An den Grenzen der Physik

PSYCHOWISSENSCHAFTLICHE GRENZGEBIETE Ausgesuchte Veröffentlichungen aus verschiedenen Bereichen psychowissenschaftlicher Forschung Internet: http://www.psychowissenschaften.de Quelle: Selbstverlag (WerSch-Verlag) Prof. Dr. rer. nat. Werner Schiebeler An den Grenzen der Physik Die Parapsychologie als Mittlerin zwischen Naturwissenschaft und Religion Prof. Dr. rer. nat Werner Schiebeler (1923-2006). Studium der Physik in Göttingen. Promotion mit einer Arbeit am Max-Planck-Institut für Strömungsforschung. Von 1955-1965 Tätigkeit bei der Firma Standard-Elektrik-Lorenz A.G. in Pforzheim, davon sieben Jahre als Leiter der Entwicklungsabteilung für elektronische Fernschreibtechnik. Ab 1965 Dozent für Physik und Elektronik an der damaligen Staatlichen Ingenieurschule in Ravensburg, der heutigen Hochschule Ravensburg-Weingarten. 1971 Ernennung zum Professor. 1983 Eintritt in den Ruhestand. Neben den naturwissenschaftlich-technischen Lehrfächern vertrat Schiebeler in regelmäßigen Sondervorlesungen auch das Lehrgebiet Parapsychologie und Parapsychophysik. Er veröffentlichte zahlreiche Zeitschriftenartikel, Broschüren und Bücher über verschiedene parapsychologische Themen. Daneben erschienen über das Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen von ihm zwei Filme über Paranormale Heil-methoden auf den Philippinen. Hierfür erhielt er 1974 von der "Associazone Italiana Scientifica di Metapsichica" den "Ernesto Bozzano-Preis" und 1988 den "Ersten Schweizer Preis" von der Schweizerischen Stiftung für Parapsychologie. Das vorliegende Manuskript von Prof. Dr. rer. nat. W. Schiebeler, lieferte die Grundlage zu einer ausgestrahlten Sendung des Südwestfunks Baden-Baden (SWF/ SR/ SDR). Die Sendung trug den Titel: "Abendstudio aus Baden-Baden". Sendezeit: 14. Aug. 1984; 20:20 – 21:30 Uhr Die Regie: Lothar Schock. Redaktion: Gerhard Adler.

- 2- Vorwort Welchem Zweck soll dieser Vortrag dienen? Er wendet sich nicht so sehr an die Menschen, die ein festes religiöses Fundament haben, deren Glaube an Gott unerschütterlich ist und die die von ihnen geforderte Gottes- und Nächstenliebe auch in die Tat umsetzen. Der Vortrag richtet sich auch nicht an die, für die nur Essen und Trinken wichtig sind und deren geistige Interessen durch das Lesen einer Boulevardzeitung befriedigt werden. • Dieser Vortrag wendet sich an die, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis suchen und an die, die mit ihrem religiösen Glauben Schwierigkeiten haben. Diejenigen sind angesprochen, die an einen Gott glauben möchten, das aber nicht mit ihrem Verstand in Einklang bringen können. Sie sagen sich vielleicht: Es gibt so viele unterschiedliche Religionen und Konfessionen, die sich zum Teil sehr stark voneinander unterscheiden. Ist vielleicht alles nur menschliche Erfindung? Wenn diese Menschen sich nicht nur oberflächlich, sondern intensiv mit Parapsychologie befassen, insbesondere mit dem Fortleben nach dem Tode, werden sie erkennen, welche übergeordneten Prinzipien den meisten Religionen zugrunde liegen. Sie werden dann nicht jede Kleinigkeit einer kirchlichen Lehre wörtlich und wichtig nehmen und sich daran klammern. Dafür aber erlangen sie eine tiefe innere Überzeugung der Grundwahrheiten des Christentums und dadurch vielleicht auch ein festes Verhältnis zu Gott. Sie können dann das Grundgebot des Christentums ernst nehmen: Liebe Gott über alle Dinge und deinen Nächsten wie dich selbst. Dazu führt nicht das äußerliche Phänomen des Hellsehens, der Telekinese oder einer Wunderheilung, sondern die Erkenntnis dessen, was im Tiefsten die Ursache dafür ist, nämlich, daß ein Schöpfer, den wir Gott nennen, unser Weltall in seinen für uns sichtbaren und noch verborgenen wunderbarer Weise gestaltet hat. Werner Schiebeler

- 3- An den Grenzen der Physik Unsere heutigen Wissenschaften, insbesondere die Naturwissenschaften, haben uns in den letzten Jahrhunderten, besonders aber in den letzten Jahrzehnten, sehr bedeutsame Erkenntnisse über unser Universum, unsere Erde, unsere Umwelt und unseren menschlichen Körper geliefert. Zu dieser starken Erweiterung unserer Kenntnisse haben besonders die Forschungen in der Physik beigetragen, das heißt in der Lehre von den Vorgängen der unbelebten Natur. Es ist aber das Wesen und die Aufgabe der Physik als der Grundwissenschaft aller anderen Naturwissenschaften, die von ihr beobachteten Vorgänge mathematisch zu formulieren, mathematische Gesetze aufzustellen, aus denen gegenwärtiges, vergangenes und vor allem zukünftiges Geschehen vorhersagbar und berechenbar wird. Die Physik konnte im Verlauf ihrer Entwicklung erst dann nennenswerte Fortschritte machen, als es gelang, die ersten einfachen mathematisch formulierten Gesetze aufzustellen. Eingeleitet wurde diese Entwicklung durch Galilei und Kepler. Die Physik ist eine reine Erfahrungswissenschaft, zunächst der unbelebten Natur, deren Grundlage Beobachtungen und Messungen sind. Die Ergebnisse der Messungen werden dann, wenn möglich, in mathematisch formulierten Beziehungen wieder-gegeben. Mit diesem Rüstzeug hat die Wissenschaft der Physik im Verlaufe der letzten 300 Jahre sehr große Erfolge errungen. Sie haben uns erkennen lassen, wie Naturvorgänge ablaufen. Die Physik ist dadurch heute nicht nur die Grundlagenwissenschaft der unbelebten Natur und die Wegbereiterin der Technik geworden, sondern sie wird in zunehmendem Maße auch zur Grundlagenwissenschaft der belebten Natur, der Physiologie, Neurologie, Bionik und so weiter. Diese Erfolge in der Wissenschaft der Physik haben bereits in den zurückliegenden Jahrhunderten Nichtphysiker dazu veranlaßt, in unzulässiger Weise Folgerungen auf nichtphysikalischem Gebiet zu ziehen, zum Beispiel in der Philosophie und in der Theologie. Es entstand das philosophische Gedankengebäude des Materialismus. Dieser wurde von dem führenden Philosophen der deutschen Aufklärung Christian Wolff, der von 1679 - 1754 lebte, definiert: "Materialisten werden Philosophen genannt, die nur die Existenz von materiellen Dingen oder Körpern zugeben." Wolff verlor wegen seiner Lehren auf Betreiben der Pietisten, die ihn als Religionsfeind ansahen, zeitweise seinen Lehrstuhl in Halle. Jedoch wurde er 1740 von König Friedrich dem Großen wieder in sein Lehramt in Halle eingesetzt. Um 1750 wurden die Anschauungen Wolffs an fast allen Lehrstühlen für Philosophie in Deutschland vertreten. Ebenfalls verbreitete sie im vorigen Jahrhundert der deutsche Arzt Ludwig Büchner, der von 1824 - 1899 lebte. Seine ab 1855 in unzähligen Auflagen veröffentlichte Schrift "Kraft und Stoff" stellte die populäre Materialistenfibel dieser Zeit dar. Die von den Erfolgen in der Physik verursachte Aufklärung, die auf dem Materialismus fußte, griff auch auf die Theologie über. Von der Aufklärung sagt der evangelische Theologe Professor Hans Conzelmann 1963 in einer Arbeit "Entmythologisierung": "Die Aufklärung, die den bedeutsamsten Einschnitt zwischen Reformation und Gegenwart bildet, legt an die Bibel bewußt und umfassend den Maßstab der Vernunft an. Was diesem nicht entspricht, wird preisgegeben, so der Glaube an Wunder, der sich nicht mit der modernen Erkenntnis der Naturgesetze verträgt. Was übrig bleibt ist ein Kern von "vernünftigen" religiösen und sittlichen Grundsätzen, die bis heute die Weltanschauung des gebildeten Bürgertums ausmachen.

