Der Tod, die Brücke zu neuem Leben

PSYCHOWISSENSCHAFTLICHE GRENZGEBIETE Ausgesuchte Veröffentlichungen aus verschiedenen Bereichen psychowissenschaftlicher Forschung Internet: https://www.psygrenz.de Mit freundlicher Genehmigung von: https://wersch–verlag.de/ Prof. Dr. rer. nat. Werner Schiebeler Der Tod, die Brücke zu neuem Leben Erfahrungsbeweise für ein persönliches Fortleben nach dem Tod Der Bericht eines Physikers Prof. Dr. rer. nat Werner Schiebeler, (1923–2006). Studium der Physik in Göttingen. Promotion mit einer Arbeit am Max-Planck-Institut für Strömungsforschung. Von 1955–1965 Tätigkeit bei der Firma Standard-Elektrik-Lorenz A. G. in Pforzheim, davon sieben Jahre als Leiter der Entwicklungsabteilung für elektronische Fernschreibtechnik. Ab 1965 Dozent für Physik und Elektronik an der damaligen Staatlichen Ingenieurschule in Ravensburg, der heutigen Hochschule Ravensburg-Weingarten. 1971 Ernennung zum Professor. 1983 Eintritt in den Ruhestand. Neben den naturwissenschaftlich-technischen Lehrfächern vertrat Schiebeler in regelmäßigen Sondervorlesungen auch das Lehrgebiet Parapsychologie und Parapsychophysik. Er veröffentlichte zahlreiche Zeitschriftenartikel, Broschüren und Bücher über verschiedene parapsychologische Themen. Daneben erschienen über das Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen von ihm zwei Filme über Paranormale Heilmethoden auf den Philippinen. Hierfür erhielt er 1974 von der "Associazone Italiana Scientifica di Metapsichica" den "Ernesto Bozzano-Preis" und 1988 den "Ersten Schweizer Preis" von der Schweizerischen Stiftung für Parapsychologie. Über das Werk Die Wissenschaft der Parapsychologie befasst sich mit seltenen Naturerscheinungen, die eng mit dem menschlichen Leben verknüpft sind und in den herkömmlichen Wissenschaften nicht untersucht werden. Die Parapsychologie untersucht auch die Frage nach der Herkunft und dem Ziel des menschlichen Lebens und versucht eine Antwort darauf zu geben, ob denn der Tod wirklich das Ende des "Lebens" überhaupt ist. Diese Wissenschaft hat zahlreiche Fälle aufgedeckt, in denen das "Ich" verstorbener Menschen sich trotz des Zerfalls des irdischen Körpers wieder mit Menschen dieser Welt in Verbindung setzen und handfeste Zeichen seines Fortbestandes geben konnte. Die Parapsychologie sieht darin einen Erfahrungsbeweis für das Überleben des Todes. Man mag darüber denken, wie man will, feststeht, dass man an dem Tatsachenmaterial der Parapsychologie und ihrer Jenseitsforschung nicht vorbeikommt, wenn man über die Möglichkeiten eines Weiterlebens nach dem Tode nachdenkt.

– 2 – Einleitung Unsere heutigen Wissenschaften, insbesondere die Naturwissenschaften, haben uns in den letzten Jahrhunderten, in starkem Maße aber in den letzten Jahrzehnten, sehr bedeutsame Erkenntnisse über unser Universum, unsere Erde, unsere Umwelt und unseren menschlichen Körper geliefert. Wir wissen z. B. schon recht gut über die Funktionen unseres menschlichen Körpers, seine Krankheiten und deren Behandlung Bescheid. Aber alle herkömmlichen Wissenschaften enden bislang beim oder am Tode des Menschen. Geburt und Tod werden als Beginn und Ende der menschlichen Existenz angesehen. Die Menschen wissen aber im Allgemeinen nicht, warum sie diese Strecke zwischen den beiden angeblichen Endpunkten durchlaufen. Die Geburt wird meist als freudiges Ereignis angesehen, der Tod dagegen als unbarmherziger Vernichter. Seit über 100 Jahren besteht aber eine Wissenschaft, die wir heute Parapsychologie nennen, jedoch besser Paranormologie nennen sollten. Diese Wissenschaft greift über die bestehenden Naturwissenschaften hinaus, versucht sie zu erweitern. Welches ist nun das Forschungsgebiet der Parapsychologie, womit befasst sie sich? Wir haben zunächst vier herkömmliche Wissenschaften, die sich mit dem Menschen und seinen Lebenserscheinungen befassen. Es sind dies: 1. Die Physiologie; das ist die Lehre von den normalen körperlichen Lebensvorgängen. 2. Die Medizin; das ist die Lehre und Heilkunde der krankhaften körperlichen Lebensvorgänge. 3. Die Psychologie; das ist die Lehre der normalen geistigen Lebensvorgänge. 4. Die Psychiatrie; das ist die Lehre und Heilkunde der krankhaften Lebensvorgänge. Daneben tritt als 5. Wissenschaft die Parapsychologie. Sie ist die Lehre von geistigen und anderen Lebensvorgängen, die vom normalen Verlauf abweichen, jedoch nicht krankhaft sind. Die Parapsychologie1 befasst sich mit Geschehnissen, die im oder am lebenden Menschen oder in seiner Umgebung stattfinden und auf irgendeine noch unbekannte Weise mit dem menschlichen Geist oder mit dem Phänomen, das wir Leben nennen, zusammenhängen. Dabei sind diese Vorgänge derart, dass sie sich nicht in die normale Psychologie, Physiologie oder Physik einordnen lassen. Man bezeichnet daher diese Abläufe auch als paranormal. Die Erscheinungen, die die Parapsychologie untersucht, lassen sich in mehrere großen Gruppen einteilen: Erstens in die parapsychischen Vorgänge. Dazu gehört die außersinnliche Wahrnehmung, das heißt die Aufnahme von Informationen ohne die Benutzung der uns bis jetzt bekannten Sinnesorgane. Dabei handelt es sich entweder um das Erkennen von Gedankeninhalten anderer Personen, Telepathie genannt, oder um das Erkennen von räumlich weit entfernten Vorgängen oder von Geschehnissen, die in der Vergangenheit abgelaufen sind oder sich erst in der Zukunft ereignen werden. Man spricht dann vom räumlichen oder zeitlichen Hellsehen oder von Präkognition. Weiter gehören zu den psychischen Vorgängen der Parapsychologie die sogenannten Trance– Phänomene. Sie bestehen darin, dass die Sprechorgane oder Gliedmaßen eines lebenden Menschen im Zustand der Bewusstlosigkeit, Trance genannt, von anderen Wesenheiten paranormal 1 Ein Kunstwort aus folgenden drei griechischen Bestandteilen: para = neben, daneben, darüber hinaus; psyche = Seele; logos = Wort, Beschreibung, Kunde.

