Nachtodliche Schicksale

- 222 - finden. Alle Leute ringsumher schauten gen Himmel, und das Angstgefühl stieg immer höher. Dieses Getöse kam vom Weilerts her, zog ungefähr über Fränkisch-Crumbach und verlor sich gegen Böllstein (1 km östlich vom Schnellerts) hin. Würden wir dieses Ereignis während der Kriegszeit noch einmal hören, so würden wir zweifellos behaupten, es wäre der Rodensteiner Ritter gewesen. - G. Br..." Der zweite Bericht (41, S.60) lautet: "Am 05. August 1914, nachmittags 4-6 Uhr, hatte ich folgendes Erlebnis: Ich befand mich auf der Hauptstraße in Nieder-Kainsbach am Ortsausgang nach Stierbach (Ortschaft 750 m südlich von Nieder-Kainsbach und 750 m nordwestlich des Schnellerts). Das Wetter war schön und der Himmel schwach bewölkt. Plötzlich hörte ich in südlicher Richtung über dem 'Haalfeld' (Gemarkungsteil vor dem Buschwald, südlich des Dorfes) ein starkes Rauschen, das nur in dieser Richtung zu hören war. Ganz schnell hatten sich einige Leute angesammelt, und alles blickte erstaunt nach dem Himmel. Nach ungefähr 20 Minuten wurde das Geräusch schwächer und verschwand wieder. Wir alle glaubten, daß dieses Rauschen durch den Umzug des Schnellertsherrn verursacht worden sei. Hundegebell, Peitschengeknall und ähnliches hörte ich nicht. Das Rauschen ähnelte dumpfem Wagengerassel oder dem Surren eines Zeppelin-Luftschiffes oder auch dem Motorengeräusch einiger Lastautos. Ich suchte sofort auf der Straße nach Ober-Kainsbach und dann auf der Straße Brensbach-Gersprenz nach Lastwagen, fand aber keine. Leute, die ich fragte, hatten solche auch nicht gesehen. Ebenso sah auch niemand ein Luftschiff, noch schrieb eine Zeitung davon in den folgenden Tagen. Ausdrücklich möchte ich erwähnen, daß wir uns nicht versammelt hatten, um den Rodensteiner zu hören. Auch hatten wir nicht unmittelbar vorher davon gesprochen. Ein Geräusch dieser Art habe ich weder vorher noch später in dieser Gegend meiner Heimat gehört. Mir schien, als ob es sich in westlicher Richtung (also zum Rodenstein hin) veränderte. Wenn auch einige Jahre verflossen sind, so konnte ich Ihnen doch einen eingehenden Bericht geben, denn der Vorgang machte auf mich tiefen Eindruck und steht mir noch in genauer Erinnerung. Da ich damals vermutete, daß in der Zeitung über den Vorgang geschrieben würde, habe ich sofort nach eventuell zu vermutenden Lastautos und Luftschiffen Ausschau gehalten, um gegebenenfalls mit sicheren Angaben in den Meinungsstreit eingreifen zu können. Ich versichere, den oben geschilderten Vorgang selbst gehört zu haben. Diplom-Handelslehrer Georg Giegerich." Aus diesen und anderen zahlreichen Berichten, die ich hier aus Platzgründen nicht anführe, geht hervor, daß die Beobachter eindrucksvolle Geräusche aus der Luft wahrnahmen, die sie zunächst mit aufziehendem Unwetter, Motorengeräuschen oder ähnlichem verglichen, dann aber doch zu dem Ergebnis kamen, daß es etwas ganz anderes war, was sie vorher und auch später nie wieder gehört haben. Manche sprachen von gewaltigem Rauschen und andauerndem Sausen bei wolkenfreiem Himmel am hellichten Tag (41, S. 61). Was es nun genau war, konnten sie nicht entscheiden. Die Geräusche hörte auch nicht jeweils nur ein einzelner, sondern auch die umstehenden Menschen. Es waren also nicht etwa nur subjektive Gehörshalluzinationen, sondern wirkliche physikalische Naturerscheinungen unbekannter Ursache. Bei entsprechender Voreinstellung kann man natürlich Wagengerassel, Waffengeklirr, Pferdegetrappel und Hundegebell in die Geräusche hineinhören, wie das die Menschen im 18ten Jahrhundert auch getan haben. Auffallend ist, daß bei den hier vorgetragenen und anderen Berichten aus dem Zweiten Weltkrieg keine Luftbewegungen (Sturm) wahrgenommen wurden. Das war aber nicht in allen Fällen so, wie ich später vortragen werde. II. Eigene Untersuchungen Kommen wir jetzt zu den Berichten, die ich selbst in Erfahrung bringen konnte. Nach entsprechender Vorbereitung fuhr ich im August 1984 nach Ober-Kainsbach und mietete mich in dem alten Haalhof ein. Hier war neben dem alten Bauernhaus mit der berühmten Haalscheuer talabwärts ein modernes Wohnhaus gebaut worden (auf dem Bild auf Seite 219 am rechten Rand noch etwas zu sehen), das von

RkJQdWJsaXNoZXIy MjI1MzY3