Der Einfluss der Trauer auf Verstorbene

- 34 - Diese Erfahrung hat sich oft wiederholt. Um aber die freudige und absolute Gewißheit ihrer Gegenwart zu haben und ihre Gedanken zu empfangen, fand ich es immer nötig, zuerst jenen Gemütszustand zu erreichen, der einen veranlaßt, ein Dankgebet an Gott zu richten. Das war nicht immer einfach. Schwelgen in Selbstmitleid, Verstimmung über wirkliche oder eingebildete Übel, fruchtlose Trauer oder irgendwelche ähnlichen Schwächen verhinderten das. Daher versagte ich oft. Ich bildete die Gewohnheit aus, diesem Umgang eine Stunde oder mehr zu widmen, bevor ich zu Bett ging. Ich bereitete mich darauf vor - oder versuchte es -, indem ich mir ins Gedächtnis rief, wie viele Beweise von Gottes liebender Güte ich im Laufe des Tages empfangen hatte. Wenn ich mich dann erfolgreich von selbstsüchtigen und unharmonischen Gefühlen befreit hatte, folgte das Dankgebet und die süße Verbindung mit der Geliebten. Mit der Übung vergrößerte sich meine Aufnahmefähigkeit für ihren erhebenden Einfluß. Nach einer kleinen Weile war ich imstande wahrzunehmen, daß andere Geister, die ich hier gekannt und geliebt hatte, bevor der Tod sie abrief, ebenfalls um mich waren. Oft war ich imstande, den einen - und zwar sehr klar - zu identifizieren, von dem die Gedanken kamen, die mir gerade eingeflößt wurden. Ich fand, daß die Unterscheidung zwischen meinen Gedanken und den von ihnen eingegebenen mir sehr dabei half, die letzteren in hörbarer Form auszudrücken oder auszuschreiben. Ich hatte mich noch nicht lange dieses seligen Trostes bedient, als ich gewahr wurde, daß der Geist von jemandem, den ich auf Erden gekannt hatte, zu mir gekommen war, um mir beizustehen. Dieser Geist machte auf mich den Eindruck, daß er im Besitze größerer Fähigkeiten war als die anderen Geister, die zu mir kamen. Die Gedanken, die von ihm kamen, wurden mir mit größerer Kraft und Direktheit eingegeben. Es waren immer die erhabensten, die ich empfangen und verstehen konnte. Ihr Zweck war, meine Kenntnis von Gott zu erweitern, mein Vertrauen in Ihn zu stärken und mir ein besseres Verständnis Seiner Liebe zu geben, als ich bis dahin erworben hatte. Ich glaube, das Vermögen der Geister, spirituelle Wahrheiten mitzuteilen, ist viel größer als das der begabtesten menschlichen Seelenlehrer. Diejenigen, die ich hatte predigen hören - und unter ihnen befanden sich manche berühmte Geistliche - hatten mir niemals solche Hilfe gegeben, überhaupt angemessen die Liebe Gottes zu verstehen. Durch die Hilfe der Geister aber, und besonders des zuletzt Erwähnten, war ich bis zu einem gewissen Grade imstande zu begreifen, was diese Liebe ist. Ich habe erfahren: Ebenso, wie man in einem Zimmer mit dicker, erstickender Luft Erleichterung finden kann, indem man die Fenster öffnet und seine Lungen mit frischer Himmelsluft füllt, kann jemand, der sich vergegenwärtigt, was Gottes Liebe ist, seelische Erquickung finden, indem er sozusagen weit die Fenster seiner Seele öffnet und diese Liebe einläßt."

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