– 3 – angesteuert werden. Bei diesen anderen Wesenheiten handelt es sich in der Regel um verstorbene Menschen, die aus ihrer jetzigen, uns unsichtbaren Daseinsebene, in unsere irdische Daseinsebene hineinzuwirken versuchen. Die zweite große Erscheinungsgruppe der Parapsychologie betrifft physikalische Vorgänge. Man spricht dann auch von Parapsychophysik oder kurz Paraphysik. Es handelt sich dabei um Geschehnisse, die zwar ihre Ursache oder ihren Ausgang in paranormalen geistigen Vorgängen haben, sich jedoch in rein physikalisch–materiellen Auswirkungen bemerkbar machen. Das betrifft zum Beispiel die mechanische Bewegung von materiellen Gegenständen ohne sichtbaren Urheber oder erkennbaren physikalischen Wirkungsmechanismus. Man spricht dann je nach der Art und dem Auftreten der Bewegung von Psychokinese, Telekinese, Levitation und Apport. Weiterhin zählen zu den paraphysikalischen Vorgängen die sogenannten Materialisationsphänomene. Man versteht darunter die meist vorübergehende paranormale Bildung von organischer oder anorganischer Materie aus einem sichtbaren, fühlbaren und photographierbaren Stoff, den man Ektoplasma nennt. Hierbei entstehen für einige Minuten oder etwa höchstens bis zu einer Stunde vollständige Lebewesen oder isolierte Teile von ihnen, zum Beispiel losgelöste Gliedmaßen. Trotz des Fehlens eines vollständigen Körpers können derartige Gliedmaßen oft relativ große Kräfte entfalten und manchmal schwere Gegenstände bewegen. In sehr seltenen Fällen treten bei diesen Materialisationsvorgängen auch sich bewegende und lebende Tiere in Erscheinung. Alle diese paranormalen Vorgänge treten nur auf, wenn lebende irdische Menschen vorhanden sind, die über eine Eigenschaft verfügen, die wir Medialität nennen. Sehr stark ausgeprägte Medialität ist selten, aber doch nicht so selten, wie man zunächst vielleicht annehmen möchte. Manche Menschen verfügen über diese Eigenschaft, ohne es zu wissen. Durch Zufall wird diese Gabe manchmal entdeckt und kann dann entwickelt und trainiert werden. In schwachem Maße aber verfügen viele Menschen über mediale Eigenschaften. Sie merken es hin und wieder im Laufe ihres Lebens dadurch, dass sie ein telepathisches Erlebnis, das Auftreten einer zeitlichen Vorschau haben oder die Ankündigung eines Sterbenden wahrnehmen. Ein drittes großes Erscheinungsgebiet betrifft die sogenannte Geistige Heilung. Man versteht darunter die paranormale Heilung oder Linderung von Krankheiten und Körperschäden, bei der keine der üblichen Heilmethoden angewendet wird, die nicht nach bekannten medizinischen Erfahrungen verläuft und die nicht nur durch Suggestion2 oder Autosuggestion3 erklärbar ist. In der Parapsychologie wird nun ganz besonders auch die Frage nach der Herkunft und dem Ziel des menschlichen Lebens untersucht und eine Antwort darauf gegeben, ob denn der Tod wirklich das Ende des Lebens in weitem Sinne ist. Um diese Frage beantworten zu können, muss zunächst geklärt werden, was eigentlich unter "Leben" zu verstehen ist und was den irdischen Tod denn überleben könnte. Die Frage soll in diesem Buch an Hand des heutigen Kenntnisstandes der Naturwissenschaften und des Erfahrungsmaterials der Parapsychologie untersucht werden. Das Ergebnis wird sein, dass sich nach meiner Auffassung eine persönliche Fortexistenz nach dem irdischen Tode durch Indizien und Erfahrungsbeweise zumindest in Einzelfällen nachweisen lässt. Die Zusammenfassung und Gewichtung dieser Erfahrungsbeweise werden heutzutage als spiritistische Theorie oder spiritistische Hypothese bezeichnet. 2 Suggestion = Einrede, Einflüsterung. 3 Autosuggestion = Selbsteinrede, Selbstbeeinflussung.

– 4 – Aufgrund des heute vorliegenden Erfahrungsmaterials bin ich der Meinung, dass der Tod nicht das schrecklichste Ereignis ist, als das er vielfach angesehen wird. Er ist auch nicht die totale Auslöschung der menschlichen Existenz durch Gott, wie es moderne Theologen manchmal behaupten. Stattdessen ist er die Beendigung eines Lebensabschnittes und der Beginn eines neuen Lebensabschnittes, das Hinübergehen in eine andere Welt und das Betrautwerden mit neuen Aufgaben. Wer sich auf diesen Übergang schon jetzt vorbereiten und bereits heute nach den möglicherweise auf ihn zukommenden Aufgaben Ausschau halten will, wer diese Dinge womöglich erforschen und die Ergebnisse anderen mitteilen will, muss sich auf die größten Schwierigkeiten gefasst machen. Das ist nicht verwunderlich. Dinge, die für die Menschen neu und ungewöhnlich sind, stoßen meist auf Unglauben und Unverständnis. Das hat sich bei den meisten bedeutenden Entdeckungen der Wissenschaften und den Erfindungen der Technik gezeigt. Die Mehrheit der Zeitgenossen, darunter auch oft bedeutende Wissenschaftler, ist meist mit Hohn und Spott gegen neue Erkenntnisse zu Felde gezogen. Dabei können neue Erkenntnisse zuerst durchaus noch mit Fehlern behaftet sein. Sie vermögen aber trotzdem später zu einer bedeutenden Erweiterung des menschlichen Wissens führen. Als ein Beispiel sollen die Überlegungen und Erkenntnisse des Genuesen Christoph Kolumbus (1451–1506) angeführt werden, die zur Entdeckung eines neuen Kontinentes geführt haben. Im Mittelalter suchten italienische Kaufleute von der Levante aus, den Ländern um das östliche Mittelmeer, nämlich Kleinasien, Syrien und Ägypten, einen unmittelbaren Zugang zum fernen Asien, zu China und Indien, aus denen die Gewürze und die begehrten Luxusgüter des Orients kamen. Besonders bekannt geworden ist unter diesen Kaufleuten der Venezianer Marco Polo, der sich von 1271–1295 in China aufhielt. Dieser Reiseverkehr nach dem Fernen Osten wurde Ende des 14. Jahrhunderts durch die Eroberungen des grausamen mongolischen Sultans Tamerlan (oder Timur)4, der Persien und Kaukasien in Besitz nahm, wieder gesperrt. Später kam das Vordringen der Türken durch die Eroberung Konstantinopels 1453 erschwerend hinzu. Zu dieser Zeit war die orientalische Welt für Europäer auf dem Landweg unerreichbar geworden. Auf dem Seeweg um Afrika herum waren die Portugiesen mit dem Seefahrer Bartholomëu Diaz 1488 aber erst bis zur Südspitze Afrikas gelangt. Da kam der Genuese Kolumbus auf den Gedanken, ob man Indien und China nicht viel einfacher auf dem Seewege in westlicher Richtung erreichen könnte. Das setzte jedoch voraus, dass ein solcher Seeweg überhaupt bestand, dass die Erde Kugelgestalt hatte. Diese Auffassung war aber damals nicht selbstverständlich. Der Grieche Eratosthenes hatte zwar bereits 200 vor Chr. in Alexandrien von der Kugelgestalt der Erde ausgehend nach selbst vorgenommenen Messungen den Erdumfang zu 250.000 Stadien5 gleich 41.000 km errechnet. Das war ein erstaunlich genauer Wert für die damalige Zeit, denn der wirkliche Erdumfang beträgt 40.000 km. Das Wissen darüber ging jedoch in der breiten Öffentlichkeit im Mittelalter verloren, denn die kirchlich maßgebenden Kreise kehrten zu 4 Tamerlan, 1336–1405, ab 1388 Sultanstitel. 5 Ein griechisches (ägäisches oder attisches) Stadion = 164 m.

