- 19 - verfügte er sofort einen Gnadenerlaß. Dieser wurde dem zuständigen Staatsanwalt Alfonso Netto am 22. Mai 1958 zugestellt. Doch der hielt den Gnadenerlaß zurück und ließ Arigó in Ungewißheit. Erst am 6. August 1958, kurz vor Antritt der Gefängnisstrafe, wurde ihm die Begnadigung mitgeteilt. Sehr bald strömten die Patienten wieder nach Congonhas, im Mittel 1.500 pro Woche. Größere Operationen vollführte Arigó jedoch nur im Geheimen. 1961 war die Amtszeit des Staatspräsidenten Kubitschek abgelaufen. Damit hatte Arigó seinen Schutz an höchster Stelle verloren. Kirche und Ärzteschaft versuchten erneut, ein Gerichtsverfahren in Gang zu bringen. Aber es machte zunächst Schwierigkeiten, die erforderlichen Zeugen zu finden. Doch als im August 1963 Dr. Puharich von Arigó bzw. Dr. Fritz operiert wurde und das in fast allen brasilianischen Zeitungen zu lesen war, glaubte die Staatsanwaltschaft, endlich genügend Beweise gegen Arigó in der Hand zu haben. Im Oktober 1964 wurde er vom Staatsanwalt wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde und wegen Hexerei angeklagt. Letztere wurde darin gesehen, daß er Patienten seine Hände auflegte, sie segnete und in der Bibel las (6, S. 158). Am 20 November 1964 erfolgte die Gerichtsverhandlung. In ihr verurteilte Richter Barros Arigó wegen Hexerei (witchcraft) zu 16 Monaten Gefängnis bei sofortiger Vollstreckung. Arigó durfte nur noch nach Hause gehen, um sich von seinen sechs Kindern zu verabschieden. Doch als er dann an die Haustür ging, um sich von der Polizei abholen zu lassen, wartete er vergebens. Weder die Stadtpolizei noch die Landespolizei trauten sich durch die Menge, die sich vor Arigós Haus versammelt hatte. Als er längere Zeit gewartet hatte und die Polizei immer noch nicht kam, fuhr er selbst mit dem Auto zum Gefängnis. Bei einer kurze Zeit später sattfindenden Gefangenenrevolte beschwichtigte Arigó die Gefangenen und brachte sie dazu, ihre Verwüstungen wieder zu beseitigen. Zum Dank dafür erlaubte der Gefängnisdirektor Arigó, das Gefängnis jederzeit vorübergehend zu verlassen, was dieser für Krankenbesuche auch ausnutzte. Außerdem empfing er mehrfach Reporter und andere Besucher und begann sogar im Gefängnis Kranke zu behandeln. Im März 1965 schrieb Dr. Puharich ein ausführliches Gesuch an den vorgesetzten Gerichtspräsidenten von Congonhas do Campo und Lafaiete, den Richter Filippe Immesi. Er würdigte die verdienstvolle und selbstlose Heiltätigkeit Arigós, betonte, daß Brasilien stolz sein sollte, einen solchen Mann zu besitzen, und bat um Begnadigung. Richter Immesi war ein gerechter und vorurteilsloser Mann. Er vertiefte sich in die Akten und erkannte, daß hier ein außergewöhnlicher Fall vorlag. Zunächst verfügte er am 24. Juni 1965 eine vorläufige Strafaussetzung. Arigó nahm darauf seine Heiltätigkeit sofort wieder auf. Richter Immesi beschloß, sich das einmal selbst anzusehen. Zusammen mit einem Staatsanwalt besuchte er Arigó in seiner "Klinik" bei der Arbeit. Dieser merkte, daß es sich um Justizbeamte handelte, wußte aber nicht genau, wer sie waren. Die nächste Patientin, die gerade an der Reihe war, hatte grauen Star auf beiden Augen und war dadurch fast blind. Arigó (Dr. Fritz) forderte Immesi auf, den Kopf der Patientin zu halten. Der Richter gehorchte furchtsam und mit ungutem Gefühl. Das Weitere beschrieb er mit folgenden Worten (6, S. 179): "Ich sah, wie er eine Nagelschere ergriff. Er wischte sie an seinem Sporthemd ab, setzte sonst aber keinerlei Desinfektion ein. Dann sah ich, wie er direkt in die Hornhaut des Auges der Patientin einschnitt. Sie machte keinerlei Ausweichbewegung, obwohl sie bei vollem Bewußtsein war. Innerhalb von Sekunden war der Katarakt (die getrübte Augenlinse) entfernt. Der Staatsanwalt und ich waren verblüfft und sprachlos. Dann sprach Arigó ein Gebet, wobei er ein Stück Mull in der Hand hielt. Plötzlich erschienen auf dem Mull einige Flüssigkeitstropfen. Mit denen wischte er das Auge der Patientin ab. Wir sahen das alles aus nächster Entfernung. Die Patientin war geheilt." Nach der Operation lächelte Arigó Richter Immesi an und sagte: "Verstehen sie bitte, das bin nicht ich, der dies tut, sondern Dr. Fritz." Leider wird nicht berichtet, was mit dem zweiten Auge der Patientin geschah, ob es z. B. gleich zusammen mit dem ersten behandelt wurde oder ob es unbehandelt blieb.
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