- 4- Zwischen überlieferter christlicher Lehre und modernem Erkennen ist es zur Spaltung gekommen. Der offene Kampf brach im neunzehnten Jahrhundert infolge der Entwicklung der Naturwissenschaften aus. Physik, Astronomie, Geologie und Biologie entwarfen ein Bild vom Aufbau des Weltalls, von der Entstehung der Erde und des Menschen, das mit dem Bericht von der Schöpfung am Anfang der Bibel schlechterdings nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden konnte. Es entspann sich das Ringen zwischen Christentum und Naturwissenschaft, das vom Christentum auf der ganzen Linie verloren wurde." Soweit der Bericht von Professor Conzelmann. Die gleichen Anschauungen vertrat bereits der evangelische Theologe David Friedrich Strauß, der von 1808 - 1874 lebte. Er veröffentlichte 1835 als junger Dozent in Tübingen sein Werk: "Das Leben Jesu kritisch bearbeitet." Gleich in der Einleitung schreibt er: "Wir können summarisch alle Wunder, Prophezeiungen, Erzählungen von Engeln, Dämonen und dergleichen als einfach unmöglich und als mit den bekannten und universalen Gesetzen, welche den Lauf dieser Ereignisse lenken, unversöhnlich verwerfen." Strauß erklärte das Christentum zur wahren Humanitätsreligion, das von den zum großen Teil mythischen Berichten der Evangelien zu unterscheiden sei. Die Gestalt Jesu war ihm historisch kaum faßbar. Während die Äußerungen von David Friedrich Strauß noch einen Sturm der Entrüstung entfachten und ihn sein kirchliches Lehramt in Tübingen kosteten, wurde ein anderer Theologe 100 Jahre später mit ähnlichen Äußerungen ein angesehener Mann mit einer großen Schule. Es handelt sich um den evangelischen Theologen Professor Rudolf Bultmann, der von 1884 - 1976 lebte. Er entwickelte 1941 in einem programmatischen Vortrag über "Neues Testament und Mythologie" seine Thesen zur Entmythologisierung. Nach Bultmanns Vorstellung ist das gesamte Weltbild der Bibel "Mythos", das heißt Sage oder Dichtung, ebenso die Vorstellung von der Durchführung des Heilswerkes Gottes durch Christus, nämlich durch Abstieg eines Himmelswesens auf die Erde und durch seinen Wiederaufstieg in den Himmel. Nach Bultmanns Auffassung sind diese Vorstellungen an das damalige Weltbild und Denken gebunden, sind zeitbedingte Einkleidungen des Glaubens, aber nicht der Glaube selbst. In einer weiteren Arbeit: "Kerygma und Mythos", aus dem Jahre 1951, erläutert Bultmann seine Auffassung noch folgendermaßen: "Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testamentes glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klarmachen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht." Mit diesen Anschauungen wurde Bultmann zum Mitschöpfer der sogenannten "modernen Theologie". Radikale Schüler von ihm gingen aber noch einige Schritte weiter: Sie sagen, man könne nur von Gott reden, indem man vom Menschen rede, und Jesus Christus sei allein der natürliche und wirkliche Mensch. Sie zweifeln daran, daß man heute im Ernst noch zu Gott beten könne. Die Theologie ohne Gott wird verkündet und zur Theologie der Mitmenschlichkeit umgestaltet.

- 5- Ein ganz radikaler Vertreter dieser Richtung war der Doktor der evangelischen Theologie Joachim Kahl, der 1968 ein Büchlein mit dem Titel veröffentlichte: "Das Elend des Christentums oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott." Er schreibt darin unter anderem: "Das Neue Testament ist ein Manifest der Unmenschlichkeit, ein groß angelegter Massenbetrug. Er verdummt die Menschen, statt sie über ihre objektiven Interessen aufzuklären." Das alles sind Äußerungen aus dem evangelischen Lager. Aus der katholischen Kirche dringen sie noch nicht so sehr an die Öffentlichkeit. Als sich jedoch 1972 Papst Paul VI. öffentlich dazu bekannte, daß neben Gott und Christus auch der Satan als lebendiges geistiges Wesen existiere und daß er der oberste Anführer einer großen Zahl abgefallener Engel sei, mußte er sich von dem katholischen Theologieprofessor Herbert Haag aus Tübingen öffentlich vorwerfen lassen, daß die Äußerung einer solchen Anschauung ein Rückfall in das tiefste Mittelalter sei. Das alles sind Meinungen von Nichtphysikern, die von Physik nur laienhafte Vorstellungen haben, die aber glauben, physikalische Erkenntnisse zur Stützung ihrer philosophischen oder theologischen Theorien heranziehen zu können. Was aber sagen bedeutende Physiker zu den angesprochenen Problemen? Zunächst eine Äußerung von Professor Max Planck, der von 1858 – 1947 lebte. Er begründete 1899 die Quantentheorie und erhielt 1918 den Nobelpreis für Physik. 1938 veröffentlichte er eine kleine Schrift "Religion und Naturwissenschaft". In ihr schreibt er unter anderem: "Wohin und wieweit wir also blicken mögen, zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung. Religion und Naturwissenschaft - sie schließen sich nicht aus, wie manche heutzutage glauben oder fürchten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. Wohl den unmittelbarsten Beweis für die Verträglichkeit von Religion und Naturwissenschaft, auch bei gründlich-kritischer Betrachtung, bildet die historische Tatsache, daß gerade die größten Naturforscher aller Zeiten, Männer wie Kepler, Newton, Leibniz von tiefer Religiosität durchdrungen waren. Zu Anfang unserer Kulturepoche waren die Pfleger der Naturwissenschaft und die Hüter der Religion sogar durch Personalunion verbunden." Zum jeweiligen Aufgabenbereich von Naturwissenschaft und Religion sagt Max Planck: "Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln. Für das Erkennen bilden den einzigen festen Ausgangspunkt die Wahrnehmungen unserer Sinne, die Voraussetzung einer gesetzlichen Weltordnung dient hier nur als die Vorbedingung zur Formulierung fruchtbarer Fragestellungen. Für das Handeln ist aber dieser Weg nicht gangbar, weil wir mit unsern Willensentscheidungen nicht warten können, bis die Erkenntnis vollständig oder bis wir allwissend geworden sind. Denn wir stehen mitten im Leben und müssen in dessen mannigfachen Anforderungen und Nöten oft sofortige Entschlüsse fassen oder Gesinnungen betätigen, zu deren richtiger Ausgestaltung uns keine langwierige Überlegung verhilft, sondern nur die bestimmte und klare Weisung, die wir aus der unmittelbaren Verbindung mit Gott gewinnen. Sie allein vermag uns die innere Festigkeit und den dauernden Seelenfrieden zu gewährleisten, den wir als das höchste Lebensgut einschätzen müssen."