– 5 – den Vorstellungen des Altertums zurück, dass nämlich die Erde eine vom Ozean umflossene Scheibe sei. Die Kirchväter, z. B. Laktanz und Augustin, bekämpften meist die Lehre von der Kugelgestalt der Erde. Sie suchten es als lächerliche und absurde Idee abzutun, dass es Gegenfüßler gebe, die mit dem Kopf nach unten an der Erde hängen. Augustin sagte: "Die Behauptung, dass es auf der entgegengesetzten Seite der Erde bewohnte Länder gibt, widerspricht den Lehren der Heiligen Schrift. Weil es nämlich den Nachkommen Adams unmöglich war, über das dazwischenliegende Weltmeer zu kommen, würde die Existenz der Bewohner auf der anderen Erdseite bedeuten, dass es Nationen gäbe, die nicht von Adam abstammen. Das hieße aber das Ansehen der Bibel umstoßen, welche ausdrücklich lehrt, dass alle Menschen von einem gemeinschaftlichen Vater herkommen." Kolumbus waren nun Berichte zu Ohren gekommen, dass durch Westwinde in Portugal und an den Azoren Baumstämme unbekannter Herkunft, die teilweise sogar geschnitzt waren, Schilf unbekannter Art und sogar zwei menschliche Leichname mit unbekannten Gesichtszügen und Hautfarbe angetrieben worden seien. Er deutete das als Sendzeichen der westlich liegenden Länder Indien, Japan und China. Er machte weiterhin die falsche Annahme, die aber für den erfolgreichen Ausgang seiner späteren Unternehmung entscheidend war, dass nämlich der Erdumfang sehr viel geringer sei, als er tatsächlich ist. Demzufolge setzte er auch die Entfernung von Spanien bis zur Ostküste Asiens viel geringer an, als sie in Wirklichkeit ist. Eine der Biographien über Kolumbus gibt diese angenommene Entfernung nur zu etwa 2.000 km an. Tatsächlich segelte er aber 1492 in 36 Tagen von den Kanarischen Inseln aus etwa 5.000 km, ehe er am 12. Oktober die Insel Guanahani (San Salvador) in der Bahama–Inselgruppe erreichte. Trotz mancher Fehler in seinen Annahmen und trotz der irrigen Meinung bis zu seinem Tode, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben, hat Kolumbus eine großartige Entdeckung gemacht. Er zog aus, den unbekannten Weg in ein fernes Land zu suchen. Dabei musste er die verworrensten Vorurteile überwinden wie z. B., dass man vielleicht die Hinfahrt nach Indien erreichen könne, wenn die Erde eine Kugel sei, dass eine Rückkehr aber unmöglich sein würde, da man dabei dann bergauf fahren müsse. Wer sich mit dem Leben nach dem Tode befasst, sucht gleichfalls nach Erkenntnis und einem Weg in ein unbekanntes Land, und zwar einen Weg, den wir alle einmal gehen müssen, sofern er wirklich vorhanden ist. Einem solchen Suchenden werden ebenso wie Kolumbus die seltsamsten Argumente entgegengehalten. Man glaubt ihm nicht, so wie man auch den Theorien von Kolumbus anfangs nicht geglaubt hat. Auch ihm werden wie Kolumbus falsch ausgelegte Bibelstellen entgegengehalten. Viele werden daher die in diesem Buch dargebotenen Berichte und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen als zu unwahrscheinlich ablehnen. Aber andere werden vielleicht aufmerksam und nachdenklich gemacht. Sie mögen das einmal geweckte Interesse für die Parapsychologie und das Leben nach dem Tode nicht einschlafen lassen und können versuchen, sich an Hand der in diesem Buch angegebenen Originalliteratur ein umfassendes Bild zu machen. Die Entscheidung jedoch, ob jemand dieses Tatsachenmaterial für sich annimmt oder ob er es verwirft, muss jeder für sich selbst treffen. Die wirklich Interessierten mögen dann auch die am Schluss dieses Buches aufgeführten nachfolgenden Bände "Zeugnis für die jenseitige Welt", "Leben nach dem irdischen Tod" und "Nachtodliche Schicksale" lesen, die weiteres Erfahrungsmaterial für die Existenz einer jenseitigen Welt und ein persönliches Fortleben nach dem irdischen Tod liefern.

– 6 – Der biologische Lebensbegriff Wenn vom Tod und seinem Überleben die Rede ist, muss zuerst einmal erörtert werden, was unter dem Leben und dem Tod zu verstehen ist. Die Biologie versteht unter Leben etwa folgendes, wobei im Leben auch das tierische und pflanzliche Leben einbegriffen ist: Ein Organismus lebt, 1. wenn er einen autonomen Stoffwechsel hat (Ernährung, Ausscheidung, Atmung), 2. wenn er reizempfindlich ist und auf Reize zielstrebig, d. h. sinnvoll antwortet, 3. wenn er die Eigenschaften des Wachstums, der Fortpflanzung und der Vererbung aufweist. Besonders die zweite Eigenschaft ist wichtig. Professor August Bier (1861–1949), der bedeutende deutsche Chirurg, schreibt von den zwei kennzeichnenden Merkmalen des Lebens: Reizbarkeit und zielstrebige Handlung. Nur das Lebendige ist reizbar. Was nicht reizbar ist, hat nie gelebt oder ist abgestorben (12, S. 372). Die aufgezählten Eigenschaften des Lebens sind im Sinne unserer heutigen Biologie an die uns bekannte Materie gebunden. Der materielle Tod tritt ein, wenn diese Eigenschaften erlöschen, wenn also beispielsweise der Stoffwechsel zum Stillstand kommt (Atmung und Herztätigkeit aufhören, klinischer Tod) und auf Reize nicht mehr sinnvoll geantwortet wird. Das geistige Leben Diese biologische Definition des Lebens wird man aber für das menschliche Leben als offensichtlich unzureichend ansehen. Für den menschlichen Lebensbegriff sind der Stoffwechsel, das biologische Wachstum, die Fortpflanzung und die Vererbung von untergeordneter Bedeutung, so wichtig sie biologisch gesehen auch sein mögen. Der eigentliche Hauptbestandteil des menschlichen Lebens ist dagegen das sogenannte geistige Leben. Volkstümlich ausgedrückt kann man darunter folgendes verstehen: Das geistige Leben besteht aus: 1. dem Ichbewusstsein, 2. der Fähigkeit zum Denken und gemäß dem Denken nach einer freien Willensentscheidung zu handeln, 3. der Möglichkeit, vermittels der Sinnesorgane Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, 4. dem Ansammeln von Erinnerungen und der Fähigkeit, sie bei Vorgängen des logischen Denkens und der Auslösung von Gemütsbewegungen beliebig zu verwenden, 5. den Gemütsbewegungen, wobei die Freude eine besonders wichtige Rolle spielt. Die physikalische Natur der geistigen Lebensvorgänge Was bedeutet aber das geistige Leben in der Sicht der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik und ihrer Unterwissenschaft der Kybernetik? Was man heute feststellen kann ist, dass das geistige Leben innerhalb unseres materiellen Körpers durch das Zentralnervensystem des Menschen, insbesondere das Gehirn ermöglicht und aufrechterhalten wird, wobei die

