- 18 - Die Zahl der Patienten nahm ständig zu. Bald waren es täglich 300, viele mit unheilbaren Leiden, viele aus dem Ausland. Aber nicht alle wurden operiert. Die meisten bekamen ein Rezept. Wenn aber operative Eingriffe erforderlich waren, erfolgten sie in der Regel im Stehen, wobei der Patient sich mit dem Rücken an die Wand lehnte. Das blutbeschmierte Messer wurde hinterher an seiner Kleidung abgewischt, aber keineswegs desinfiziert. Kleinere Eingriffe dauerten nur wenige Sekunden. Infektionen wurden nie beobachtet. Geld nahm Arigó in keinem Fall an. Im Laufe der Jahre wurde Arigó auch mehrfach von Ärzten und Wissenschaftlern besucht. Sie wollten seine Behandlungsmethode und die Heilerfolge genauer unter die Lupe nehmen. Einer von ihnen war der nordamerikanische Arzt Dr. Henry Andrija K. Puharich. Er reiste mit mehreren Begleitern im August 1963 nach Congonhas, blieb dort mehrere Wochen und befragte während dieser Zeit etwa 100 Patienten. Um Arigós bzw. Dr. Fritz Behandlungsmethode am eigenen Leib zu erfahren, ließ er sich selbst operieren. Puharich hatte eine gutartige, aber lästige Fettgeschwulst (ein Lipom) an der Innenseite des rechten Ellenbogens. Er fragte Dr. Fritz, ob er sie entfernen möchte. Dieser stimmte zu und ließ sich für die Operation von einem Zuschauer ein Taschenmesser geben (6, S. 43). Damit machte er einen Einschnitt, zog in fünf Sekunden die Geschwulst mit den Fingern heraus und legte sie anschließend zusammen mit dem Taschenmesser dem verblüfften Dr. Puharich in die Hand. Die genaue Zeitdauer konnte später an Hand der gemachten Filmaufnahmen festgestellt werden. Das Messer, die Haut und die Wunde wurden nicht desinfiziert. Trotzdem stellte sich keine Entzündung ein. Der Arm war vorher nicht betäubt worden, dennoch verspürte Dr. Puharich keine Schmerzen, nur ein leichtes Prickeln. Die Wunde war nicht genäht worden, trotzdem konnte man sie nicht auseinanderziehen. Sie ist nicht nur gefilmt, sondern sowohl nach der Operation als auch zwei Tage später photographiert worden und in (6) abgebildet. Die Geschwulst, mit einer Länge von etwa 5 cm und einer Dicke von etwa 1,5 cm, konnte Puharich in einer Flasche mitnehmen. Die Schwellung an seinem Arm war verschwunden und kehrte auch nicht wieder. Fast alle brasilianischen Zeitungen berichteten mit großen Bildern über dieses Ereignis. Nach Dr. Puharich sind noch mehrfach ärztliche Untersucher bei Arigó gewesen und haben sorgfältig die medizinischen Vorgänge beobachtet, bestätigt und dokumentiert. Leider ist davon nichts in die deutschsprachige Literatur übergegangen. Der große Umfang der heilerischen Tätigkeit von Arigó und der Wirbel in der brasilianischen Presse führten bald dazu, daß die Justiz sich der Sache annahm. Eine wachsende Zahl von Ärzten begann, Arigó ernst zu nehmen. Viele verzweifelte Kranke sahen in ihm ihre letzte Hoffnung. Dem mußte ein Riegel vorgeschoben werden. Daher wurde Arigó am 1. August 1956 der unerlaubten Ausübung der Heilkunde angeklagt. Zu seiner Verteidigung wußte er nur vorzubringen, daß ja nicht er die Kranken behandele, sondern der Geist Dr. Fritz. Er beginne mit einem Vaterunser, und von da an wisse er nichts mehr (6, S. 135). Daran, daß er Rezepte schreibe und Patienten operiere, könne er sich nicht erinnern. Er sei dabei in einem Zustand, den er selbst nicht begreife. Da Arigó den Geist Dr. Fritz vor Gericht nicht als Zeugen erscheinen lassen konnte, wurden seine Angaben als Geständnis gewertet. Obwohl zahlreiche Zeugen, darunter auch mehrere Ärzte, für die Wirksamkeit der Arigóschen Behandlungsmethoden und ihre kostenlose Ableistung Zeugnis ablegten, verurteilte Richter Soares ihn am 26. März 1957 (6, S. 146) zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe von 5.000 Cruzeiros, zuzüglich Gerichtskosten. Das war ein Betrag, der fast so hoch war wie Arigós Jahresverdienst und sollte innerhalb von drei Tagen gezahlt werden. Die Gefängnisstrafe sollte am 1. April angetreten werden. Von der Berufungsinstanz wurde die Gefängnisstrafe auf acht Monate ermäßigt und der Strafantritt für ein Jahr ausgesetzt. Allerdings wurde ihm verboten, die Stadt zu verlassen und Kranke zu behandeln. Eine Weile hielt sich Arigó an dieses Verbot. Doch als seine Kopfschmerzen erneut stark in Erscheinung traten, begann er heimlich wieder Kranke zu empfangen und ihnen (durch Dr. Fritz natürlich) Rezepte zu schreiben. Die Polizei merkte das sehr schnell, doch sie schaute beiseite. Im Mai 1958 erfuhr der brasilianische Staatspräsident Juscilino Kubitschek von Arigós Verurteilung. Er war selbst Arzt, ein Chirurg, und hatte ihn drei Jahre zuvor bei einer Wahlkampfreise kennengelernt und ihm bei seiner "Arbeit" zugesehen. Kubitschek war sehr beeindruckt gewesen. Er ließ ihn sogar zur Behandlung seiner an Nierensteinen erkrankten Tochter nach Rio kommen (6, S. 126). Dr. Fritz heilte sie durch Verordnung eines handelsüblichen Medikamentes in kürzester Zeit. Der Präsident besuchte darauf Arigó mit seiner Frau noch mehrfach, und als ihm seine Verurteilung bekannt wurde,
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