Leben nach dem irdischen Tod

- 80 - Jahre alt, schrecklich zu leiden hätten. Sie gab an, daß sie in einer elenden Wohnung, in einer Sackgasse in Albany, im Staate New York, gestorben sei und daß von den Behörden das eine der Kinder an eine Familie in der Stadt Albany, das andere aber an einen Farmer in der Nähe der Stadt in Pflege gegeben worden sei. Das eine Kind werde zum Betteln angehalten und müsse fast verhungern, das andere aber werden tyrannisch behandelt und wegen der geringsten Kleinigkeit grausam geschlagen. Die Frau gab Daten und Wohnungen ganz genau an, und unter herzzerreißendem Wehklagen ersuchte sie den Vorsitzenden, an einen gewissen Dr. Andrews in Albany zu schreiben, der sie in den letzten Wochen ihrer Krankheit behandelt habe und sehr menschenfreundlich sei, um ihn zu bitten, sich der Kinder anzunehmen. Diesem Wunsche gemäß wurde am Sonnabend ein Brief, alle Einzelheiten enthaltend, an Dr. Andrews, dessen Adresse vom Geiste angegeben war, gesandt. In der Sitzung am Dienstagnachmittag manifestierte sich die Irländerin wieder, ganz glücklich, und teilte mit, daß sie sich jetzt ruhig und glücklich fühle, da der Doktor ihrem Wunsche nachgekommen sei und ihre Kinder aus den Händen ihrer Peiniger befreit hätte. Sie wußte gar nicht, wie sie ihren Dank für die bereitwillige Hilfe aussprechen sollte und flehte die Gnade des Himmels an, die Vermittler zu segnen. Am Donnerstag kam ein Brief von Dr. Andrews an, in welchem dieser mitteilte, daß er, so sonderbar ihm auch die Sache vorgekommen sei (er war damals kein Spiritualist), sich doch sofort mit Hilfe der Polizei auf die Suche begeben habe, da die Tatsachen richtig angegeben gewesen wären. Er habe auch die Kinder gefunden, und es seien alle Angaben der verstorbenen Mutter richtig gewesen. Für die Kinder habe er gesorgt, bitte aber um Aufklärung, wie der Redakteur des Banner alle diese Einzelheiten, die sich doch alle als wahr herausgestellt hätten, habe in Erfahrung bringen können. Man teilte dem Doktor nun alle Einzelheiten mit und forderte ihn auf, sich mit dem Spiritualismus zu beschäftigen, die Tatsachen zu untersuchen und die Philosophie desselben zu studieren. Diese Tatsachen wurden natürlich im 'Banner of Light' veröffentlicht; Dr. Andrews aber beschrieb noch in dem 'Albany Argus' die ganzen Vorgänge genau und sagte am Schluß seiner Abhandlung, daß er nach solchen Tatsachen nicht länger daran zweifeln könne, daß wirklich Geister der Verstorbenen sich mitteilen und ihre Wünsche kundgeben könnten. Er war von da an ein überzeugter Spiritualist. Und Dr. Andrews hatte recht. Wer nach solchen Tatsachen nicht von der Wirklichkeit einer persönlichen Fortdauer nach dem Tode und der Interkommunikation beider Daseinsstufen überzeugt wird, der wird nie ein Spiritualist werden. Man bedenke, daß von Boston nach Albany es zur damaligen Zeit 14 bis 15 Stunden auf der Eisenbahn zu fahren war, und daß also ein Brief, der von Boston am Sonnabend abgeschickt wurde, erst am Sonntag in die Hände des Doktors kommen konnte. Nach eigener Angabe des Doktors machte es viel Mühe, die Wohnung der Leute aufzufinden, die das eine Kind übernommen hatten, und da dasselbe außer dem Hause war, so konnte er es erst Montagabend zu sich nehmen. Am Dienstag früh fuhr er auf die Farm und holte sich das andere Kind, und nachmittags schrieb er den Brief, welcher am Donnerstag in die Hände des Redakteurs Luther Colby gelangte. Wenn also die ganze Geschichte nicht vorher zwischen Herrn Colby und Dr. Andrews abgekartet war, um Humbug zu treiben (was schon dadurch widerlegt wird, daß der Doktor kein Spiritualist war), so bleibt keine andere Erklärung übrig, als die, daß wirklich der Geist der Irländerin sich in Boston durch das Medium manifestierte. Wenn man im Stande wäre, mit einem Schwamme alle bisher bekannten Facta des Spiritualismus aus dem Gedächtnis der Menschen zu verwischen, so könnte man aus der oben geschilderten Manifestation ganz allein das Gebäude des Spiritualismus wieder aufrichten." Welche Folgerungen lassen sich aus den vorgetragenen Berichten ziehen, wenn man sie als Tatsachen und nicht als Erfindung ansieht? - Die menschliche Persönlichkeit besteht offenbar über den Tod hinaus weiter. Für sie fängt mit Beendigung des irdischen Lebens ein neuer Lebensabschnitt an in einer anders aufgebauten und für uns jetzt nicht zugänglichen Welt. Es beginnt eine neue Entwicklungsstufe, ein neuer Ausbildungsabschnitt. Der Hinübergegangene wirft damit aber nicht sofort alle Empfindungen für sein bisheriges Leben und seine zurückgelassenen Verwandten ab. Er spürt in gewissem Maße ihre Gedanken, empfindet ihre Trauer und fühlt sich, wenn diese übermäßig ist, niedergedrückt und zur Erde zurückgezogen. Wie sollen sich nun Trauernde beim Tode naher Angehöriger verhalten?

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