– 7 – Verbindung mit der Umwelt vermittels der Sinnesorgane über das periphere Nervensystem erfolgt. Nach den Erkenntnissen der heutigen Physik bzw. Kybernetik besteht das geistige Leben in der Aufnahme, Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen, d. h. Signalen. Über die Art wie diese Vorgänge sich im Zentralnervensystem und im peripheren Nervensystem physikalisch abspielen, geben die Forschungen der letzten Jahrzehnte in zunehmendem Maß Auskunft, wenn auch natürlich viele Einzelheiten noch unaufgeklärt sind. Die Informationsübertragung und Informationsverarbeitung erfolgten im menschlichen wie im tierischen Organismus durch elektrochemische Vorgänge, die man im tierischen Organismus mit einer ausgeklügelten Technik untersuchen kann. So lässt sich durch Untersuchung mit sehr feinen Mikroelektroden feststellen, dass die Informationsübertragung auf den Nervenfasern oder Neuriten und damit von Nervenzelle zu Nervenzelle durch elektrische Impulse, sog. Nervenimpulse, erfolgt, d. h. durch kurzdauernde elektrische Entladungen von etwa 1/1.000 Sekunde Dauer. Man nennt die kurzzeitig auftretenden elektrischen Spannungsimpulse auch Nervenaktionsspannungen. Mit einem Kathodenstrahloszilloskop oder einem anderen Registriergerät lassen sich diese Vorgänge sichtbar machen. Bild 1 (56, S. 300) zeigt z. B. die kurzzeitige Entladung (also die Nervenaktionsspannung) einer Nervenzelle aus dem Rückenmark einer Katze. Diese Entladung wird durch gleichartige Impulse ausgelöst, die über angeschlossene Nervenfasern und ihre Verbindungsstellen, die sog. Synapsen, zugeführt werden. Bild 1 Kurzzeitige elektrische Entladung der Nervenzelle einer Katze. Sie wird ausgelöst durch elektrische Reizung (↑) zuführender Nervenfasern. Der erste Reiz ist noch nicht ausreichend. Erst beim zweiten Reiz wird das sog. "Schwellenpotential" erreicht und ein "Aktionspotential" ausgelöst. Bild 2 Vereinfachtes Schaltbild einer Anordnung zur Aufnahme eines Elektrokardiogramms (EKG)

– 8 – Die Häufigkeit der Impulse je Zeiteinheit spiegelt den Informationsinhalt wider. Man nennt das eine Impulsfrequenzmodulation (2). Nervenimpulse, die ja körpereigene Botschaften oder Befehle darstellen, werden über die Nervenfasern auch den verschiedensten Muskelgruppen zugeführt. Dort angekommen, lösen sie Zusammenziehungen aus, d. h. Muskelverkürzungen oder sog. Muskelkontraktionen. Diese verursachen z. B. die Bewegungen der Gliedmaßen. Auch die Muskelkontraktionen sind mit elektrischen Vorgängen verknüpft. Es entstehen die Muskelaktionsspannungen. Sie sind ebenfalls messbar. Ein besonders großer, starker und ständig beanspruchter Muskel in unserem Körper ist der Herzmuskel. Seine rhythmisch entstehenden Muskelaktionsspannungen breiten sich über den ganzen Körper aus und können sogar noch an den äußeren Gliedmaßen abgenommen, gemessen und aufgezeichnet werden. Eine derartige Aufzeichnung nennt man ein Elektrokardiogramm (EKG). Es ist in Bild 2 dargestellt. Darin ist der Verlauf des Kurvenbereichs QRS besonders auffallend. Die Spannungsspitzen spiegeln den Erregungsablauf in der Herzkammermuskulatur wider und entsprechen der Kammerkontraktion (Zusammenziehung des Herzmuskels). Bei Störungen der Herztätigkeit und Erkrankungen des Herzmuskels treten bezeichnende Abweichungen der Form des Elektrokardiogramms auf. Aus ihnen kann der Arzt auf die vorhandenen Störungen schließen. Im Gehirn, der Befehlszentrale des menschlichen Körpers, haben wir es mit einer besonders großen Ansammlung von Nervenzellen zu tun. Ihre Anzahl wird heute auf etwa 1010 (10 Milliarden) geschätzt. Das physikalische Zusammenspiel dieser großen Vielzahl von Nervenzellen mit ihren umfangreichen Verknüpfungen ergibt das, was wir das geistige Leben nennen. Dabei arbeitet jede einzelne Nervenzelle aber nur mit kurzzeitigen elektrischen Entladungen, wie es in Bild1 wiedergegeben ist. Die Summation all der vielen ständig entstehenden Nervenaktionsspannungen hat nicht eine völlig unregelmäßige Form, sondern ergibt einen gewissen Rhythmus. Es entsteht so etwas wie eine nicht ganz regelmäßige elektrische Schwingung. Sie durchdringt sogar die Schädeldecke und kann auf der Kopfhaut durch aufgelegte Elektroden elektrisch abgenommen, verstärkt und mit Hilfe eines Elektronenstrahloszilloskops sichtbar gemacht werden. Bild 3 zeigt solch eine Versuchsanordnung. Die entstandene Aufzeichnung nennt man ein Elektroenzephalogramm (EEG)6. Die Frequenz der Schwingung, d. h. die Anzahl der Schwingungen je Sekunde, hängt von der Bewusstseinslage des untersuchten Menschen ab. Die Mediziner sprechen hier etwas ungenau von Gehirnwellen.7 6 Entdeckt 1928 von dem in Jena lehrenden Psychiater und Neurologen Prof. Hans Berger (1873–1941). 7 Physikalisch gesehen handelt es sich aber nicht um Wellen, sondern um Schwingungen. Bild 3 Vereinfachtes Schaltbild einer Anordnung zur Aufnahme eines Elektroenzephalogramms (EEG)

– 9 – Die Mediziner unterscheiden: 1. Delta–Wellen mit einer Frequenz von 0,5–3 Hz8, vorkommend im Tiefschlaf. 2. Theta–Wellen mit einer Frequenz von 4–7 Hz, vorkommend beim Einschlafen und leichten Schlaf. 3. Alpha–Wellen mit einer Frequenz von 8–13 Hz, überwiegende Gehirnaktivitätsform beim Wachsein. 4. Beta–Wellen mit einer Frequenz von 14–30 Hz, vorkommend bei Spannungs– und chronischen Angstzuständen und als sog. "Spindeln" (wegen der äußeren Form ihres Auftretens) im leichten Schlaf. Das EEG, wie man es vom Gesunden her kennt, ändert sich bei Erkrankungen des Gehirns, z. B. Epilepsie, Gehirntumor, Vergiftungen, Drogenmissbrauch u. a. Der Mediziner kann also anhand eines veränderten EEG in gewissen Grenzen eine Krankheitsdiagnose stellen. Auch im Gehirn selbst lassen sich mit Hilfe von Mikroelektroden Informationsverarbeitungsvorgänge verfolgen, beispielsweise die elektrischen Signale, die auf einen Sehvorgang hin entstehen. Wie die logischen Vorgänge im Innern des Gehirns und die Speicherung der Informationen im Langzeitgedächtnis im Einzelnen ablaufen, ist noch nicht bekannt. Jedoch lassen sich aus der Rechenmaschinentechnik Möglichkeiten dafür und gewisse Modellvorstellungen herleiten (29; 52; 84; 85; 93). Zerstörungen größerer Bereiche von Nervenzellen im Gehirn (durch Unfall, Verwundung, Tumor, Schlaganfall, Sauerstoffmangel im Gehirn über 8 Minuten hinaus) führen zu ganz charakteristischen Ausfallserscheinungen, je nach der betroffenen Stelle im Gehirn. Es kann zu Lähmungen der Gliedmaßen, zu Gedächtnisstörungen, zu Sprachstörungen bis zur Sprachlosigkeit, zu Denkstörungen und zum dauernden Verlust des Bewusstseins (sog. Gehirntod) kommen. Das Gehirn und der von ihm gesteuerte menschliche Körper reagieren, so hat es den Anschein, wie eine technische Maschine, bei der wichtige Steuerungsteile zerstört oder gestört sind. Selbst Gemütsleiden werden heute schon auf einen gestörten Gehirnstoffwechsel zurückgeführt (42), also auf rein materielle Ursachen. Auch die Gemütsbewegungen des Menschen und der Tiere lassen sich in die heutigen physikalischen Vorstellungen einordnen. Die Gemütsbewegungen wie Freude, Furcht, Zorn, Ekel usw. bestehen nicht nur in subjektiven inneren Vorstellungen und Gefühlen, die durch Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung (geistige Erlebnisse) hervorgerufen werden, sondern auch in klar umrissenen und messbaren Reaktionen des Organismus, d. h. chemischen Veränderungen im Körperhaushalt, mit dem Ziel, das Individuum einer besonderen Umweltsituation möglichst gut anzupassen, ihm eine größere Überlebenschance im Kampf mit der Umwelt zu geben. Diese Zusammenhänge hat für die Furcht der amerikanische Physiologe Cannon vor dem ersten Weltkrieg zuerst nachgewiesen (20). Gemütsbewegungen treten aber nicht nur nach geistigen Erlebnissen, d. h. als Folge von Informationsverarbeitung auf, sondern lassen sich auch durch direkte elektrische Reizung der entsprechenden Gehirnbezirke oder durch Zuführung von Chemikalien (Drogen) erzeugen, ohne dass entsprechende geistige Erlebnisse vorliegen. 8 Hz = Hertz (Maßeinheit der Frequenz) = Anzahl der Schwingungen je Sekunde.

