- 11 - Als sich Gröning am 25. August 1949 in München befand, um dort bei Anwesenheit von mehreren Ärzten einige Patienten zu behandeln, hatten sich vor dem Haus Hunderte von Menschen versammelt, die auch auf Hilfe hofften. Als Gröning das Haus durch die Gartenpforte verließ, versuchte ein 71 Jahre alter Mann, mit Namen Johann Haas, der seit vier Jahren gelähmt war, sich in seinem Krankenstuhl den Weg durch die Menge zu Gröning hindurch zu bahnen. Dieser wurde auf ihn aufmerksam und forderte die Menschen auf, dem Kranken Platz zu machen. Als er in seinem Wagen vor Gröning saß und ihn hilfeflehend ansah, sagte Gröning zu ihm: „Steh auf und geh!" Ohne Zögern stand der Kranke aus seinem Wagen auf und sagte zu allen Umstehenden mit Tränen in den Augen: „Zum ersten Mal seit vier Jahren kann ich stehen." Er schritt auf Gröning zu, um ihn zu umarmen. Danach ging er, seinen Krankenstuhl vor sich herschiebend, zu Fuß nach Hause. Beurteilung der Ärzte in Heidelberg Zusammenfassend beurteilten die Untersucher in Heidelberg am 7. August 1949 das Vorgehen von Bruno Gröning folgendermaßen (gekürzte Fassung): "Bruno Gröning ist kein Scharlatan, kein Hypnotiseur, kein Wunderdoktor, sondern ein begabter, nichtärztlicher Psychotherapeut (Seelenarzt). Er bemüht sich, aus kindlich-naturhaftem und auch religiös begründetem Mitgefühl heraus, den Menschen in ihren seelisch bedingten Leiden (psychogenen Leiden) zu helfen und die damit zusammenhängenden, nach außen zum großen Teil "organisch" auftretenden Krankheiten (psychosomatische Erkrankungen) zu heilen. Er maßt sich nicht an, ein Prophet oder Mess ias zu sein. Er hat aber ein gläubiges Sendungsbewußtsein, das durch die in der Presse wahllos propagierten oder überbetonten Erfolge und durch die blinde Verehrung oder aber berechnende Bewunderung se iner bisherigen Umgebung stärker gestützt ist, als es sonst bei geschulten, ärztlichen oder nich tärztlichen Psychotherapeuten der Fall ist. Seine entscheidende Grundbegabung dafür ist sein überdurchschnittliches seelisches Einfühlungsvermögen in andere Menschen. Es ist verbunden mit einem Naturtalent geschickter Menschenbehandlung. Be ide Veranlagungen entspringen seinem optimistischen, andere Menschen unmittelbar ansprechenden Wesen, das außerdem noch durch eine zielklare Selbstsicherheit bestimmt ist. Alles dies sind Veranlagungen, die für einen Psychotherapeuten wesentlich und bei ihm in ausgesprochenem Maße vorhanden sind. Ist ein Heilverbot berechtigt? Das Verbot kam offenbar durch eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber dem Massenansturm der Heilungssuchenden zustande. Es stützte sich zum Teil auf das Unverständnis der Schulmediziner für jede Seelenheilkunde. Das geht daraus hervor, daß man bei dem Angebot an Gröning, seine Heilkraft unter Beweis zu stellen, die Heilung rein organischer und sogar aussichtsloser Erkrankungen verlangte. Das Verbot stützte sich aber anderseits auf die berechtigten Bedenken gegen einen nicht mit genügender Zuverlä ssigkeit heilenden Nichtmediziner, der die Grenzen seiner Heilfähigkeit nicht überblickt.
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