Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Paranormale Heilmethoden auf den Philippinen (11)


   

Doch nun zu dem eigentlichen Film "Das Geschäft mit dem Wunder", der am 31. Oktober 1982 zuerst vom ZDF ausgesendet wurde. Aus Gründen, die schon Dr. Bretzler in seinem Leserbrief an den "Spiegel" anführte, konnte Ditfurth in seinem Film lediglich zwei selbst gefilmte blutige Behandlungen an einem einzigen Patienten, der Walter Lüdcke genannt wird, vorführen. Alles andere waren Milieuschilderungen, bissige Kommentare, varietémäßige Zaubervorführungen von Christian Stelzel (Magic Christian, der auch im ORF auftrat) und Fremdmaterial, ein Teil davon durch Raubkopierung rechtswidrig beschafft und vorgeführt.

Bei der ersten Behandlung an Walter Lüdcke wird ein blutiger Eingriff wegen hartnäckigen Ohrensausens hinter dem linken Ohr gezeigt. Ditfurth behauptet, daß die schwach bräunliche Flüssigkeit, die nach einiger Zeit stark mit Wasser vermischt am Hals des Patienten entlang läuft, ein künstlicher Farbstoff sei, der durch Zusammenfügen zweier verschieden präparierter Wattebäusche entstanden sei. Das ist eine reine Vermutung ohne jeden Beweis. Bei Ditfurth, der dies als Experiment mit zwei Wattebäuschen vormacht, sieht es ganz anders aus. Sofort entsteht beim Zusammenfügen eine intensiv rot gefärbte Flüssigkeit und nicht wie bei dem Patienten erst nach zehn Sekunden eine schwach bräunliche Flüssigkeit.

Bei dem zweiten Eingriff an Walter Lüdcke, der von dem Heiler Romy Bugarin in der Leistengegend vorgenommen wird (weil an dem Patienten in Deutschland Prostata-Krebs festgestellt ist) wird nach einigen Manipulationen ein etwa daumengroßes Gewebestück hervorgezogen. Ditfurth behauptet, daß der Heiler dieses Gewebe unter einem um den Behandlungsbereich gelegten Handtuch verborgen gehabt und im entscheidenden Augenblick hervorgezogen habe. Er gibt diesen Augenblick und die dazugehörigen Fingerbewegungen auch ganz genau an, doch ich kann zu diesem Zeitpunkt nichts entdecken, was Ditfurths Behauptung rechtfertigen könnte. Das Gewebestück hat Ditfurth sofort, ohne zu fragen, an sich gerissen, im Film deutlich zu sehen. Der Heiler verlangte es energisch zurück. Darauf Ditfurth wörtlich:

"Ja warum denn? Ich hätte es gern als Amulett oder als Erinnerung."

Das war die krasse Unwahrheit, denn in Wirklichkeit wollte er das Gewebestück untersuchen lassen. Der Heiler wußte das natürlich und verlangte es erneut zurück. Widerwillig gab es ihm Ditfurth und sagte dazu wörtlich:

"Daß ich beim Zurückgeben ein kleines Gewebestückchen doch wieder aus der Schale genommen habe, das hat er glücklicherweise übersehen."

Er hat es also geklaut, wegstibitzt, wie er es etwas später selbst nennt. Das Gewebe ließ Ditfurth in Manila im National Bureau of Investigation untersuchen. Ergebnis:

Lymphdrüsengewebe, doch nicht erkennbar ob tierisch oder menschlich, aber menschliches Blut der Blutgruppe 0.

Ditfurth sagt selbst, daß das Gewebe zum Operationsgebiet passen würde, aber da der Patient die Blutgruppe A habe, sei der Schwindel doch erwiesen. Ich erläuterte bereits in Kapitel 9, wie vorsichtig man bei den Ergebnissen von Blutuntersuchungen sein muß und daß sich außerdem mit dem Blut während des Eingriffs etwas Besonderes ereignen kann. Aber das sind für Ditfurth keine ernstzunehmenden Hypothesen. Keinen Gedanken verschwendet er auch daran, woher der Heiler überhaupt Lymphdrüsengewebe bezogen haben könnte. Das kann man doch nicht beim Metzger kaufen. Viel Zeit und Mühe verwendete Ditfurth für seine Erklärung der vermeintlichen Tricks. Dazu sagt Ditfurth wörtlich:

"Wenn man irgendwelche Tricks aufklären will, muß man sich dazu am besten eines Experten bedienen. Und da wird oft ein seltsamer Denkfehler gemacht. Da schicken die Leute dann irgendwelche Naturwissenschaftler, Mathematiker oder Physiker. Erfahrungsgemäß fallen die auf sogenannte paranormale Demonstrationen besonders leicht herein. Nein, Zauberkünstler muß man schicken. Die wissen, wie man so was macht."

