Der Mensch und seine Bindung an Gott

- 2 - Die Entstehung und das Wesen der Religion Seitdem es Menschen auf dieser Erde gibt, also Lebewesen, die sich von Säugetieren dadurch unterscheiden, daß sie den Gebrauch des Feuers erfanden, mit ihren Händen Werkzeuge (zunächst aus Stein, Knochen und Holz) herstellten und eine artikulierte Sprache entwickelten, haben sie sich auch gewisse Vorstellungen über ihre Stellung in dieser Welt gemacht. Sie dachten darüber nach, was es mit Geburt und Tod auf sich hat, und was dann nach dem Tod mit den verstorbenen Menschen geschieht. Es stellte sich bei ihnen die Auffassung ein, daß es nach dem irdischen Tod eine Fortexistenz gibt, die in einer anderen Umgebung stattfindet. Da es aus der mittleren Alt-Steinzeit vor etwa 200.000 Jahren, in der die ersten Totenkulte nachweisbar sind (45, S. 21), keine schriftlichen Aufzeichnungen gibt, kann man dies nur aus den Begräbnisriten und Totenkulten schließen. Deren Zeugnisse fördern die Archäologen durch ihre Ausgrabungen zutage. Die steinzeitlichen Menschen ließen ihre Verstorbenen nicht einfach irgendwo liegen, wie die Tiere es tun, sondern "bestatteten" sie mehr oder weniger feierlich. Aus der Art der Begräbnisstätten sowie aus anderen Kultanlagen, kleinen Plastiken, Felsbildern und Ornamenten ergibt sich ein Bild vom Glauben und Denken der prähistorischen Menschen. Das Vorhandensein von Grabbeigaben in Form von Lebensmitteln, Gerätschaften und Waffen zeigt, daß man an eine Fortsetzung des Daseins nach dem irdischen Ableben glaubte. Aus Achtung, Verehrung und Fürsorge für den Verstorbenen, aber auch aus Furcht vor ihm, war man bemüht, ihm das weitere Leben in der neuen Umgebung durch Grabbeigaben zu erleichtern. Man glaubte, daß sie auf irgendeine geheimnisvolle Weise mit ins Jenseits gelangten, wo sie dem Verstorbenen dann von Nutzen sein sollten (45, S. 137). Für die überwiegende Zahl der prähistorischen Menschen sowie des geschichtlichen Altertums galt die jenseitige Welt, die Welt der Geister, als ein Ort, wo die Verstorbenen je nach ihren irdischen Verdiensten und ihrem sozialen Rang eine dem Erdenleben vergleichbare Existenz führten. Mörder, Diebe, Lügner, Ehebrecher, Feiglinge und alle anderen, die auf Erden ihre Pflichten gegenüber der Gemeinschaft verletzt hatten, gelangten nicht in ein schönes Land mit angenehmen Lebensverhältnissen, nicht in ein "Paradies", sondern waren verdammt, in dunklen, öden und felsigen Gegenden umherzuwandern. Die heutigen Menschen werden im allgemeinen geneigt sein, derartige Anschauungen als Wunschvorstellungen abzutun, die den damaligen Menschen das Ereignis des Todes erträglicher erscheinen lassen sollte. Die Annahme einer jenseitigen Welt mit einer ausgleichenden Gerechtigkeit nach dem Tod, so denkt man heute, wurde der Bevölkerung vorgeredet, um sie auf dieser Erde gefügig zu halten. Nun weiß man aber aus schriftlichen Berichten des Altertums und den Gebräuchen neuzeitlicher Naturvölker, die noch nicht mit der europäischen Zivilisation in Berührung gekommen waren (Indianer, Eskimos, Neger, Maoris usw.), ja auch von Völkern, die bis vor kurzen noch in der Steinzeit lebten, und erst in jüngster Vergangenheit erstmals mit Weißen Verbindung hatten (Neuguinea), daß diese Menschen über auserwählte Mittelspersonen eine direkte Verbindung mit ihren verstorbenen Ahnen und der jenseitigen Welt pflegten. Diese Mittelspersonen werden als Priester, Medizinmänner, Schamanen oder Zauberer bezeichnet. Doch die Tätigkeit dieser Mittler wird von Schulwissenschaftlern, modernen Theologen und der "aufgeklärten" Allgemeinheit als Hokuspokus, Täuschung oder Scharlatanerie abgetan. Der Glaube an eine mögliche Verbindung mit einer jenseitigen Welt gilt als Aberglaube. Nun hat aber die neuzeitliche wissenschaftliche Parapsychologie1 seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts durch vielfältige Erfahrungsbeweise (61; 80; 81; 82) gezeigt, daß es tatsächlich ein Weiterleben nach dem irdischen Tod und eine jenseitige Welt gibt. Von daher gesehen darf man die Anschauungen 1 Ihren Namen hat diese Wissenschaft durch den deutschen Mediziner und Prof. für Psychologie Max Dessoir (1867 - 1947) erhalten, der vorschlug, die Phänomene, die sich weder der Psychologie des Normalen, noch der Psychopathologie zuordnen lassen, mit dem Namen "Parapsychologie" zu belegen. In neuer Zeit hat der Südtiroler katholische Theologe Prof. Andreas Resch (geb. 1934) die bessere Bezeichnung "Paranormologie" vorgeschlagen, da es sich bei diesem Gebiet nicht nur um rein psychischen Phanomene handelt.

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