Das Jenseits in uns

- 7 - In mancherlei Hinsicht ähneln Nah-Todeserfahrungen Träumen. So kommt es auch in Träumen zuweilen zu Außerkörperlichkeitserfahrungen mit den typischen Fall-, Flug- und Schwebeempfindungen. In Klarträumen schließlich, in denen der Träumer sich des Träumens bewußt ist, wird die Welt ähnlich "real" und lebendig wahrgenommen wie bei Nah-Todeserlebnissen. Jedoch gibt es eine ganze Reihe phänomenologischer und physiologischer Unterschiede zwischen den beiden Phänomenen. • Im Gegensatz zu Klarträumen können Nah-Todeserfahrungen etwa keinem bekannten EEGSchlafstadium zugeordnet werden. Der luzide Charakter von Nah-Todeserfahrungen und manchen hellsichtigen Träumen, also die Klarheit und Lebendigkeit der erlebten Welt, ist meiner Ansicht nach ein Hinweis auf die reale Existenz des Erlebten. Auch in jenen Elementen der Nah-Todeserfahrung, die eher traumhaft-halluzinativ erscheinen, vermute ich Elemente einer anderen Existenz, die sich aber dem Individuum in traumhaft veränderbarer Gestalt zeigen: Vielleicht kleidet das Unbewußte außersinnlich erfaßte Erfahrungen in individuelle Bilder und Inhalte. Das würde die je nach Religion und Kultur unterschiedliche Ausgestaltung der im Kern identischen Erfahrungen erklären. Nah-Todeserfahrungen sind meiner Ansicht nach deutliche indirekte Hinweise auf ein Leben nach dem Tod. Sicher ist jedoch, daß Nah-Todeserlebnisse bei - wenn auch anders als sonst - funktionierendem Gehirn stattfinden. Diese Erfahrungen können nicht allein auf Sauerstoff-Mangel und Kohlendioxid-Überschuß im Gehirn zurückgeführt werden, denn sie treten auch bei normalem Sauerstoff-Gehalt auf. Körpereigene Opiate scheinen bei den Erlebnissen eine Rolle zu spielen, ebenso die Botenstoffe Serotonin, Dopamin und GABA. Alle diese Stoffe spielen aber auch bei anderen psychischen Funktionen eine Rolle, so daß sie nichts Spezifisches über die Neurophysiologie von Nah-Todeserfah-rungen aussagen.

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