Aber schon bei der ersten Trickdemonstration durch Magic Christian kann ich nur lachen. In einem sehr großen Wattebausch, viel größer als ich ihn bei Heilern jemals gesehen habe, zerdrückt der Zauberkünstler unter laut hörbarem Knirschen eine Glasampulle, aus der dann rote Flüssigkeit herausläuft. Die sich rot färbende Watte wird anschließend zusammengedrückt und als "Gewebeteil" präsentiert. Ditfurth bezeichnet ihn als "Gallenstein" und spricht von einem "erheblichen Eingriff". Mit derartig primitiven "Kunststücken" würden sich die Patienten bei den Heilern nicht lange hinter das Licht führen lassen. Das Knirschen der "Blutampullen" wäre auch dort nicht zu überhören. Auf ähnlichem Niveau liefen auch die anderen großsprecherisch vorgeführten Trickdemonstrationen ab. Keinerlei Ähnlichkeit mit den wirklichen Vorgängen, niemals z. B. das Vorführen der schnellen Koagulation (-32-) des Blutes, wie man es bei Heilern meistens sieht.

Einen besonders für mich ärgerlichen Einschlag bekam der Film "Das Geschäft mit dem Wunder" dadurch, daß in ihm ohne mein Wissen und meine Einwilligung Teile des ersten meiner Filme verwendet wurden. Das ist nach dem Urheberrechtsgesetz eine strafbare Handlung und wird mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu einem Jahr bedroht. Es hat Ditfurth aber nicht weiter abgeschreckt, da er sicher davon ausging, eine möglicherweise zu bezahlende Geldstrafe unter den Herstellungskosten verbuchen zu können. Er führt meinen Film als Werbefilm ein (was er gar nicht ist und nicht sein soll), mit meinem vollen Namen und Titelvorspann und läßt mich mit eigener Stimme zu den Bildern einer Gebetsbehandlung einige Sätze zum Wesen der Geistigen Heilung und der paranormalen Chirurgie sagen. Dies kommentiert er dann wiederum mit folgenden Worten:

"Das sind natürlich Verheißungen, die auf chronisch Kranke oder auf von ihren Ärzten für unheilbar erklärte Menschen eine magnetische, oft unwiderstehliche Anziehungskraft ausüben" (ich verheiße in dem Film überhaupt nichts und mache ausdrücklich auch auf die vielen Mißerfolge aufmerksam). Und so kommen sie denn aus aller Herren Länder. Die Patienten selbst oder ihre Angehörigen haben oft ihre letzte Habe geopfert, um von dieser, wie sie glauben, allerletzten Hoffnung noch Gebrauch machen zu können." -

Ich kenne keinen Patienten, der für eine Heilbehandlung auf den Philippinen seine letzte Habe geopfert hat. - An weiteren Teilen aus meinem Film hat sich Ditfurth für seine Sendung nicht etwa die besonders eindrucksvollen Szenen ausgesucht, die seine Tricktheorie sofort schlagend widerlegen würden, sondern nur Randszenen, die er in seinem Sinne ausdeuten zu können glaubt und die er mit seinem eigenen, verfälschenden Kommentar versieht. Die gesamte Tendenz von Ditfurths Film läuft auf folgendes hinaus: Alle Heiler bereichern sich schamlos durch Trick und Schwindel an ihren gutgläubigen und vertrauensvollen Patienten. Die Raubkopierung und Urheberrechtsverletzung durch Prof. v. Ditfurth habe ich nicht einfach auf sich beruhen lassen. Zunächst habe ich mich an das Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen mit dem Vorwurf gewandt, daß sie unberechtigt meine Filme zu kommerziellen Zwecken ausgeliehen hätten. Nach unserem Vertrag ist das nur für nichtgewerbliche Zwecke zulässig. Das führte dann zu nachfolgendem Brief des Göttinger Instituts an das ZDF:

 

 

Ich selbst schrieb Anfang November 1982 je einen Brief an den Intendanten des ZDF Prof. Dieter Stolte und an den damaligen Vorsitzenden des Fernsehrates Oberbürgermeister Jockel Fuchs, einen SPD-Parteipolitiker. Diese Briefe enthielten schwere Vorwürfe wegen der Urheberrechtsverletzung und der pauschalen Diffamierung der philippinischen Heiler.

