- 64 - dische Zeit, die auf den Bewegungen von Weltkörpern beruht, in einer anderen Welt sozusagen fortgewischt sein; wie kann es ein zeitloses Dasein geben? Über diese Denkschwierigkeiten kam ich nicht hinweg. Es ist dies ja auch der Haupteinwand der Wissenschaft gegen die spiritistische Erkenntnis. Sie sagt: Es gibt nur eine Schöpfung, die in Raum und Zeit entstandene, die zu erforschen und zu erklären die Aufgabe der Naturwissenschaft ist. Jetzt nun sehe ich, wo der Fehler dieser Anschauung steckt. Man denkt in irdischen Raum- und Zeitbegriffen, wie es ja auch nicht anders möglich ist. Hier ist Raum aber nicht irdischer, d. h. abgegrenzter Kubikinhalt. Man stößt hier nicht mit dem Kopf an Mauern, durch die man nicht hindurch kann. Trotzdem liegt die Welt in wunderbarer Schönheit und reizvollster Lieblichkeit vor uns. Aber wir merken sofort, daß es eine gänzlich andere Welt ist, die mit der irdischen niemals kollidieren kann. Wir sind in dieser Welt die Gebietenden, d. h. sie legt unserem Willen keine Zügel an. Innerhalb der uns bestimmten Ordnungen sind wir frei wie der Vogel in der Luft, können ohne Zeitverlust da sein, wo wir sein wollen. Ebenso ist es mit der Zeit. Es gibt auch bei uns morgen und gestern, aber das Vergänglichkeitsgefühl ist völlig geschwunden. Es gibt also kein Trauern um verlorenes Glück, um nie wiederkehrende glückliche Stunden und Erlebnisse. Unser ganzes Leben ist sozusagen ein fortwährendes glückliches Erleben. Zeitloses Dasein ist Gottes Wesen. Er hält es auch für seine Kinder bereit als größte Überraschung, die auf sie wartet. Nun noch ein paar Einzelheiten aus meinem augenblicklichen Erleben. Mein jetziger Leib entspricht genau dem irdischen, der sich in seine chemischen Bestandteile auflöst. Die Ähnlichkeit ist aber lediglich eine Formale. Sie bezieht sich zunächst auf das Erscheinungsbild. Sie werden mich sofort wiedererkennen, wenn Sie auch hierher-kommen. Auch charakterlich ändert sich nichts. Also, das, was die Persönlichkeit des Menschen ausmacht, wird vom Sterben nicht berührt. Der Vergleich des irdischen Körpers mit einem Kleid, das ausgezogen wird, ist gut und richtig. Nun kommt das Neue. Der geistige Leib, der die Züge des abgelegten materiellen Leibes trägt, hat völlig andere Existenznotwendigkeiten. Er ist, wenn der Gottesgedanke, der ihm zugrunde liegt, Verwirklichung findet, das Vollkommenste und Schönste, was denkbar ist. Dieser Gottesgedanke ist der Gedanke der Liebe und damit der inneren Gemeinschaft mit Gott." Die Durchgabe von Dr. Schwarz bricht hier unvermittelt ab. Sicherlich hätte er sie gerne fortgesetzt. Aber die Lebenszeit von Pfarrer Landmann war ebenfalls abgelaufen. Noch am Vorabend seines Todestages, eine Woche nach obiger Niederschrift, versuchte Schwarz sich Landmann wiederum mitzuteilen. Aber infolge der bereits eingetretenen Schwäche war das Medium nicht mehr fähig, die Botschaft niederzuschreiben. So sind uns weitere aufschlußreiche Berichte leider verborgen geblieben. Wer diese und andere, in der Darstellung verwandte, Jenseitsschilderungen liest, kann möglicherweise zu der Auffassung gelangen, daß hier lediglich menschliche Wunschvorstellungen hervorgebracht wurden. Der Skeptiker wird einwenden, daß nur das Unterbewußtsein der Medien seiner Phantasie freien Lauf gelassen hat. Der Wunsch nach Fortleben habe die irdischen Verhältnisse etwas idealisiert und dann einfach in ein Jenseits hinein übertragen. Nun wurde aber im 19. Jahrhundert der größte Teil und heute noch ein großer Teil der Bevölkerung religiös erzogen, was im europäischen Kulturbereich christliche Erziehung bedeutet. Die christlichen Kirchen und Sekten lehren aber das hier vorgestellte Jenseitsbild in keiner Weise. Viele evangelische Theologen und auch einige Sektengründer hängen sogar der sogenannten "Ganztod-Theorie" an. Das ist die Auffassung von der vollständigen Vernichtung der menschlichen Existenz im irdischen Tod durch Gott. Am fernen Tag des "Jüngsten Gerichtes" soll dann eine Neuschöpfung erfolgen, und zwar auf dieser Erde in irdischer Materie. Anschließend wird ein Teil der Neuerschaffenen, deren irdische Vorgänger ein schlechtes Vorleben hatten, dem ewigen Höllenfeuer überantwortet. Die jedoch, deren Vorgänger gute waren, werden in den Himmel kommen. Andere Theologen und Kirchen dagegen lehren eine ewige Verbannung in das Feuer der Hölle oder eine zeitweilige Läuterung (im Fegefeuer) unmittelbar nach dem Tode oder den sofortigen Aufstieg in den Himmel bei einem Leben in ewiger Glückseligkeit im Angesicht Gottes. Wenn wirklich nur das Unterbewußtsein der Medien am Werke wäre, müßten doch auch derartige Vorstellungen zutage treten. Das ist aber nie der Fall. Zu diesem Widerspruch äußert sich der bedeutende britische Zoologe Prof. Alfred Russel Wallace (1823 - 1913) mit folgenden Worten (zitiert nach 13, Bd. III, S. 347):
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