- 48 - 24. Das hilfreiche Wirken einer Ärztin Durch einen Brief von einer deutschen Ärztin erfuhr ich, daß sie Sterbenden und Trauernden hilfreich beisteht und letztere anregt, ihre verstorbenen Angehörigen in Frieden ziehen zu lassen. Sie schrieb mir am 28.8.1996: "Sehr geehrter Herr Professor Schiebeler! Mit großem Interesse las ich Ihren Artikel 'Der Einfluß der Trauer auf Verstorbene'. ("Die Andere Realität", Nr. 4) Als christliche Spiritualisten haben mein verstorbener Mann und ich in unseren beiden Praxen uns immer darum bemüht, Sterbenden auch spirituell beizustehen und dann die Hinterbliebenen darin zu unterstützen, die Vorausgegangenen in Liebe und Dankbarkeit gehen zu lassen. Wie haben dadurch ganz sicher so manch einem Vorausgegangenen den Ablösungsprozeß von der übertriebenen Trauer der Hinterbliebenen erleichtern können. Wir haben mit Trauernden viele Gespräche geführt und sie an ihre Verpflichtung erinnert, den Verstorbenen in eine bessere Jenseitswelt freizugeben. Schließlich waren sie ja auch im irdischen Leben stets besorgt um das Wohlbefinden des Partners gewesen. Aber das freiwillige Loslassen eines geliebten oder auch weniger geliebten Menschen füllt oftmals aus vielerlei Gründen sehr schwer. Vor zehn Jahren wurde bei meinem Mann ein Pancreas-Carcinom diagnostiziert. Für uns Ärzte war damit klar, welche schwere Zeit vor uns liegen würde. Wir schöpften die Kraft aus unserem Glauben und lernten zu erkennen, wieviel geistige Hilfe uns zufloß, nachdem wir aus tiefster Überzeugung beten konnten 'Dein Wille geschehe!' Wir haben in dieser schweren Zeit viel innere Bereicherung erfahren, und ich bin dankbar dafür, daß ich meinen Mann zu Hause zuende pflegen konnte. Ich hatte in den letzten vier Wochen die eigene Praxis geschlossen, so daß ich meinen Mann ungestört bis zur Schwelle der 'großen Reise' begleiten konnte. Mein Mann war innerlich bereit zu gehen, sein irdisches Leben loszulassen, um wieder in die geistige Welt zurückzukehren. Und er war sicher, daß ich ihn in Liebe begleiten, ihn aber nicht zurückhalten würde. Es ist ein letzter Liebesdienst für einen geliebten Menschen, ihn für seine geistige Weiterentwicklung loszulassen. Ich bin sicher, daß meine geistige Begleitung meinem Mann geholfen hat, sich noch leichter 'drüben' zurechtzufinden. Dafür bin ich Gott sehr dankbar, daß ich mein Versprechen halten konnte, ihn innerlich für seinen Aufstieg loszulassen. In meiner Seele kehrte sehr schnell Harmonie und Frieden ein. Ich habe nichts in meiner Wohnung verändert, schlafe im Bett meines verstorbenen Mannes und habe auch die bewährte Ordnung in seinem Schreibtisch beibehalten. Und wenn ich mal ein technisches Problem in meinem Haus habe, bin ich mir sicher, daß der richtige Impuls von 'drüben' kommt, wie man es am leichtesten machen könnte. Die geistige Wesenheit, mit der ich das Glück hatte, 34 Jahre in dieser Inkarnation verbunden zu sein, ist in meinem Haus ein lieber, willkommener Gast, der niemals genötigt wird und der frei wirken kann - oder auch nicht. Soviel Respekt, wie wir in den sog. Lebzeiten für die Eigenständigkeit des anderen hatten, soviel Respekt haben wir auch jetzt füreinander. Auch jetzt, aus meinem Ruhestand heraus, versuche ich den Hinterbliebenen, z. B. alten Patientinnen, zu helfen, verantwortungsbewußt loszulassen, was uns von Gott nur als Leihgabe anvertraut worden ist. Und da ich das Schicksal selber durchgemacht habe, glaubt man mir auch. Somit kann ich auch gewisse Hilfe leisten, damit die Verstorbenen endlich losgelassen werden. Leider haben wir modernen Menschen nur noch sehr selten eine echte Sterbekultur. Der Tod wird verdrängt, möglichst technisiert in der Klinik. Aber all die Untröstlichen und die Verdränger wollen für sich oftmals nicht wahrhaben, daß sie selber früher oder später die materielle Hülle ablegen werden und dann ganz sicher nicht begeistert sind, wenn sie selber festgehalten werden. Hoffen wir also auf ein langsames Umdenken. Für Ihre segensreiche Tätigkeit wünsche ich Ihnen alles Gute. Mit herzlichen Grüßen Ihre Dr. K. R."
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