- 6- Der bedeutende britische Astronom Sir Arthur Stanley Eddington, der von 1882 - 1944 lebte und in Cambridge lehrte, schrieb: "Die moderne Physik führt uns notwendig zu Gott hin, nicht von ihm fort - keiner der Erfinder des Atheismus war Naturwissenschaftler. Alle waren sie sehr mittelmäßige Philosophen." Der von Philosophen erdachte Materialismus wird von dem ehemaligen Ordinarius für theoretische Physik an der Universität Hamburg, Professor Pascual Jordan, der von 1902 - 1980 lebte und ein Mitbegründer der Quantenmechanik war, folgendermaßen beurteilt: "Wir dürfen nicht vergessen, daß die naturwissenschaftlich begründete materialistische Philosophie eine der stärksten Mächte im geistigen Kampf der letzten hundert Jahre gewesen ist, die weithin das allgemeine Denken beeinflussen und bestimmen konnte. Diese Philosophie, die in der Naturwissenschaft ihr stärkstes Bollwerk sah, wird heute vom naturwissenschaftlichen Experiment aus widerlegt." Aber trotz dieser Widerlegung seiner angeblichen naturwissenschaftlichen Grundlagen wirkt der Materialismus als eine der Wurzeln des Marxismus in Form dieser politischen Heilslehre auch heute noch in weiten Teilen der Welt weiter. Der deutsche Physiker und Physikochemiker Professor Walter Nernst, einer der Schöpfer der physikalischen Chemie, der von 1864 - 1941 lebte und 1920 den Nobelpreis für Chemie erhielt, schrieb: "Physik treiben heißt: Hinter dem Schöpfungsakt Gottes hinterhersehen." Der emeritierte Ordinarius für theoretische Physik an der Universität Zürich, Professor Walter Heitler, bekundet: "Jahrhundertelang hat man Theologie und Naturwissenschaft gegeneinander ausgespielt. Es war und bleibt gänzlich sinnlos, ein Zeugnis menschlicher Engstirnigkeit, und es hat der Menschheit nicht gutgetan. Heute wird es wohl mehr als je notwendig, darauf hinzuweisen, daß Naturwissenschaft keinen Atheismus begründet. Das Gegenteil ist der Fall. Je weiter sie fortschreitet, desto mehr führt sie zu einem Weg - ich drücke es vorsichtig aus -, der auf etwas Überirdisches, Übersinnliches, Göttliches hinweist." Als letzter in dieser Reihe soll der deutschamerikanische Physiker und Raketenforscher Dr. Wernher von Braun angeführt werden, der von 1912 - 1977 lebte. Er bekannte: "Über alles stehe die Ehre Gottes, der das große Universum schuf, das der Mensch und seine Wissenschaft in tiefer Ehrfurcht von Tag zu Tag weiter durchdringe und erforsche. Die gelegentlich gehörte Meinung, daß wir im Zeitalter der Weltraumfahrt so viel über die Natur wissen, daß wir es nicht mehr nötig haben, an Gott zu glauben, ist durch nichts zu rechtfertigen. Bis zum heutigen Tag hat die Naturwissenschaft mit jeder neuen Antwort wenigstens drei neue Fragen entdeckt! Nur ein erneuerter Glaube an Gott kann die Wandlungen herbeiführen, die unsere Welt vor der Katastrophe retten können. Wissenschaft und Religion sind dabei Geschwister, keine Gegensätze." Die Naturwissenschaften, insbesondere die Physik, beschäftigen sich zunächst mit den Erscheinungen und Vorgängen dieser Welt, in der wir jetzt leben und die wir mit unseren Sinnesorganen und unseren Meßgeräten wahrnehmen können. Die Religionen und insbesondere das Christentum befassen sich dagegen auch mit einer Welt, die wir mit unseren Sinnesorganen und Meßgeräten nicht wahrnehmen können, die Welt, in der Gott und Christus ihre Existenz haben und in die wir nach unserem Tode - so die Überzeugung der meisten Religionen eintreten werden.

- 7- Die Religionen können aber nicht wie die Naturwissenschaften auf Forschungsergebnisse als Grundlage verweisen. Sie berufen sich im allgemeinen auf göttliche Offenbarungen, auf die der Mensch vertrauen und an die er glauben soll. Vielen Menschen der heutigen Zeit erscheint aber das Glauben ohne Beweis nicht mehr zeitgemäß zu sein. Da sie über keine tiefen Kenntnisse verfügen, scheinen ihnen die Ergebnisse der modernen Naturwissenschaften geradezu im Widerspruch zu einem religiösen oder christlichen Glauben zu stehen. Zwischen Naturwissenschaften und Religion gibt es nun aber seit etwas über 100 Jahren eine Wissenschaft, die wir heute Parapsychologie nennen. Sie kann eine Brücke zwischen beiden Gebieten schlagen. Als Erfahrungswissenschaft greift sie über die Grenzen der heute bestehenden Naturwissenschaften hinaus. Diese Wissenschaft macht auch Aussagen über Gebiete, die man bislang den Religionen vorbehalten glaubte. Sie nimmt auch dazu Stellung, ob denn der Tod wirklich die Endstation unseres menschlichen Lebens ist, wie viele Menschen heute meinen. Sie bringt nämlich im großen Umfang Erfahrungsbeweise für ein persönliches Fortleben nach dem irdischen Tode bei. Die Parapsychologie kann schon mit ihrem jetzigen erforschten Kenntnisstand als Bindeglied zwischen Naturwissenschaften und den Religionen dienen. Sie kann in vielen Fällen durch heute noch auftretende Vorkommnisse "Beweismaterial" und stützende Indizien für Begebenheiten und Behauptungen liefern, die bislang nur vom religiösen Glauben erfaßt wurden. Insbesondere die sogenannten Wunder, die den meisten heutigen Menschen völlig unglaubwürdig erscheinen, werden durch parapsychologische Untersuchungen aus dem Zustand der Nichtnachweisbarkeit herausgehoben, da diese Geschehnisse auch heute noch vorkommen und hervorgerufen werden können. Meiner Meinung nach kann man die Wunder und Zeichen, wie sie zum Beispiel Christus vollbrachte, nicht einfach über Bord werfen, ohne damit nicht zugleich auch die ganze Lehre, zum Beispiel die Gottessohnschaft Christi, in Frage zu stellen. Und wenn der Theologe Bultmann behauptet: "Wer an die Geister- und Wunderwelt des Neues Testamentes glaubt und das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, muß sich klarmachen, daß er damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht", dann sollte er folgerichtig auch Christus zum rein menschlich-irdischen Religionsstifter erklären. Wahrscheinlich hat Bultmann das innerlich auch getan. Aber nach der Aussage der Bibel werden die sogenannten Wunder oder Zeichen vollbracht, um den göttlichen Auftrag des Ausführenden zu beweisen und um die Augenzeugen zum Glauben daran zu bewegen. So heißt es bei dem ersten Wunderzeichen Christi, bei der Verwandlung des Wassers in Wein bei der Hochzeit zu Kana im Johannes-Evangelium Kapitel 2: "Hiermit machte Jesus den Anfang seiner Zeichen zu Kana in Galiläa. Er offenbarte dadurch seine Herrlichkeit, und seine Jünger lernten an ihn glauben." Und ein Kapitel weiter sagt der Pharisäer Nikodemus zu Christus: "Du bist als Lehrer von Gott gekommen, denn niemand kann solche Wunderzeichen tun, wie du sie tust, wenn Gott nicht mit ihm ist."

