- 181 - Besessenheit und Exorzismus Besessenheit und Exorzismus sind Worte, mit denen die Menschen heute Gedanken verbinden wie: Mittelalter, Aberglaube, längst überholte religiöse Bräuche. Diese Begriffe spielten in den Religionen aller Völker und auch in der christlichen Lehre eine große Rolle. Das Wissen um jene Dinge gehörte zum Glaubensgut sowohl der katholischen als auch der evangelischen Christen. Die Aufklärung und die Entmythologisierung haben aber mit derartigen Vorstellungen aufgeräumt. Besessenheit wird heute als Epilepsie, Schizophrenie, psychotischer Anfall oder als Steigrohr des Unterbewußtseins erklärt. Exorzismus gilt daher als völlig überflüssig, ja sogar gefährlich, weil er die "Besessenheit" überhaupt erst hervorruft. Schlimmstenfalls wird er als unterlassene Hilfeleistung gewertet und gerichtlich bestraft. Die nachfolgenden Ausführungen sollen zum Nachdenken darüber anregen, ob die heute üblichen Anschauungen wirklich zutreffen. Vorurteile und Wunschdenken bringen uns in dieser Frage nicht weiter, sondern nur systematisches, vorurteilsfreies Untersuchen der aufgeworfenen Sachverhalte im Rahmen der Parapsychologie. Die in dieser Wissenschaft im Verlauf von über 100 Jahren gewonnenen Erkenntnisse auf dem Gebiet des Mediumismus, hauptsächlich der Trance-Phänomene, haben gezeigt, daß eine Fremdbeinflussung lebender Menschen möglich ist, die bei einer ganz bestimmten Ausbildungsform die Bezeichnung "Besessenheit" erhalten hat. Der Begriff "Besessenheit" kommt zunächst aus dem religiösen Bereich. Das Lexikon zur Bibel von dem evangelischen Pfarrer Fritz Rienecker sagt dazu (74, Sp. 211): "Besessenheit, besessen. I) Nach der Heiligen Schrift verstehen wir unter Besessenheit das Innewohnen eines Dämonen in einem Menschen, dessen ganzes Denken, Fühlen und Wollen unter dämonischen Einfluß gebracht wird (Lk 22,3-6). Die Dämonen sind frühere Engel, die mitsamt ihrem Herrn, dem Satan, von Gott abgefallen sind und auf die Erde geworfen wurden (Lk 10,18; Offb 12,8) bzw. im Abgrund gefesselt auf den Tag des Gerichtes warten (Jud 6). Soweit sie noch das Recht haben, auf der Erde zu sein, ist es ihr Bestreben, eine Menschenwohnung zu bekommen, die ihnen Ruhe verschafft, und in der sie bleiben können (Mt 12,43-44), um nicht vor der Zeit in die Hölle fahren zu müssen (Mt 8,29; Lk 8,28-31). Die Dämonen nehmen vom Menschen Besitz meist in der Einzahl, aber auch in der Mehrzahl (Mt 12,43; Lk 8,2) oder in der Vielzahl (Lk 8,30). Der Zweck der Besitzergreifung des Menschen durch einen Dämon ist es, die Gemeinschaft des Besessenen mit Gott zu verhindern und ihn zum Bösen zu veranlassen (daher werden die Dämonen oft 'böse' Geister genannt) oder ihn zum Unglauben zu verführen (daher 'verführerische' Geister genannt 1. Tim 4,1) oder ihn zu unwahren Reden zu verleiten (daher 'falsche' Geister genannt 1. Kön 22,22) oder sein Seelenleben zu verunreinigen (daher 'unsaubere' Geister genannt Mt 10,1; 12,43; Mk 1,23; Apg 8,7 u.a.). Sie suchen den Menschen stets zu quälen, indem sie ihm eine Krankheit beibringen können (Geisteskrankheit Mk 5,1 ff, Anfallskrankheit Mk 9,18 ff, Rückgratverkrümmung Luk 13,11) oder indem sie durch Stummheit (Mt 9,32; Mk 9,17), Taubstummheit (Mk 9,25), Blindheit und Stummheit (Mt 12,22) es verhindern, daß der Besessene sein Verlangen nach Christus kundtun kann und für Gottes Wirken aufnahmefähig wird. Bei all diesen Quälereien sind die einen Dämonen bösartiger als die anderen (Mt 12,45). Das Endziel der Dämonen ist es in jedem Fall, den Menschen umzubringen, um ihn ihrem Herrn auszuliefern (Mk 9,22). II) Kennzeichen für das Vorliegen einer Besessenheit ist: das Sprechen eines anderen aus dem Besessenen (Mt 8,29; Mk 1,24; Luk 4,34; Apg 19,15 u.a.); Hellsichtigkeit, wobei die Dämonen Jesus als den Sohn Gottes erkennen, der gekommen ist, sie zu verderben (Mk 1,24; 1,34 u.a.), und in bestimmten Menschen Knechte Jesu erblicken (Apg 16,17); Wahrsagen (Apg 16,16); ein zeitweiliges unruhiges, Verhalten des Menschen (Schreien, Zähneknirschen, Toben (Mk 5,5; 9,18); eine auffallend starke Körperkraft (Mk 5,4; Apg 19,16); heftiges Widerstreben gegen alle göttlichen Einflüsse (Mk 1,24; 5,7; Lk 4,34 u.a.); das mit Schreien, Zu-Boden-fallen, Auftreten von Krämpfen verbundene Ausfahren des Dämons (Mk 1,26; 9,26; Lk 4,35-41; Apg 8,7); die völlige Genesung des Besessenen nach erfolgter Austreibung (Mk 5,15; 9,27). Die aus ihrer menschlichen Behausung ausgetriebenen Dämonen suchen, wenn irgend möglich, von demselben Menschen wieder Besitz zu ergreifen Mt 12,44-45; Mk 9,25)."
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