Der Kampf um die Materialisationsphänomene

- 10 - Die gründliche Untersuchung dieser Medien ließ Crookes zu dem Ergebnis kommen, daß es sich bei den in Frage stehenden Vorgängen n i c h t um Täuschung oder Taschenspielerei handelte, sondern um e c h t e s N a t u r g e s c h e h e n, das aber mit den damaligen (und auch heutigen) bekannten Gesetzen der Physik nicht erklärt werden konnte. Er schreibt darüber: "Diese Experimente scheinen endgültig die Existenz einer 'neuen Kraft' zu begründen, welche auf irgendeine unbekannte Weise mit der menschlichen Organisation verknüpft ist und die der Zweckmäßigkeit halber die 'Psychische Kraft' genannt werden kann."20 Crookes hat diese Auffassung bis zu seinem Tode vertreten und verteidigt, auch wenn er dafür in heftigster Weise als tölpelhaft und leichtgläubig angegriffen wurde. Von den umfangreichen Untersuchungen, die Crookes anstellte, sollen nur die berichtet werden, die sich auf die Materialisationsvorgänge bei dem Medium Florence Cook (1856 – 1904) erstreckten. Diese trat zuerst 1871 im Alter von noch nicht ganz 15 Jahren mit ihrer Medialität öffentlich in Erscheinung. Wegen der durch sie vermittelten telekinetischen Vorgänge und Materialisationserscheinungen erregte sie in interessierten Kreisen großes Aufsehen. Eineinhalb Jahre später wurde Crookes auf sie aufmerksam und nahm ab Mitte Dezember 1873 an ersten Sitzungen mit ihr teil. Spätere Sitzungen wurden von ihm 1874 besonders sorgfältig über einen Zeitraum von neuen Monaten in seiner eigenen Wohnung durchgeführt. Zu diesem Zweck wohnte Florence zeitweise auch bei der Familie Crookes und stand dann ständig unter Kontrolle. An den Sitzungen nahmen nicht nur Wissenschaftler und Freunde, sondern auch Frau Crookes und die heranwachsenden Kinder des Ehepaares Crookes teil. Auf diese Weise war Florence Cook immer unter Beobachtung vieler Augen. Sie hatte keine Möglichkeit zu irgendwelchen "Vorbereitungen" und wurde vor den Sitzungen gründlich untersucht und häufig gefesselt oder gebunden. Bei Florence Cook trat für drei Jahre als ständige jenseitige Begleiterin eine Phantomgestalt in Erscheinung, die sich Katie King nannte. Crookes berichtet: "Ich will für jetzt die meisten von den Proben übergehen, welche mir Katie bei den vielen Gelegenheiten gegeben hat, als Miß Cook mich mit Sitzungen in meinem Hause begünstigte, und werde nur eine oder zwei beschreiben, die ich jüngst erhielt. Ich habe vor einiger Zeit mit einer Phosphorlampe experimentiert, welche aus einer 6- oder 8-Unzen-Flasche bestand, welche ein wenig phosphorisiertes Öl enthielt und fest zugekorkt war. Ich hatte Grund zu der Hoffnung, daß bei dem Licht dieser Lampe einige der mysteriösen Phänomene des Kabinetts sichtbar gemacht werden könnten, und auch Katie hat hoffnungsvoll erklärt, dasselbe Resultat zu erwarten. Nachdem am 12. März 1874 während einer Sitzung bei mir Katie unter uns gewandelt war und eine Zeitlang geredet hatte, zog sie sich hinter den Vorhang zurück, welcher mein Laboratorium, wo die Gesellschaft saß, von meinem Studierzimmer trennte, das zur Zeit den Dienst eines Kabinetts versah. In einer Minute kam sie zum Vorhang und rief mich zu sich und sprach: 'Komm in das Zimmer herein und hebe meines Mediums Kopf auf, den es hat niedersinken lassen.' Katie stand dabei vor mir, in ihrem gewöhnlichen weißen Gewand und mit einem turbanartigen Kopfputz bekleidet. Ich ging sofort in das Studierzimmer zu Miß Cook, indes Katie beiseite trat, um mich vorbeigehen zu lassen. Ich fand Miß Cook teilweise vom Sofa herabgesunken, und ihr Kopf hing in einer ganz verdrehten Lage [ähnlich wie in Abb. 10]. Ich hob sie auf das Sofa und hatte, als ich das tat, trotz der Dunkelheit einen befriedigenden Beweis, daß Miß Cook nicht mit Katies Kostüm bekleidet war, sondern ihr gewöhnliches schwarzes Samtkleid anhatte und in tiefer Trance war. Nicht mehr als drei Sekunden verstrichen zwischen meinem Sehen der vor mir stehenden weißgekleideten Katie und meinem Aufheben von Miß Cook auf das Sofa aus der Lage, in die sie gefallen war. Als ich auf meinen Beobachtungsposten bei dem Vorhang zurückkehrte, erschien Katie abermals und sagte, sie glaube, sie würde jetzt imstande sein, sich selbst und ihr Medium mir zu gleicher Zeit zu zeigen. Das Gas [d. h. die Beleuchtung in Form der damals üblichen Gaslampen] wurde hierauf ausgedreht, und sie bat mich um meine Phosphorlampe. Nachdem sie sich bei ihrem Licht einige Sekunden lang dargestellt hatte, händigte sie mir dieselbe wieder ein, indem sie sagte: 'Komm jetzt herein und sieh mein Medium.' Ich folgte ihr auf dem Fuße in das Studierzimmer und sah bei dem Licht meiner Lampe Miß Cook auf dem Sofa liegen, genau 20 Crookes, William: Der Spiritualismus und die Wissenschaft (1872 / 1898), S. 47.

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