- 8- Die Forschungsergebnisse der Parapsychologie erbringen aber nicht nur die Aufhellung derartiger Wunderberichte, sondern sie werden auch einmal das Gebäude der herkömmlichen Physik bedeutend erweitern und auch über Ursprung, Herkunft und Ziel des menschlichen Lebens Auskunft geben. Viele der großen ungelösten Rätsel können zum Teil jetzt schon oder aber vermutlich später durch parapsychologische Forschungen eine Aufhellung erfahren. Was ist und was will nun die Parapsychologie? Womit befaßt sie sich? Wir haben zunächst vier herkömmliche Wissenschaften, die sich mit dem Menschen und seinen Lebenserscheinungen befassen. Es sind dieses: 1. Die Physiologie; das ist die Lehre von den normalen körperlichen Lebensvorgängen. 2. Die Medizin, also die Lehre und Heilkunde der krankhaften körperlichen Lebensvorgänge. 3. Die Psychologie; das ist die Lehre der normalen geistigen Lebensvorgänge. 4. Die Psychiatrie, die Lehre und Heilkunde der krankhaften geistigen Lebensvorgänge. Daneben tritt als 5. Wissenschaft die Parapsychologie. Sie ist die Lehre von geistigen und anderen Lebensvorgängen, die vom normalen Verlauf abweichen, jedoch nicht krankhaft sind. Die Parapsychologie befaßt sich mit Geschehnissen, die im oder am lebenden Menschen oder in seiner Umgebung stattfinden und auf irgendeine noch unbekannte Weise mit dem menschlichen Geist oder mit dem Phänomen, das wir Leben nennen, zusammenhängen. Dabei sind diese Vorgänge derart, daß sie sich nicht in die normale Psychologie, Physiologie oder Physik einordnen lassen. Man bezeichnet daher diese Abläufe auch als paranormal. Die Erscheinungen, die die Parapsychologie untersucht, lassen sich in zwei große Gruppen einteilen: 1. In die parapsychischen Vorgänge. Dazu gehört die Außersinnliche Wahrnehmung (ASW), das heißt die Aussendung und Aufnahme von Informationen ohne die Benutzung der uns bis jetzt bekannten Sinnesorgane. Dabei handelt es sich entweder um das Erkennen von Gedankeninhalten anderer Personen, Telepathie genannt, oder um das Erkennen von räumlich weit entfernten Vorgängen oder von Geschehnissen, die in der Vergangenheit abgelaufen sind oder sich erst in der Zukunft ereignen werden. Man spricht dann vom räumlichen oder zeitlichen Hellsehen oder von Präkognition. Weiter gehören zu den psychischen Vorgängen der Parapsychologie die sogenannten Trance-Phänomene. Sie bestehen darin, daß die Sprechorgane oder Gliedmaßen eines lebenden Menschen im Zustand der Bewußtlosigkeit, Trance genannt, von anderen Wesenheiten paranormal angesteuert werden. Bei diesen anderen Wesenheiten handelt es sich in der Regel um verstorbene Menschen, die aus ihrer jetzigen, uns unsichtbaren Daseinsebene in unsere irdische Daseinsebene hineinzuwirken versuchen. 2. Die zweite große Erscheinungsgruppe der Parapsychologie betrifft physikalische Vorgänge. Man spricht dann auch von Parapsychophysik oder kurz Paraphysik. Es handelt sich dabei um Geschehnisse, die zwar ihre Ursache oder ihren Ausgang in paranormalen geistigen Vorgängen haben, sich jedoch in rein physikalisch-materiellen Auswirkungen bemerkbar machen. Das betrifft zum Beispiel die

- 9- mechanische Bewegung von materiellen Gegenständen ohne sichtbaren Urheber oder erkennbaren physikalischen Wirkungsmechanismus. Man spricht dann je nach der Art und dem Auftreten der Bewegung von Psychokinese, Telekinese, Levitation und Apport. Weiterhin zählen zu den paraphysikalischen Vorgängen die sogenannten Materialisationsphänomene. Man versteht darunter die meist vorübergehende paranormale Bildung von organischer oder anorganischer Materie aus einem sichtbaren, fühl-baren und fotografierbaren Stoff, den man Ektoplasma nennt. Hierbei entstehen für einige Minuten oder etwa höchstens bis zu einer Stunde vollständige Lebewesen oder isolierte Teile von ihnen, zum Beispiel losgelöste Gliedmaßen. Aber trotz des Fehlens eines vollständigen Körpers können derartige Gliedmaßen oft relativ große Kräfte entfalten und manchmal schwere Gegenstände bewegen. In sehr seltenen Fällen traten bei diesen Materialisationsvorgängen auch sich bewegende und lebende Tiere in Erscheinung. Diese paranormalen Vorgänge treten nur auf, wenn lebende irdische Menschen vorhanden sind, die eine Eigenschaft verfügen, die wir Medialität nennen. Sehr stark ausgeprägte Medialität ist selten, aber doch nicht so selten, wie man zunächst vielleicht annehmen möchte. Manche Menschen verfügen über diese Eigenschaft, ohne es zu wissen. Durch Zufall wird diese Gabe manchmal entdeckt und kann entwickelt und trainiert werden. In schwachem Maße aber verfügen viele Menschen über mediale Eigenschaften. Sie merken es hin und wieder im Laufe ihres Lebens dadurch, daß sie ein telepathisches Erlebnis oder das Auftreten einer zeitlichen Vorschau haben oder die Ankündigung eines Sterbenden wahrnehmen. Aus den parapsychischen und den paraphysikalischen Vorgängen setzt sich die Gesamtzahl der Erscheinungen der Parapsychologie zusammen. Wir ordnen sie dann Gebieten mit folgenden Namen zu: • Die geistige oder paranormale Heilung, das heißt die paranormale Behandlung oder Heilung von organischem oder psychischem Leiden ohne die Anwendung üblicher Heilmittel oder Heilmethoden. Die geistige Heilung kann für uns unsichtbar ablaufen. Sie vermag aber auch in der Zeit von Sekunden oder Minuten zur Auflösung von organischer Materie zu führen, zum Beispiel einer Geschwulst. Sie ist auch fähig, zur Bildung von organischem Gewebe beizutragen, zum Beispiel die Regeneration eines fehlenden Knochenstückes oder einer vereiterten großen Wunde zu bewirken. Die geistige Heilung wird meistens von irdischen paranormal veranlagten Heilern vorgenommen. Sie legen dabei die Hände auf den Kranken und rufen im Gebet Gott um Hilfe für ihren Patienten an. In manchen Ländern, zum Beispiel den Philippinen, bedienen sie sich auch quasi-chirurgischer, blutiger Behandlungsmethoden, bei denen ohne Verwendung chirurgischer Instrumente nur unter Benutzung der bloßen Hände blutiges, organisches Gewebe zutage gefördert wird. Über die Rolle, die der Geistheiler bei den Heilvorgängen spielt, äußert sich der sehr bekannte und bedeutende britische Heiler Harry Edwards, der von 1893 - 1976 lebte. Er behandelte jährlich mehrere tausend Patienten, die meisten von ferne, einen Teil aber auch an seinemWohnsitz durch Auflegen der Hände und einen anderen Teil in großen öffentlichen Heilungsdemonstrationen. In einem seiner Bücher schrieb er:

- 10- "Die erste und vielleicht wichtigste Lehre, die der Heilungsschüler lernen muß, ist jene, daß er nicht heilt. Des Heilers Körper besitzt keine besonderen Fähigkeiten, die Krankheitsursache eines anderen Menschen festzustellen. Sein Geist besitzt nicht das Wissen, um den Heilungsvorgang zu kennen, und es gibt auch keine Technik, es zu lernen. Der Heiler ist lediglich das Werkzeug des Geistführers, der ihn als "Heilungskanal" benutzt, sofern der Heiler bereit und fähig ist, sich mit ihm zu verbinden. Jede Heilung ist eine bewußte intelligente Handlung durch ein Geistwesen. Deshalb ist es nicht möglich, daß wir uns die Heilungsfähigkeit durch irgendeine Technik selbst erwerben. Die Heilungskräfte wirken durch uns; sie stammen nicht von uns. Aus dem Grunde, daß die Heilung von einer anderen Dimension aus erfolgt und wir bis jetzt noch nicht ihre genaue Handhabung verstehen können, ist kein Heiler in jedem Fall in der Lage, das Ergebnis der Behandlung vorauszusagen. Es liegt deshalb also nicht in der Macht des Heilers und außerhalb seiner Verantwortung, Prognosen zu geben. Gleichzeitig sollte der Heiler jedoch der Heilungskraft des Geistführers niemals in seiner Vorstellung eine Grenze setzen. Häufig wurde ich einem chronischen Krankheitsfall gegenübergestellt. Mein 'normaler' Verstand mochte denken, daß in diesem Falle sicher nichts mehr getan werden könne. Doch zu meiner Überraschung und Freude sah ich auch erfolgreiche Heilungen unter diesen scheinbar unmöglichen Bedingungen." Zu diesen Ausführungen von Harry Edwards ist noch zu sagen, daß unter dem erwähnten Geistführer eine Wesenheit der Daseinsebene zu verstehen ist, in die wir nach unserem Tode eintreten und die uns zu Lebzeiten unsichtbar und weitgehend verschlossen ist. Das erfolgreiche Wirken zahlreicher heute noch lebender paranormaler Heiler, die zumeist aus einer religiösen Grundeinstellung heraus arbeiten, zeigt, daß nicht nur Christus und seine Apostel Kranke heilen konnten. Diese Heiler nehmen den Auftrag ihres Herrn Jesus Christus ernst, der ihnen im Matthäus-Evangelium, Kapitel 10, zuruft: "Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein." Und ihnen im Johannes-Evangelium, Kapitel 14, versichert: "Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich tue, auch vollbringen, ja er wird noch größere als diese vollbringen." Paranormale Vorgänge sind zu allen Zeiten von Menschen aller Völker wahrgenommen worden. Sie haben wegen ihrer Außergewöhnlichkeit immer großes Aufsehen erregt. Eine große Gruppe paranormaler Vorgänge wird als Spuk bezeichnet. Es handelt sich dabei um Erscheinungen, die ohne oder gegen den Willen aller davon betroffenen Menschen spontan auftreten. Manchmal verhalten sich die Erscheinungen neutral, in wenigen Fällen günstig für die betroffenen Menschen. In vielen Fällen sind sie jedoch feindlich und zerstörerisch und manchmal abgrundtief teuflisch. Zwei Beispiele sollen das Wesen des Spuks erläutern: Das erste Beispiel betrifft einen sogenannten Stallspuk, also ein Geschehen, das im landwirtschaftlichen Bereich auftritt und auch heute noch fast jährlich irgendwo in Europa auf dem Lande beobachtet werden kann. Dieser Spukfall hat sich im Jahre 1916 in dem Dorf Grosserlach im Landkreis Backnang bei Stuttgart ereignet. Ein Dr. Georg Krönert hat ihn nach den Zeugenaussagen, den Ermittlungen der Gendarmerie und den Akten des Landratsamtes Backnang umfassend dargestellt. Das Spukhaus war ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes Bauernhaus mit Stall. Seine Besitzerin war eine 35jährige Witwe R. K., deren Mann im November 1915 als Soldat in Frankreich

- 11- gefallen war. Die Frau bewohnte das Haus mit ihren drei Kindern, Mädchen im Alter von drei bis elf Jahren, und ihrem 14jährigen Neffen, der ihr bei der Besorgung des Viehs half. Am 30. April 1916, einem Sonntag, begann der Spuk. Nach dem Melken und Füttern war der Stall geschlossen worden, als ein Kalb brüllte und man beim Nachsehen merkte, daß es losgebunden war. Alles Vieh war sehr aufgeregt, schlug mit den Hinterbeinen aus und schwitzte. Frau K. band das Kalb wieder fest schloß den Stall. Sogleich brüllte das Kalb wieder, und als Frau K. nachsah, waren zwei Stück Vieh losgebunden. Die Sache war rätselhaft, da niemand im Stalle gewesen war. Frau K. holte einen Nachbarn, der mit ihr den geheimnisvollen Vorgang des Losbindens der Ketten genau beobachtete. Obgleich man die Tiere mit Ketten und Stricken festband und fünf Knoten machte, wurden sie sofort wieder losgebunden. Dabei konnte man die Bewegungen der Ketten genau beobachten. Die Kette lag dann stets zusammengeballt auf dem Fußboden. Aber die unsichtbaren Hände suchten auch das Vieh zu strangulieren, indem sie die Halskette solange einwärts drehten, bis sie sich verknotete und das Vieh zu ersticken drohte. Diese Vorgänge wiederholten sich am 1. und 2. Mai. Am 2. Mai ging der Spuk auch in der Wohnung los. Das kleinste Kind wurde plötzlich sehr aufgeregt, in der Küche krachte und polterte es von abends 9 Uhr bis morgens 3 Uhr. Das Kind sah einen schwarzen Geißbock am Bette der Mutter; die anderen sahen ihn nicht. Man brachte das Kind aus dem Hause. Da begann das siebenjährige Mädchen unruhig zu werden, behauptete, grüne Augen und Ohren zu haben, und phantasierte. Vom 3. bis 5. Mai ließ der Spuk nach und ruhte vom 6. bis 13. Mai völlig. Dann aber ging es wieder derart los, daß Menschenaufläufe entstanden. Es begann abends um 5 Uhr damit, daß ein Holzscheit auf dem Herde zu tanzen anfing. Ein Bauer vom Nachbardorf warf das Scheit zum Fenster hinaus, es kehrte aber blitzschnell zurück, ohne daß man sah, wie dies geschah. Das wiederholte sich des öfteren. Das Stück Holz spazierte vom Hausgang zum Speicher und zurück. Auch ein Holzstumpen flog später in der Küche umher. Abends stürzten fünf Milchhäfen vom Schaft herunter, zerbrachen und vergossen ihren Inhalt. Vom 15. Mai an gingen die Erscheinungen in Haus und Stall nebeneinander her. Das Vieh wurde nun auch geschlagen. Alle Milchgeschirre, Mostkrüge, Teller, Pfannen, Wassereimer sprangen von ihren Plätzen, flogen auf den Boden, ja sogar zur Hintertüre hinaus. Sie wurden aber auch nach Personen geworfen. Der Schultheiß K. kam aufgeregt zum Pfarrer und sagte, er könne "sich keinen Vers auf diese Dinge machen". Er zeigte die Milchspritzer an seinem Beinkleid; vor seinen Augen seien Milchhäfele vom Bord des Kastens heruntergefallen. Der junge Lehrer hatte, als er vom Orte des Spukes kam, ebenfalls absichtlich die Spuren gelassen, um sie dem Pfarrer zu zeigen. Bei ihm waren Gipsspritzer an der Stirn, die von der freien Wand weg her zu ihm geflogen waren. Beide erzählten übereinstimmend, daß schon beim Eintritt in den Hausgang, in welchem kein Mensch sich befand, ihnen Steine entgegengeflogen seien. Es waren zuletzt nur noch beherzte Männer, die sich ins Haus hineinwagten, wie A. W., der mit erheblichen Beulen am Kopfe herauskam.