– 10 – Aufschlussreiche Untersuchungen in dieser Richtung an Hühnern, Affen und anderen Tieren, denen Drahtelektroden in das Gehirn eingeführt wurden, sind in den Arbeiten (39) und (21) dargestellt. Die Tiere konnten allein durch elektrische Reize zu den verschiedensten Verhaltensweisen angeregt werden, denen Gemütsbewegungen zugrunde lagen, die wir beim Menschen mit den Worten Furcht, Ekel, Geltungsdrang, Wut usw. kennzeichnen. In allen diesen Fällen lagen keine äußeren Erlebnisse vor, die die Verhaltensweisen der Tiere hätten auslösen können. Es liegt bislang kein Grund zu der Annahme vor, dass der Mensch, falls man bei ihm ähnliche Versuche durchführen könnte und würde, etwa ein anderes Verhalten an den Tag legte. Die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung des Lebens Diese bislang gewonnenen Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass für die Fortführung unseres geistigen Lebens auf dieser Erde die Funktionstüchtigkeit unseres Zentralnervensystems erforderlich ist, oder noch einschränkender gesagt, es muss die Möglichkeit zur Informationsaufnahme, Informationsspeicherung, Informationsverarbeitung und Informationsabgabe bestehen. Die Unversehrtheit des ganzen materiellen Körpers ist zum Fortleben in diesem Sinne nicht unbedingt notwendig. Einen Menschen, dem Arme und Beine amputiert wurden, werden wir immer noch als lebend ansehen. Selbst wenn wir nur den Kopf eines Lebewesens ohne den eigenen Körper funktionsfähig erhalten, so dass es noch denken und sprechen kann und sein Gedächtnis behält, so dass wir es an seiner spezifischen Ausdrucksweise und an seinen Kenntnissen erkennen können, werden wir sagen müssen, dass das Lebewesen lebt. Das sind heute nicht nur reine Denkmöglichkeiten, sondern es bestehen bereits Möglichkeiten zur Durchführung. Die Mediziner Kolff und Kralios sagen (48, S. 47): "Der Gedanke mag uns gefallen oder nicht, aber wir besitzen jetzt die Möglichkeit, einen abgetrennten Kopf durch eine Batterie von Pumpoxygeneratoren, Ernährungsröhren, Luftschläuchen usw. am Leben zu erhalten. Ob freilich das Leben eines Kopfes ohne Körper ein erstrebenswertes Ziel ist, dazu möchte ich mich nicht äußern." Auch Versuche zur praktischen Durchführung werden bereits unternommen. Der Neurochirurg Prof. Robert Josef White am Metropolitan General Hospital in Cleveland (USA) präpariert Affengehirne aus dem Schädel heraus und erhält sie am Leben. Das erkennt man daran, dass das Elektroenzephalogramm des Gehirns normal bleibt. Weiter verpflanzt White Affenköpfe von einem Körper auf einen anderen. Die Operationsdauer beträgt etwa 10 Stunden. Am 07. 12. 1977 wurde vom Ersten Deutschen Fernsehen um 22.50 Uhr eine solche Verpflanzung in einer Sendung unter dem Titel "Grenzen der Forschung" ausgestrahlt. Die Überlebensdauer der transplantierten Köpfe beträgt bislang zwar nur maximal 7 Tage. Aber White hofft, diese Zeit in Zukunft bedeutend verlängern zu können. White sieht seine Affenexperimente als Vorstufe für Operationen am Menschen an, um z. B. aus zwei halben Menschen (einer mit unversehrtem Kopf, der andere mit unversehrtem Leib) einen ganzen zu machen. White behauptet, das sei bereits heute möglich. Man müsse allerdings eine hohe Sterblichkeitsquote in Kauf nehmen. Aber es gehe dabei um die Frage, ob man lieber leben oder lieber tot sein wolle. Man kann hier erkennen, welche Konsequenzen in Gedanken und in Taten gezogen werden, wenn man davon ausgeht, dass unser menschliches Leben mit dem Tode seinen endgültigen Abschluss findet. Und dabei ist White nicht etwa ein Atheist, sondern wird als gläubiger Katholik geschildert.

– 11 – Es ist übrigens beachtenswert, dass es auch in der Natur Lebewesen (Wirbeltiere, sogar Menschen) gibt, die nur aus dem Kopf bestehen und über keinen eigenen Leib verfügen, sondern sich einen solchen mit einem anderen Kopf teilen müssen. Beim Menschen gelangen solche Individuen in sehr seltenen Fällen sogar bis in das Erwachsenenalter. Bei der Definition des Lebens und Fortlebens müssen wir sogar noch einen Schritt weitergehen: Wenn es möglich wäre oder wenn wir feststellen, dass es möglich ist, die gespeicherten Informationen eines Menschen aus seinem Gedächtnis in ein anderes Gedächtnis, d. h. einen anderen Informationsspeicher zu übertragen, und wenn dieser neue Informationsspeicher mit der Möglichkeit der Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und der Informationsabgabe versehen ist, und wenn bei der Informationsübertragung die spezifischen Eigenschaften und das Ichbewusstsein, d. h. die Persönlichkeitsstruktur, erhalten bleiben, müssen wir von einem Fortleben sprechen, auch wenn der alte Körper und das bisherige Gehirn materiell vernichtet sind. Von einem Tod, d. h. von einem Auslöschen der geistigen, der persönlichen Existenz können wir erst dann sprechen, wenn die wesentlichen, im Lauf des Lebens gespeicherten Informationen, die Erinnerung unwiderruflich gelöscht, d. h. aus der Welt geschafft sind. Sind die Informationen noch vorhanden, und ist nur die Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung unterbunden, so wird man von einem Schlafzustand des Individuums sprechen. Hier treten übrigens bereits die ersten Schwierigkeiten bei der Frage auf, wie man denn die Fortexistenz oder das Fortleben eines Menschen sowohl auf dieser Erde als auch nach seinem Tode feststellen kann, insbesondere dann, wenn man ihn längere Zeit nicht gesehen hat. Als Erkennungszeichen kann man ja nur seine Persönlichkeitsstruktur, seine Fähigkeiten und sein Wissen, d. h. seine Speicherinhalte, verwenden. Alles wandelt sich aber ständig, wenn der Mensch lebt, da er ja ständig neue Informationen aufnimmt, d. h. neue Erfahrungen sammelt, die seine Persönlichkeitsstruktur wandeln. Das mag vielleicht in Tagen und Wochen kaum in Erscheinung treten, kann innerhalb von Jahrzehnten jedoch sehr stark sein, so stark, dass es einem Menschen, der nach 30 Jahren aus einer Gefangenschaft heimkommt, schwerfällt, seine Identität nachzuweisen. Es gibt in dieser Beziehung tragische Beispiele. Wenn es nun schon auf dieser Erde schwer sein kann, die menschliche Fortexistenz nachzuweisen, um wieviel schwerer ist es erst, nach dem Ereignis des biologischen Todes ein Fortleben der menschlichen Persönlichkeit nachzuweisen. Man ist da weitgehend auf Indizien angewiesen, auf die man auch im täglichen Leben und in der Rechtsprechung ständig zurückgreift. Auch im täglichen Leben ist es unmöglich, das Fortleben eines Menschen ständig zu überwachen. Kaum einer wird aber an der Fortexistenz eines Verwandten oder Freundes ernsthaft zweifeln, nur weil er ihn drei Jahre nicht mehr gesehen hat, beim Wiedersehen aber "einwandfrei" wiedererkennt. Dieses Wiedererkennen ist aber bestimmt kein zwingender und unumstößlicher Beweis. Es gibt ja schließlich zum Verwechseln ähnlich aussehende Doppelgänger, Ausweise können gefälscht sein usw. Wenn man aber in jedem Fall absolut sichergehen und unumstößliche Beweise verlangen wollte, müsste man erkennen, dass solches nicht möglich ist und bei Beharren auf diesem Standpunkt ein menschliches Zusammenleben nicht möglich wäre. Wir werden daher bei dem Suchen nach "Beweisen" für das Fortleben nach dem irdischen Tode auch nicht strengere Maßstäbe anlegen dürfen, als wir es im täglichen Leben tun. Wir müssen uns also mit Indizien zufriedengeben und nach einer möglichst großen Anzahl dieser Indizien suchen, die sich möglichst gegenseitig stützen. Daraus lässt sich dann ein "Beweis" konstruieren, den man in der Rechtsprechung "Indizienbeweis" und in der Physik "Erfahrungsbeweis" nennt. Sonderfälle geistiger Lebensvorgänge