An den Vorsitzenden des Fernsehrates schrieb ich u. a.:

"Meine schon Wochen vor der Querschnittsendung beim Intendanten des ZDF beantragte Möglichkeit zur Gegendarstellung wurde nicht gewährt. Auch die Gesuche zahlreicher Fernsehzuschauer bewogen das ZDF nicht zur Genehmigung einer Gegendarstellung. Was sind das nur für Menschen! Hier wurden unbescholtene Bürger eines fernen Landes mit getricksten und fingierten 'Beweisen' in aller Öffentlichkeit abgeurteilt und moralisch hingerichtet. Vor jedem Gericht eines halbwegs zivilisierten Landes kann ein Angeklagter einen Verteidiger und Entlastungszeugen hinzuziehen. Bei uns in Deutschland aber exekutiert das Fernsehen die Beschuldigten nach fadenscheinigster Beweisführung ohne jede Möglichkeit der Verteidigung und wendet dabei selbst die Methoden an (nämlich Trick und Schwindel), die es den Angeklagten unterstellt. Das ist in meinen Augen ein Vorgehen, das an Verwerflichkeit und Niederträchtigkeit kaum zu überbieten ist."

Der Vorsitzende des Fernsehrates, Oberbürgermeister Jockel Fuchs, dagegen meine Anschuldigungen energisch zurückgewiesen. Außerdem, so schrieb er, sei das ZDF zur Verwendung der Ausschnitte meines Filmes auf Grund eines Urteils des Landgerichts Berlin vom 26.05.1977 berechtigt gewesen.

Ich habe sofort in Berlin angerufen und mit dem Richter gesprochen, der seinerzeit das Urteil ausgefertigt hatte. Er erinnerte sich sofort an den Fall und sagte mir, daß es gar nicht die Verwendung eines fremden Filmes betroffen habe, sondern daß es nur darum gegangen sei, daß das ZDF ein in der Zeitschrift "Spiegel" abgebildetes Photo gezeigt habe. Das aber hätte das Gericht als zulässig angesehen.

In einem weiteren Brief vom 10.01.1983 habe ich den Oberbürgermeister Jockel Fuchs auf den wirklichen Sachverhalt hingewiesen und meinen Brief mit folgenden Sätzen geschlossen:

"Zur gesamten Tendenz des beanstandeten Querschnittfilmes noch folgende Anmerkungen: In der Politik ist es eine besonders verwerfliche aber beliebte Methode, um einen unbequemen Gegner moralisch zu vernichten, ihm sexuelle Verfehlungen anzudichten. Zuletzt machte von dieser Methode der polnische Staat in bezug auf Lech Walesa Gebrauch. Aber auch das ZDF hat durch den Mund von Prof. v. Ditfurth dieses Verfahren verwendet, indem es behauptete, daß der Heiler June Labo in der einen Hälfte seines Hauses ein Bordell betreibe. Auf meine Bitte hin hat der Direktor des Goethe-Instituts in Manila, Dr. G. Bretzler, die Angelegenheit an Ort und Stelle nachgeprüft. Er fand, daß die Behauptung des ZDF frei erfunden ist. Den tatsächlichen Sachverhalt können Sie den Anlagen 2 und 3 entnehmen.

Weiter behauptet Prof. v. Ditfurth, daß der Heiler June Labo monatlich mindestens 1 Mio. DM steuerfrei verdiene. Wenn man einmal folgende viel zu hoch gegriffenen Zahlen zu Grunde legt: 15 Patienten je Stunde, 8 Stunden Heilung je Tag, 24 Tage Heilung im Monat um im Mittel 100,- DM Honorar je Behandlung, so ergibt das bei mir nur 288 000,- DM. Aber wer von den Fernsehzuschauern rechnet derartige Zahlen schon nach? Und die Behauptung "steuerfrei" ist doch auch nur frei erfunden. Auch der philippinische Staat braucht Geld und läßt das Einkommen von Sektenangehörigen nicht unversteuert. Wie übrigens die 'ausgebeuteten' Patienten über die Berichterstattung des ZDF denken, können Sie den Anlagen 3 und 4 entnehmen. Eines habe ich aus der Sendung "Querschnitt" und Ihrem Schreiben vom 2.12.1982 gelernt: Verleumdung und Rechtsbruch waren die Mittel des ZDF, um aus ideologischen Gründen einen materialistischen Aberglauben zu stützen. Nichts fürchten Sie daher mehr, als eine Gegendarstellung, welche die Haltlosigkeit Ihrer Behauptungen erweisen würde. Welch ein Abgrund tut sich da auf!"

Und wie ist die Angelegenheit ausgegangen?

Ich habe Strafanzeige wegen Urheberrechtsverletzung erstattet. Nach längerem Instanzen- und Beschwerdeweg wurde von der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz die Erhebung der öffentlichen Anklage mangels öffentlichen Interesses abgelehnt, weil der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört sei und eine Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit sei. Damals war eine Urheberrechtsverletzung noch kein Offizialdelikt. Inzwischen ist das, wegen der Überhandnahme derartiger Vergehen, durch eine Gesetzesänderung anders geworden. Heute muß eine Raubkopierung von Amts wegen verfolgt werden.