- 12- Eines Tages kam der Kinderwagen vom Speicher die Treppe herunter gesaust. Das wiederholte sich, als man ihn wieder hinaufgebracht hatte. Als ein Augenzeuge einen schwebenden Mostkrug packte, flog ihm nachher ein Milchkrug an den Kopf. Ein Wassereimer humpelte auf dem Fußboden zur Türe hinaus. Dem Amtsdiener wurde die Mütze von hinten vom Kopfe geschlagen, ohne daß jemand hinter ihm gestanden hätte. Schließlich hoben sich alle Türen aus den Angeln und stürzten zu Boden. Nachdem der Frau K. noch die Betten zerrissen und ihre Federn entleert, auch verschiedene Personen durch umherfliegende Gegenstände verletzt worden waren, wurde das Spukhaus, in dem das Chaos herrschte, am 15. Mai verlassen und geschlossen. Schultheiß, Lehrer, Amtsdiener, Bezirksbeamte und viele andere waren Zeugen gewesen. Das Haus ist heute abgebrochen, obwohl sich nachher nichts Weiteres ereignet hat. Der zweite Spukfall, über den berichtet werden soll, hat sich 1967 in einer Anwaltskanzlei in Rosenheim abgespielt. Da in seinem Verlauf seltsame elektrische Erscheinungen auftraten, wurde er sehr sorgsam von der Revisionsabteilung des Elektrizitätswerkes in Rosenheim und zwei Münchner Physikern untersucht. Die Anwaltskanzlei gehörte einem Rechtsanwalt Sigmund Adam. Dieser hatte Mitte 1965 ein damals 16jähriges Mädchen, Annemarie S., als Bürohilfe angestellt. Mitte Juli 1967 traten in dem Büro erstmals Telephonstörungen auf, die darin bestanden, daß Gespräche unterbrochen wurden, die vier Apparate der Anlage häufig gleichzeitig läuteten und von einem angeschlossenen Gebührenschreiber Gespräche registriert wurden, ohne daß jemand die Telephonapparate angefaßt hatte. So erfolgte zum Beispiel am 20. Oktober 1967 in der Zeit von 7.42 - 7.57 Uhr 46mal das Wählen der Zeitansage, ohne daß jemand die Wählscheibe bediente. Durch diese Störungen ging natürlich die Telefonrechnung stark in die Höhe. Ab Anfang November 1967 traten neue Erscheinungen auf. Glühbirnen zerplatzten ohne ersichtlichen Grund, Leuchtstoffröhren wurden in ihrer Fassung gedreht. Deckenlampen begannen von alleine zu schwingen und anderes mehr. Sämtliche Vorgänge traten nur auf, wenn die damals 18jährige Büroangestellte Annemarie S. anwesend war. Wenn sie Urlaub hatte und an Wochenenden war alles ruhig. Man vermutete zunächst physikalische Ursachen, insbesondere das Auftreten von Überspannungen im elektrischen Stromversorgungsnetz. Daher wurde die Revisionsabteilung der Stadtwerke Rosenheim unter Leitung eines Herrn Paul Brunner zur Untersuchung der Vorgänge eingeschaltet. Dieser verfaßte am 21. Dezember 1967 als Ergebnis seiner Untersuchungen einen 25 Seiten langen Revisionsbericht, in dem er seine und seiner drei Mitarbeiter Beobachtungen schilderte. Darin heißt es unter anderem: "In der Wohnung mit Büroräumen des Herrn Rechtsanwaltes Sigmund Adam in Rosenheim, Königstraße 13, II. Stock, sind seit Anfang November Störungen in den elektrischen Anlagen aufgetreten. Es wurde vermutet, daß Störungen im Versorgungsnetz der Stadtwerke die Ursache sein müßten, weil in den Installationsanlagen und Geräten des Herrn Rechtsanwaltes Adam keine direkten Defekte festzustellen waren. Zur Information für die beauftragten Revisoren der Revisionsabteilung wurde angegeben, es sollen: a) Leuchtstofflampen im Vorzimmer um 90° in den Fassungen sich drehen (damit geht das Licht aus). b) Heftige Knallerscheinungen auftreten und gleichzeitig die Sicherungsautomaten der vorhandenen vier Stromkreise auslösen,

- 13- c) Am Fotokopiergerät die Entwicklerflüssigkeit auslaufen, obwohl es zwar an einer Normalsteckdose angesteckt, jedoch nicht eingeschaltet war. Diese Äußerungen waren nicht sonderlich glaubwürdig, so daß die Revisoren der Stadtwerke angewiesen wurden, die Gesamtinstallation des Hauses Königsstraße 13, besonders aber den Hausanschluß, die Steigleitung und die Installation bei Herrn Rechtsanwalt Adam sorgfältig zu revidieren." Im Verlauf der umfangreichen Untersuchungen und Messungen wurde schließlich das ganze Stockwerk des Rechtsanwaltes Adam vom öffentlichen Elektrizitätswerk abgetrennt und über ein Notstromaggregat versorgt. Trotzdem zerplatzten weiterhin die daran angeschlossenen Lampen, traten unverändert Knallerscheinungen auf, häuften sich die Ausschläge angeschlossener Meßinstrumente und pendelten ohne ersichtlichen Grund die Beleuchtungskörper. Damit war klar, daß das öffentliche Stromversorgungsnetz nicht Ursache der Vorkommnisse sein konnte. Außer den elektrischen Erscheinungen traten aber immer wieder auch andere Vorgänge auf, über die Herr Brunner berichtet: "Es waren mitunter die schon gewohnten Knallerscheinungen zu hören und es verdrehten sich auch noch andere Bilder in der Kanzlei, im Chefzimmer und im kleinen Flur. Bei einer Kontrolle hing im Chefzimmer das Bild des Herrn Notars Adam (Vater von Herrn Rechtsanwalt Adam) schief an der Wand. Auch drehte sich das Bild mit der Kirche in der Kanzlei. Nach einem dumpfen Knall aus der Richtung des Chefzimmers betrat Herr Brunner als erster diesen Raum und stellte verwundert fest, daß vier Bilder gleichzeitig schief hingen. Das große Bild hinter dem Schreibtisch war dabei gerade geblieben. Mit aller Bestimmtheit wird hier festgestellt, daß vorher kein Personal im Chefzimmer war. Die beiden Bürodamen machten eher einen verschüchterten Eindruck in der Kanzlei, meist an ihren Schreibtischen sitzend. Im Laufe des Vormittags fielen noch mehrere Bilder von der Wand, so vor allem das Bild mit der Kirche in der Kanzlei. Das eigentliche Losspringen vom Bilderhaken konnte nicht gesehen werden, jedoch einmal noch das Poltern am Boden. - Mitunter fiel auch das Bild von Herrn Notar Adam (senior) vom Haken und auch das große Bild hinter dem Schreibtisch drehte sich. (Später riß der Haken aus der Wand und das Bild fiel zu Boden.) Bei einem kurzen Gespräch mit einer Bürokraft am kleinen Tisch vor dem Ölofen stand Herr Brunner direkt vor dem Blumenbild, als Herr Rechtsanwalt Adam von links kommend das Büro betrat. In diesem Moment drehte sich das Bild sehr rasch cirka 320 Grad im Linksdrehsinn, so daß sich der Aufhängedraht am Haken verwickelte. Mit aller Bestimmtheit hat niemand persönlich diesen Vorgang durch manuelle Betätigung ausgelöst, da er sich nur in cirka einem Meter Entfernung vom Beobachter abspielte. Der Standpunkt der Beauftragten der Stadtwerke war meist unter dem Türstock zum Vorzimmer vor dem Registriergerät. Von dieser Stelle aus war in günstiger Position der kleine und große Flur, das Mandantenzimmer und die Kanzlei, damit auch die Leuchten und Bilder, zu übersehen. Hier konnte von Herrn Brunner im Abstand von etwa eineinhalb Metern direkt beobachtet werden, wie das Bild im kleinen Flur (Motiv Mittertor Rosenheim) vom Haken gefallen in die Mitte des kleinen Flurs am Boden kollerte. Etwas später fiel es wieder von der Wand ohne Anwesenheit irgendeiner Person. Dieses Bild hatte sich vorher schon einige Male bis zu cirka 30° verdreht. Das eigentliche Drehen konnte allerdings nicht beobachtet werden. Zu dieser Zeit war der Revisor A. Mayr mit anwesend in der Kanzlei. Er persönlich sah mit absoluter Sicherheit das plötzliche Verdrehen des Blumenbildes aus der Ruhestellung heraus, ebenfalls ohne jegliche Einwirkung von Personen. Die Herren Brunner und Mayr waren im Herrenzimmer mit anwesend, als Herr Adam junior ein Ferngespräch führte und dabei cirka 5mal unterbrochen wurde. Dabei fielen jedesmal vier Sicherungsautomaten heraus, die von Revisor Mayr wieder hineingedrückt wurden.