– 12 – Die bisherigen naturwissenschaftlichen Forschungsergebnisse scheinen zu zeigen, dass die geistigen Lebensvorgänge nach bekannten physikalischen Gesetzen ablaufen und dass diese geistigen Lebensvorgänge zum Erliegen kommen, wenn das Gehirn materiell zerstört wird. Diese Auffassung fasst der Mediziner Prof. Borchardt in einer Arbeit über "Die körperlichen Grundlagen der seelischen Lebensvorgänge" (16) mit folgenden Worten zusammen: "Es kann nicht wundernehmen, dass die unübersehbare Fülle der Hirnleistungen den Eindruck erwecken muss, dass es sich hier um Auswirkungen übersinnlicher und übernatürlicher Kräfte handelt. Beweise dafür liegen aber in keiner Weise vor. Vielmehr steht die Tatsache unerschütterlich fest, dass alle Leistungen des Gemüts und der Verstandestätigkeit an die lebende Materie gebunden sind, dass sie ihren festen Sitz in bestimmten Teilen des Nervensystems haben, und dass Schädigungen dieser Teile mit entsprechenden Ausfallerscheinungen verbunden sind. Das ist schon von Flechsig nachgewiesen worden und bestätigt sich immer wieder." Der Physiker Prof. Steinbuch äußert sich in der Arbeit "Bewusstsein und Kybernetik" (84) in ähnlicher Weise. Er schreibt: "Was wir an geistigen Funktionen beobachten, ist Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Abgabe von Informationen. Auf gar keinen Fall scheint es mir wahrscheinlich oder gar bewiesen, dass zur Erklärung geistiger Funktionen irgendwelche Voraussetzungen gemacht werden müssen, welche über die normale Physik hinausgehen." Wir kennen nun aber interessante Sonderfälle geistiger Tätigkeit, welche die Allgemeingültigkeit dieser eben geschilderten Auffassungen als sehr fraglich erscheinen lassen. Es hat den Anschein, als ob die geistigen Lebensvorgänge nicht nur an unsere irdische Materie und ein intaktes Gehirn gebunden sind. Man beobachtet nämlich manchmal Fälle sehr tiefgreifender Gehirnverletzungen, die zumindest kurzzeitig – meist kurz vor dem Tode – nicht zu den Ausfallerscheinungen führen, die man eigentlich erwarten müsste. Damit soll nicht gesagt werden, dass die bisherigen Annahmen und die heute üblichen wissenschaftlichen Deutungsversuche völlig falsch sind. Im Sinne von Arbeitshypothesen haben sie durchaus ihre Berechtigung. Sie werden uns sicher noch weiterhin wertvolle Erkenntnisse über die Wirkungsweise des menschlichen Gehirns und des geistigen Lebens auf dieser Erde verschaffen. Die folgenden Beispiele sollen aber zeigen, dass es vermutlich übergeordnete Gesetzmäßigkeiten gibt, die uns noch unbekannt sind. Betrachten wir zunächst schwere Gehirnverletzungen, die durch Kriegseinwirkung hervorgerufen wurden. Ein Schweizer Arzt schreibt darüber (7, S. 830): "Etwa die Hälfte der Kopfdurchschüsse im ersten Weltkrieg zertrümmerten wesentliche Anteile des Großhirns; die Verletzten blieben vollbewusst. Einem Mechaniker wurden durch Propellerschlag beide Hinterhauptlappen amputiert; der Mann wurde sofort blind, jedoch nicht bewusstlos. Einem Patienten von Lenggenhager wurden beide Stirnlappen sozusagen abgefräst; der Verunfallte war imstande, einige Meter weit zu gehen. Schwerste Hirnverletzungen, Fälle bei denen der Arzt Hirnbrei in der Tiefe der Wunde findet, gehen vielfach ohne Bewusstseinsverlust einher. Ganze Hirnlappen müssen mitunter abgetragen werden; trotzdem kann man sich mit den Patienten unterhalten. Man ist überhaupt überrascht festzustellen, wieviel Zerrungen, Druck, Quetschung, ja sogar an Zerstörung ein Großhirnteil ohne Erlöschen des Bewusstseins auszuhalten vermag."