 

Wenn damals das ZDF nach außen hin ganz hart die Linie von Prof. v. Ditfurth vertreten hat, so scheint es hinter den Kulissen doch gewisse Unstimmigkeiten gegeben zu haben. Jedenfalls schied Ende 1983 Ditfurth als Gestalter der Sendung "Querschnitt" beim ZDF aus.

Die Hauptredaktion Kultur vollzog nun eine völlige Schwenkung.

Zwar wurden die philippinischen Heiler niemals rehabilitiert, und auch mir gegenüber hat man niemals versucht, die Angelegenheit in Ordnung zu bringen, doch wurden in der Folgezeit (28.08.1985; 01.09.1985; 14.11 1985) einige gute und sachliche Sendungen über Geistige Heilung in Europa und in Brasilien ausgestrahlt. Am 09.01.1986 erfolgte sogar eine Sendung über Reinkarnation mit anschließender Diskussion unter Leitung des zuständigen Hauptabteilungsleiters. Bei diesem muß in den letzen Jahren irgendein Ereignis eine innere Wandlung vollbracht haben.

Prof. v. Ditfurth dagegen äußerte sich auch weiterhin in der alten Weise. So betonte er am 26 Oktober 1985 bei einem Fernsehgespräch mit Dagobert Lindlau im bayerischen Fernsehen, er sei vier Wochen lang von einem Heiler zum anderen gewandert und damit von einer Enttäuschung in die andere. Es war schlichter, plumper Betrug. Unter den vielen Patienten müßte es doch Tausende geben, die geheilt worden sind. Er habe nicht einen gefunden.

"Wo sind sie denn geblieben? Ich will ihnen sagen, wo sie geblieben sind. Ich bin einzelnen Fällen nachgegangen. Auf dem Friedhof sind sie geblieben."

Zu diesen Äußerungen von Prof. v. Ditfurth ist zu sagen, daß Zeugen von den Philippinen nur von wenigen Tagen wirklicher Suche nach Heilern berichten und weiterhin, daß es ihm gerade darauf ankam, den Schwindel zu "beweisen" und nicht etwa das Gegenteil.

Weiter soll es auch bei normalen Ärzten vorkommen, daß gelegentlich ihre Patienten sterben. Ebenso haben die philippinischen Heiler kein sicheres Mittel gegen den Tod und können auch keine Wunder vollbringen, wie die anspruchsvollen Europäer das von ihnen erwarten. Aber daß sie keinerlei Erfolge haben, ist eine Falschbehauptung. Selbst Ditfurth zeigt in seinem Film "Das Geschäft mit dem Wunder" mehrere Patienten, die sich auf seine Frage als stark gebessert oder geheilt erklären. In der Literatur (7; 9; 10; 11; 13; 21; 22; 23) sind weitere beeindruckende Fälle nachzulesen.

Bei einer Vortrags- und Filmveranstaltung über philippinische Heiler am 26. und 27. Oktober 1985 im Staatlichen Museum für Völkerkunde in München wurden in der Abschlußdiskussion die etwa 150 anwesenden Zuhörer gefragt, wer von ihnen schon einmal von einem philippinischen Heiler behandelt worden sei. Es meldeten sich 18 Personen, von denen sich 15 als stark gebessert oder geheilt bezeichneten und nur drei (darunter auch ich) ihren Zustand als unverändert angaben. Das ist sicher kein repräsentatives Ergebnis, aus dem man schließen könnte, daß der Heilerfolg auf den Philippinen etwa 15/18 = 83% betrüge. Die enttäuschten Patienten kommen nämlich nicht zu einem derartigen Vortrag und fallen daher bei der Befragung aus. Es zeigt aber, daß es sehr wohl mehr als null Patienten gibt, die auf den Philippinen Heilung erfuhren. Daß sie sich auf die Zeitungsanzeigen des Prof. v. Ditfurth nicht melden, liegt daran, daß sie ihn als harten, unsachlichen und für das allgemeine Empfinden unehrlichen Gegner der philippinischen Heiler kennengelernt haben. Ihm wollen sie sich nicht auf Gnade und Ungnade ausliefern.

Wer auf Grund dieser Ausführungen in seinem Urteil über die philippinischen Heiler noch schwankend ist, sollte unbedingt die Veröffentlichungen von Dr. Naegeli (11), Rudolf Passian (13) und Prof. Dr. Stelter (22; 23) lesen. Diese Autoren haben sich über Jahre hinweg mit dem Problem der Heilung auf vielen Reisen in die Philippinen befaßt und nicht wie die Gegner nur mal ein paar Tage.



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