- 14- Ganz bewußt hatten alle Beauftragten der Stadtwerke unauffällig ihr Augenmerk darauf gerichtet, ob anwesende Personen sich persönlich an Geräten oder Einrichtungen zu schaffen machten oder die geschilderten Vorgänge durch sichtbare Manipulationen auslösten. Derartiges konnte jedoch nie beobachtet werden." Nach Schilderung aller von der Revisionsabteilung getroffenen Maßnahmen und Untersuchungen schließt Herr Brunner seinen Bericht mit folgenden Feststellungen: "Nachdem schließlich noch in Anwesenheit der begreiflicherweise erstaunten Revisoren und unter deren teilweiser direkter, bewußt skeptischer und kritischer Beobachtung ohne jede fremde Manipulationen Bilder aller Art und Größen an den Wänden sich drehten, schaukelten oder mehrmals von den Wänden fielen, war allen Beteiligten der Revisionsabteilung und des Elektrischen Prüfamtes klar geworden, daß für diese phänomenalen Erscheinungen für die Techniker bisher unbekannte Kräfte verursachend sein müßten, von denen weder die Art noch Größe und Richtung definiert ist. Es müssen Energien sein, die sich nicht nur einer meßtechnischen Erfassung, sondern offensichtlich auch unserer Sinne entziehen. Die normale Elektrotechnik ist hier sichtlich nicht mehr zuständig, dennoch bleibt zu überlegen, ob nicht in bestimmten Fällen aus diesen nun erwiesenermaßen vollen Realitäten der Meßgeräte-Beeinflussungen und damit unerkannten Meßwert-Vortäuschungen allgemeine Konsequenzen, zumindest aber in der Feinmeßtechnik, zu ziehen sind. Nicht minder fatal ist allein schon der Gedanke daran, daß es derartigen Kräften offensichtlich gelingt, bewegliche Konstruktionsteile mechanisch zu beeinflussen, wie dies im vorliegenden Falle beim Fotokopiergerät und vor allem beim oftmaligen Auslösen der Sicherungsautomaten der Fall war, welche bekanntlich in ihrem konstruktiven Aufbau nicht - wie zum Beispiel Schmelzsicherungen - allein von der thermischen Wirkung des elektrischen Stromes abhängen. Es ist auch geradezu beklemmend, daran denken zu müssen, daß es in allen Bereichen der Technik wirklich katastrophale Folgen haben kann, wenn unter gewissen Voraussetzungen, außerhalb des Willens der Verantwortlichen liegend, durch über solche Kräfte beeinflußte Relais, Funktionen aller Art ausgelöst werden können. - Allein schon aus diesen Gründen wäre es im Interesse der Allgemeinheit zu wünschen, wenn es der zuständigen Wissenschaft bald gelänge, mehr Licht in diese noch dunklen Zusammenhänge zu bringen." Da Rechtsanwalt Adam annahm, daß die zerstörerischen Spukerscheinungen mit einer medialen Veranlagung seiner Büroangestellten Annemarie S. in Zusammenhang ständen, löste er ihr Arbeitsverhältnis. Ab dem 19. Januar 1968 war sie nicht mehr in seiner Anwaltskanzlei beschäftigt. Mit diesem Tage hörten auch schlagartig die Spukerscheinungen in der Königsstraße 13 auf. Bei der neuen Arbeitsstelle der Annemarie S. traten sie nur kurz und ganz schwach in Erscheinung und verschwanden dann völlig. Das ist die Regel bei sogenannten personengebundenen Spukerscheinungen, die überwiegend in der unmittelbaren Umgebung von Jugendlichen vorkommen. Der Spuk von Rosenheim hatte noch ein gerichtliches Nachspiel: • Nach Bekanntwerden der Vorgänge verbreiteten Gegner der Parapsychologie aus den Reihen des Journalismus und der Justiz, daß alle geschilderten Vorgänge nur betrügerisch hervorgebracht worden seien. Insbesondere wurde in einem Buch des Zsolnay Verlages mit dem Titel "Falsche Geister, echte Schwindler" behauptet, das Pendeln von Lampen und das Herabspringen von Wandbildern sei über Nylonfäden ausgelöst, die Knallgeräusche seien durch Schläge mit einem Gummiknüppel gegen die Wand verursacht und die festgestellten Schwankungen in den Anzeigen der Meßgeräte könnten mit Hilfe eines selbstgebastelten Gleichrichters hervorgerufen worden sein.