– 13 – In ähnlicher Weise berichtet Prof. Carl Ludwig Schleich (79, S.10), dass er im ersten Weltkrieg mindestens 20 Fälle von Hirnverletzungen behandelt habe, bei denen löffelweise ganglienenthaltende Substanz ohne Intelligenz– oder Bewusstseinsstörung des Patienten entfernt wurde. Gleichartige Fälle legte der französische Arzt Dr. Geley vor (33, S. 66). Er schreibt: "Im Juli 1914 übergab Dr. Hallopeau der Société de Chirurgie den Bericht über eine Operation, die man in Hospital Necker an einem jungen Mädchen vorgenommen hatte, das aus einem Wagen der Untergrundbahn gefallen war. Bei der Schädelbohrung stellte man fest, dass ein beträchtlicher Bruchteil der Gehirnmasse buchstäblich in Brei verwandelt war. Man spülte aus, legte Wundröhrchen ein, schloss wieder, und die Kranke wurde wieder völlig gesund." Folgendes veröffentlichten die Pariser Zeitungen über die Sitzung der Akademie der Wissenschaften vom 24. März 1917: "Die teilweise Entfernung des Gehirns. – In Fortsetzung seiner früheren Mitteilungen über diesen Eingriff, der im Gegensatz steht zu den bis jetzt allgemein vertretenen Anschauungen, richtet Dr. A. Guépin aus Paris an die Akademie einen neuen Beitrag zum Studium dieser Frage. Er erwähnt darin, dass sein erster Operierter, der Soldat Louis R., heute Gärtner in der Nähe von Paris, trotz des Verlustes eines gewaltigen Teils seiner linken Gehirnhälfte (Rindensubstanz, weiße Substanz, zentrale Kerne usw.) fortfährt, sich geistig wie ein normaler Mensch zu entwickeln, und dies trotz der Verletzung und Entfernung von Windungen, die als der Sitz wesentlicher Funktionen betrachtet wurden." Einige Zeilen später berichtet Geley: "Hier haben wir noch überraschendere Tatsachen, die in der Klinik von Dr. Nikolas Ortiz beobachtet wurden und die mir Dr. Domingo Guzmann in liebenswürdiger Weise mitgeteilt hat. Die Quelle dieser Beobachtungen kann nicht angezweifelt werden; sie stammen von zwei Gelehrten, die in unserer Wissenschaft einen hohen Rang einnehmen: Der erste Fall betrifft einen Knaben von 12–14 Jahren, der im vollen Besitz seiner geistigen Fähigkeiten starb, obgleich sich das Gehirn, ähnlich wie bei einem Geköpften, vollkommen vom oberen Teil des Rückenmarks losgelöst hatte. Die Überraschung der Ärzte war groß, als sie, bei der Obduktion den Schädel öffnend, die Gehirnhäute blutüberfüllt und ein großes Geschwür, fast das ganze Kleinhirn, einen Teil des Großhirns und die Varolsbrücke einnehmen sahen; und doch wusste man, dass dieser Mensch wenige Augenblicke zuvor ganz richtig dachte. Sie müssen sich notwendigerweise gefragt haben: Wie ist so etwas möglich? Der Knabe klagte über heftige Kopfschmerzen, seine Temperatur sank nicht unter 39°; die einzigen hervorstechenden Symptome bestanden in einer Ausdehnung der Pupillen, einer gewissen Scheu vor Licht und einer großen Überempfindlichkeit der Haut. Diagnose: Gehirn– und Gehirnhautentzündung." Allen diesen geschilderten Fällen ist das nach unseren bisherigen Kenntnissen der Physik so Erstaunliche gemeinsam, dass die Zerstörung der Gehirnteile ohne bemerkbare Auslöschung von Gedächtnisinhalten oder sonstige wesentliche Ausfallserscheinungen vor sich ging. In diesem Zusammenhang verdienen auch Fälle aus der Psychiatrie Beachtung, die darüber berichten, dass Geisteskranke, die seit vielen Jahren zu keiner normalen Verstandestätigkeit mehr fähig waren, kurz vor ihrem Tode wieder "normal" wurden.

– 14 – Dr. du Prel schreibt darüber (71): "Dass Irrsinnige oft kurz vor dem Tode den Gebrauch ihrer Verstandeskräfte wieder erhielten und völlig verwandelt erschienen, ist häufig beobachtet worden." W. Bischoff kommentiert derartige Fälle folgendermaßen (13): "Wie wenig die Entwicklung der Seele an das Nervensystem des Körpers gebunden ist, beweist die Tatsache, dass Geisteskranke kurz vor ihrem Tode – wenn also das zentrale Nervensystem praktisch völlig zerstört ist9 – wieder völlig klar werden können, ja in ihren Gedanken eine geistige Reife zeigen, die nicht vollendeter sein könnte, wenn sie nie gehirnkrank gewesen wären." Ein Beispiel soll hier angeführt werden, dass der Verfasser zahlreicher parapsychologischer und heilkundlicher Schriften G.W. Surya10 1920 berichtete (88, S. 15): "Ein Freund von mir, ein angesehener Wiener Bürger, hatte das Unglück, dass sein Bruder seit vielen Jahren wegen völliger geistiger Umnachtung in einer Irrenanstalt untergebracht werden musste. Eines Tages erhielt er nun von der Direktion dieser Anstalt ein Telegramm, dass der Geisteskranke ihn zu sprechen wünsche. Er fuhr sofort hinaus und war höchst erstaunt, seinen Bruder nun auf einmal ganz normal zu finden. Aber beim Abschied sagte ihm der Direktor der Anstalt – natürlich unter vier Augen –, dass dieser lichte Moment ein nahezu sicheres Anzeichen des baldigen Todes des Kranken sei. Und so war es auch. In kurzer Zeit starb der Kranke, und nun bat der Bruder, bei der Leichenöffnung anwesend sein zu dürfen. Ausnahmsweise wurde ihm dies gestattet. Als nun das Gehirn des Verstorbenen untersucht wurde, erwies es sich als ganz vereitert. Diese Vereiterung hatte sicher schon längere Zeit bestanden. Womit hatte also der Geisteskranke in den letzten Tagen seines Lebens wieder klar gedacht?11 Da gibt es wohl nur eine Deutung: Auch Geisteskrankheit, selbst verbunden mit Gehirnauflösung, kann den inneren Menschen nicht zerstören. Die beste und klarste Begriffsbestimmung für Irrsinn ist also geistige Umnachtung. Wie die Sonne wohl durch Wolken verdunkelt werden kann, aber sofort im alten Glanze auf uns herniederstrahlt, wenn die Wolkenschleier sich verziehen, ebenso kann auch der innere Mensch der Außenwelt gegenüber durch Wahnsinn wohl 'umnachtet', nie aber dadurch vernichtet werden." Seltsam ist auch folgender Fall, der in der französischen Zeitschrift Revue Métapsychique, 1925, Nr. 6, berichtet wurde [zitiert nach (76)]: "In der Nähe von Marseille lebt ein Knabe, der eine auf Ausfall der Schilddrüsentätigkeit beruhende Idiotie hat, aber seit seinem vierten Lebensjahr in völlig sinngemäßer Weise Musikstücke, die ein anderer spielt, auf dem Klavier begleitet. Er hat nie Klavierspielen gelernt, und er hat auch seit seinem sechsten Lebensjahr keine Fortschritte gemacht, wie er auch sonst nichts gelernt hat und noch nicht einmal sprechen kann. Jetzt ist der Knabe fünfzehn Jahre alt. Diese musikalische Gabe scheint ihm angeboren zu sein. Er improvisiert auch am Klavier und transponiert von allein, aber er versteht nicht, wenn man ihn bittet, er möge transponieren. Beim Spielen sitzt er in ganz ungezwungener Haltung da, achtet anscheinend gar nicht auf das, was er spielt, schaut umher, lächelt einen Zuhörer an, als ob er für ihn allein spiele, folgt mit den 9 Das betrifft allerdings nicht die Schizophrenie, bei der keine strukturelle Veränderung des Nervensystems nachweisbar ist. 10 Sein richtiger Name lautete Demeter Georgiewitz Weitzer (1873–1949). Er war von Beruf Maschinenbau–Ingenieur. 11 Vermutlich hat dieser Patient an Paralyse, einer Spätform der syphilitischen Erkrankung, gelitten. Es kommt dabei zu einem Hirnrindenschwund, vor allem des Stirnhirns, verbunden mit dem Einsickern von Lymphozyten, Plasmazellen, Stäbchenzellen und Spirochäten, den Erregern der Syphilis. Diese Veränderung bezeichnet der Bruder des Patienten hier als "Vereiterung". Heutzutage kommt die Paralyse wegen der verbesserten Behandlungsmöglichkeiten der Syphilis kaum noch vor.

