine bestimmte Wirkung ohne eine entsprechende Ursache ist auf keinem Gebiet denkbar. So muß dort, wo Gedanken klar und deutlich ausgesprochen werden, auch ein Träger dieser Gedanken - ein denkendes "Ich" sein. Werden nun durch irgendeinen Menschen Gedanken zum Ausdruck gebracht, die er selbst nicht kennt und nie gekannt hat, spricht und schreibt er in fremden Sprachen, deren Laute er bisher nie vernommen, dann kann das eigene "Ich" eines solchen Menschen nicht die Ursache solcher Wirkungen sein. Das gilt um so mehr, wenn dieses Sprechen oder Schreiben in einem Zustand vollständiger Bewußtlosigkeit erfolgt. Es widerstreitet jedem gesunden Denken, daß ein vollständig Bewußtloser überhaupt einen klar durchdachten, die schwierigsten Dinge behandelnden stundenlangen Vortrag halten, die gestellten Fragen und Zwischenfragen eingehend beantworten und erläutern kann. Noch viel weniger kann ein Bewußtloser eine Sprache sprechen oder schreiben, die er nie gehört oder gelernt hat.

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