- 15- Gegen diese Behauptungen klagte der Rechtsanwalt Adam vor dem Landgericht Traunstein. Anfang April 1970 untersagte daraufhin die zweite Zivilkammer des Landgerichtes dem Zsolnay Verlag bei Geld- oder Haftstrafe die weitere Verbreitung dieser Behauptungen. Paranormale Vorgänge, wie sie bei Spukvorgängen in unerwünschter Weise auftreten, können bei Vorhandensein einer entsprechend paranormal veranlagten Versuchsperson, eines sogenannten Mediums, auch gewollt experimentell hervorgerufen werden. Diese Möglichkeit erweckte bereits Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts das Interesse einiger bedeutender Naturwissenschaftler und veranlaßte sie zu Forschungen auf diesem Gebiet. Zu diesen Gelehrten gehörten unter anderen: • Der britische Physiker und Chemiker Professor Sir William Crookes, der von 1832-1919 lebte. • Der britische Physiker Professor Sir Oliver Lodge, der von 1851-1940 lebte. • Der französische Physiologe Professor Charles Richet, der von 1850-1935 lebte und 1913 den Nobelpreis für Medizin erhielt. • Und der deutsche Astrophysiker Professor Friedrich Zöllner, der von 1834-1882 lebte. Zöllner hatte einen Lehrstuhl in Leipzig. Er war der Begründer der Astrophysik und hatte sich einen bedeutenden Namen durch photometrische und spektroskopische Untersuchungen und Abhandlungen über die Natur der Kometen gemacht. Als Astrophysiker vertrat er eine spezielle Hypothese über den Aufbau unseres Weltalls. Er nahm an, daß unser dreidimensionaler Raum in einen höherdimensionalen, beispielsweise einen vierdimensionalen Raum eingebettet ist. Um diese Hypothese zu untermauern, ersann er besondere parapsychologische Versuche. Angeregt wurde er dazu durch einen Besuch bei seinem britischen Kollegen Professor Crookes, der ihm von seinen eigenen Versuchen auf dem Gebiet des Paranormalen berichtete. Insbesondere wurde Zöllner auf ein amerikanisches Medium aufmerksam gemacht, auf einen Zahnarzt Henry Slade. Diesen lud er 1877 und 1878 zu sich nach Leipzig ein und experimentierte mit ihm unter Hinzuziehung der beiden damals sehr bekannten Physiker Professor Wilhelm Weber und Professor Gustav Theodor Fechner sowie des Ordinarius für Mathematik Professor Wilhelm Scheibner. In Anwesenheit Slades ereigneten sich unter anderem Erscheinungen, wie sie auch bei Spukvorgängen beobachtet werden. Am 15. Dezember 1877, vormittags 11 Uhr, waren die erwähnten Wissenschaftler zusammen mit Henry Slade in der Wohnung von Professor Zöllner versammelt und besprachen einen Versuch vom Vortage. Bei diesem hatte Slade durch zwei gekreuzte Polarisationsfilter hindurch gedruckten Text lesen können. Normale Menschen vermögen durch gekreuzte Polarisationsfilter hindurch nichts zu sehen. Diese sind absolut lichtundurchlässig. Zöllner berichtet: "Noch während wir in meinem Arbeitszimmer stehend ein kleines Frühstück einnahmen und ich mich mit Slade über das Experiment mit den gekreuzten Nicolschen Prismen unterhielt, fiel plötzlich von der Decke des Zimmers dicht zu unseren Füßen ein faustgroßes Stück Steinkohle herab. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich eine halbe Stunde später, als mein Kollege Scheibner, sich mit Slade unterhaltend, eben das Sitzungszimmer verlassen wollte. Statt der Kohle fiel hier plötzlich ein Stück Holz von der Decke herab. Am 11. Dezember vormittags, als wir uns nach der Sitzung stehend unterhielten, sahen wir plötzlich mein Taschenmesser in der Luft herumfliegen und - glücklicherweise geschlossen - ziemlich heftig gegen die Stirn meines Freundes Scheibner treffen, so daß derselbe noch am folgenden Tag einen

- 16- sichtbaren Eindruck auf der Stirn besaß. Da ich mich während des Vorfalls mit Slade unterhalten hatte und letzterer meinem Freunde, bei einem Abstande von ungefähr 10 Fuß, den Rücken zugekehrt hatte, konnte jedenfalls nicht Henry Slade das Messer gegen den Kopf meines Freundes geworfen haben." Am 14. Dezember 1877, vormittags 11 Uhr, wohnten die vier erwähnten Wissenschaftler folgendem Versuch mit Henry Slade bei: Zöllner untersuchte eine Stahlstricknadel mit einem Kompaß und stellte fest, daß diese völlig unmagnetisch war. Dann legte Slade die Stricknadel mit der Hand auf eine Schiefertafel und hielt diese unter den Wohnzimmertisch Zöllners. Nach vier Minuten wurde die Tafel wieder hervorgezogen und auf den Tisch gelegt. Die Stricknadel war jetzt an einem Ende, und zwar seltsamerweise nur an einem Ende so stark magnetisch geworden, daß Eisenfeilspäne und kleine Nähnadeln an diesem Ende hängenblieben. Der entstandene Pol erwies sich bei Prüfung mit dem Kompaß als magnetischer Südpol. Während dieses Versuches saß Professor Weber am Tisch und bemerkte um 11.30 Uhr, wie unter dem Tisch sein Rock aufgeknöpft, ihm die goldene Uhr aus der Westentasche genommen und ihm vorsichtig in seine unter den Tisch gehaltene rechte Hand gelegt wurde. Während dieses Vorganges, der etwa drei Minuten dauerte und von Weber in seinen einzelnen Phasen genau beschrieben wurde, befanden sich Slades Hände vor aller Augen auf dem Tisch und seine seitwärts übereinandergeschlagenen Beine in einer solchen Stellung, daß sie zu dem Vorgang nicht verwendet werden konnten. Der Versuch fand in einem durch vier große Fenster hell erleuchteten Eckzimmer statt. Man fragt sich hier, wie und durch wen oder was konnte Professor Wilhelm Weber die Uhr aus der Westentasche gezogen und in die Hand gelegt werden? Über die Möglichkeiten dazu gaben Beobachtungen vom 8. Mai 1878 Auskunft. In der Zeit von 20.20 Uhr bis 20.35 Uhr fanden unter Beteiligung von Henry Slade und den Professoren Zöllner, Weber, Fechner und Scheibe Versuche in einem hellerleuchteten Zimmer statt. Im Verlaufe dieser Sitzung hielt Professor Zöllner mit seiner rechten Hand eine Schiefertafel unter den Wohnzimmertisch. Er erwartete das Entstehen von schriftlichen Mitteilungen auf dieser Tafel, was von ihm später auch mehrfach beobachtet wurde. Über den weiteren Verlauf des Versuches an diesem Abend berichtet Professor Zöllner: "Während nun hierbei Slades Hände mir stets sichtbar ruhig auf der Tischplatte lagen, erschien plötzlich eine große Hand dicht vor mir unter dem Tischrande auftauchend. Alle Finger der Hand bewegten sich schnell und ich konnte dieselbe während einer Zeit von mindestens zwei Minuten genau beobachten. Die Farbe der Hand war etwas fahl und spielte schwach ins Olivengrüne. Während ich nun Slades Hände stets vor mir auf dem Tische liegen sah und er selbst zu meiner Linken am Tische saß, stieg die oben erwähnte Hand plötzlich pfeilschnell noch höher und umfaßte mit kräftigem Drucke meinen linken Oberarm über eine Minute lang. Da meine Aufmerksamkeit ganz durch die Beobachtung der fremden Hand in Anspruch genommen war und der Griff nach meinem linken Oberarm so plötzlich, kräftig und mir unerwartet geschah, so bin ich nicht im Stande, etwas über die Beschaffenheit des Armes zu sagen, der die Verbindung der Hand mit dem Tischrande herstellte. Als diese Hand verschwunden war und Slades Hände nach wie vor auf dem Tische lagen, wurde ich an meiner rechten Hand, welche während dieser vier Minuten noch immer die oben erwähnte Tafel unter den Tisch hielt, so heftig gekniffen, daß ich unwillkürlich laut aufschreien mußte. Mit dieser Manifestation schloß die betreffende Sitzung." Das Auftreten dieser Hände macht deutlich, wie manche der mechanischen Bewegungen bei paraphysikalischen Versuchen zustande kommen können. Die vorübergehende Bildung von isolierten Händen oder anderen Gliedmaßen, man spricht hier von

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3