– 15 – Blicken den umhersummenden Fliegen usw. Eine merkwürdig einseitige Begabung bei einem Blödsinnigen." Nach den heutigen wissenschaftlichen Vorstellungen von der Wirkungsweise des menschlichen Gehirns ist eine derartige Fähigkeit unverständlich. Die Fähigkeit zum Klavierspiel ist ja nicht angeboren. Jeder muss sie erst mühsam erlernen und bedarf dazu eines intakten Geistes. Wer aber hat dann hier gespielt? Es kommt sogar vor, dass ein Mensch, der zeit seines Lebens aus gehirnanatomischen Gründen nie ein Wort gesprochen hat, bei dem nie eine geistige Tätigkeit beobachtet wurde, z.B. auch nicht eine sinnvolle Aufnahme und Speicherung von Informationen, kurz vor seinem Tode beginnt, seine Sprachorgane sinnvoll zu gebrauchen. Solch ein Fall wird uns von dem Direktor der Heil– und Pflegeanstalt Hephata in Treysa, Pfarrer Fritz Happich, berichtet (Erstveröffentlichung 1934). Er schreibt (74): "Zu den tiefststehenden Pfleglingen, die wir je hatten, gehörte Käthe. Von Geburt an war sie völlig verblödet. Nie lernte sie ein Wort sprechen. Stundenlang starrte sie auf einen Punkt, dann zappelte sie wieder stundenlang ohne Unterbrechung. Sie schlang Nahrung hinunter, verunreinigte sich Tag und Nacht, stieß einmal einen tierischen Laut aus und schlief. Das waren alle Lebensäußerungen, die wir in über 20 Jahren an ihr beobachteten. Nie haben wir in der langen Zeit gemerkt, dass sie auch nur eine Sekunde an dem Leben ihrer Umgebung teilnahm. Ein Bein hatte Käthe noch abgenommen werden müssen. Sie siechte dahin. Eines Morgens rief mich einer unserer Ärzte, der als Wissenschaftler und praktischer Psychiater anerkannt ist, an: 'Komm einmal gleich her, Käthe liegt im Sterben!' Als wir gemeinsam das Sterbezimmer betraten, trauten wir unseren Augen und Ohren nicht. Die von Geburt an völlig verblödete Käthe, die nie ein Wort gesprochen hatte, sang sich selbst die Sterbelieder. Vor allem sang sie immer wieder: 'Wo findet die Seele die Heimat, die Ruh? Ruh, Ruh, himmlische Ruh!' Eine halbe Stunde lang sang Käthe. Das bis dahin so verblödete Gesicht war durchgeistigt und verklärt. Dann schlief sie still ein. – Immer wieder sagte der Arzt, dem ebenso wie der pflegenden Schwester und mir Tränen in den Augen standen: 'Medizinisch stehe ich völlig vor einem Rätsel. Durch eine Sektion kann ich, wenn es verlangt wird, nachweisen, dass Käthes Hirnrinde restlos zerstört und anatomische Denktätigkeit nicht mehr möglich war.'" Die in diesem Abschnitt geschilderten Fälle geben bislang einer physikalischen Betrachtungsweise die größten Rätsel auf. Sie legen jedoch den Schluss nahe, dass zumindest in Sonderfällen die quasielektronische Steuerung des menschlichen Organismus und insbesondere seiner Ausgabeorgane durch eine physikalisch noch nicht bekannte Ansteuerung ersetzt werden kann. Sie legen weiter die Vermutung nahe, dass auch die Bewusstseinsvorgänge und die Informationsspeicherung nicht nur in physikalisch bekannter oder vermutbarer Weise ausschließlich an die biologische Gehirnsubstanz gebunden sind. Es hat den Anschein, als ob die für diese Vorgänge bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten in übergeordnete, uns noch unbekannte Gesetzmäßigkeiten eingelagert sind. Die rein physikalische Betrachtungsweise nach dem bisherigen Kenntnisstand legt nahe, dass der menschliche Körper etwa einem Klavier entspricht, das menschliche Gehirn aber dem Klavierspieler. Die Sonderfälle der geistigen Tätigkeit lassen es aber als möglich erscheinen, dass der Klavierspieler gar nicht im Gehirn sitzt, sondern außerhalb, und dass das Gehirn nur die Klaviertasten darstellt. Um in diesem Bilde zu bleiben, würden dann die Sonderfälle geistiger Tätigkeit (bei gestörtem Gehirn) darin bestehen, dass vorübergehend auch einmal die Klaviertasten umgangen werden können und die Saiten in

– 16 – diesem Fall durch einen uns unbekannten Mechanismus direkt angeschlagen werden. Oder wählen wir ein moderneres Beispiel aus der Computertechnik. Darin würde dem menschlichen Körper die sog. Hardware, also der Computer mit Tastatur, Diskettenlaufwerk und Drucker entsprechen. Dem menschlichen Gehirn würde die Festplatte mit allen ihren Speichern entsprechen. Die menschliche Steuerung und Persönlichkeit aber hätte ihre Entsprechung in der sog. Software, also im Betriebssystem und allen sonstigen Dateien, die dem Computer inzwischen eingegeben sind und durch die er mit der Umwelt in Datenaustausch treten kann. Die Sonderfälle menschlicher geistiger Tätigkeit würden dann ihre Entsprechung in einer tiefgreifenden Beschädigung oder Störung der Festplatte haben. Die Steuerung des Computers würde in diesem Fall über Datenträger erfolgen, die aus einem anderen Bereich in ein Diskettenlaufwerk eingespeist werden. Damit kommen wir aber zu der Frage, ob denn unsere Persönlichkeitsstruktur unbedingt nur im Gehirn und innerhalb der uns bekannten Materie gespeichert sein muss. Möglichkeiten zur Fortführung der Informationsspeicherung und Informationsverarbeitung nach dem irdischen Ableben Die Speicherung der menschlichen Gedächtnisinhalte und der Persönlichkeitsstruktur muss nicht notwendigerweise ständig an unsere irdische Materie und an ein funktionsfähiges materielles Zentralnervensystem gebunden sein, wenn sie auch im irdischen Leben durch sie in Erscheinung treten. Nehmen wir einmal an, dass parallel zu unserem irdischen, materiellen Gedächtnis ein irgendwie geartetes Gedächtnis, also ein Informationsspeicher mit einem Informationsverarbeitungssystem vorhanden sei, das nicht an unsere irdische Materie gebunden ist. Nehmen wir weiter an, dass dieses System entweder in unserem irdischen Leben schon parallel zu unserem materiellen Gedächtnis die Informationen speichert oder aber sie im Augenblick des irdischen Ablebens übernimmt, und dass nach diesem Ableben eine weitere Informationsverarbeitung vielleicht in einer anders strukturierten Welt möglich ist. Wenn dabei die Eigenheiten der Persönlichkeitsstruktur weitgehend erhalten bleiben, müssen wir von einem persönlichen Überleben des irdischen, biologischen Todes reden, ganz gleich in welcher Art das Weiterleben und in welcher Umgebung es abläuft. Was hat nun die Parapsychologie zu diesen zunächst hypothetischen Überlegungen zu sagen? Trägt sie zur Klärung der aufgeworfenen Fragen bei, ob und in welcher Form ein persönliches, geistiges Überleben des irdischen, biologischen Todes stattfindet? Die paranormale Erscheinung, über die zunächst gesprochen werden soll, hat den Namen "Austritt des Astralleibes" erhalten. Dieses Phänomen tritt ja manchmal auf, wenn bei gesunden, kranken oder geschwächten Personen das normale Bewusstsein beispielsweise durch Gehirnerschütterung, Narkose, körperliche Erschöpfung oder Drosselung der Luftzufuhr (beim Ertrinken) ausgeschaltet wurde. Manchmal wird das Phänomen auch im Zustand des sog. klinischen Todes (vorübergehender Herzstillstand) oder auch im Schlaf beobachtet. Von wenigen Personen kann es sogar absichtlich herbeigeführt werden. Bei solchen Zuständen wird von den betroffenen Menschen beobachtet und berichtet, dass sich im Augenblick des Eintritts der körperlichen Bewusstlosigkeit aus dem materiellen, irdischen Körper ein gleichartig oder ähnlich gestalteter, manchmal auch nicht bestimmbarer Körper löst, der aus einer uns unbekannten, unsichtbaren und physikalisch bisher nicht nachweisbaren Substanz besteht. Dieser Körper wird gewöhnlich mit dem Wort "Astralleib" bezeichnet. Während

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