Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Der Einfluss der Trauer auf Verstorbene (5)


   

20. Der verstorbene Ehemann spürt den Schmerz seiner Frau

Am 19. Mai und am 2. Juni 1998 rief mich eine Frau Z. voller Schmerz und voller Trauer telefonisch an und teilte mir mit, daß ihr geliebter Ehemann vor kurzem gestorben sei. Sie war tiefbetrübt über den Verlust. Ich versuchte ihr in dem Gespräch etwas Trost zu vermitteln. Am 15. Juni berichtete sie mir dann in einem Brief, was sich nach dem Todesfall bei ihr ereignete hatte:

"Nachdem wir uns telefonisch unterhalten haben und Sie mir mit dem Gespräch wieder etwas mehr Kraft gaben, möchte ich Ihnen erzählen, wie es war, als mein Mann mich besuchte. Ich warte jetzt auch immer auf ihn, aber er kommt nicht. Vielleicht kann er jetzt nicht kommen.

Mein geliebter Mann verstarb am 20. 3. 1998. Es war die Nacht vom Donnerstag zum Freitag 3.15 Uhr. Wir waren die ganze letzte Zeit zusammen. Ich schlief bei ihm im Krankenhaus. Wir waren wirklich glücklich, ganz gleich, wo wir waren, Hauptsache, wir waren zusammen. So verlief unser ganzes gemeinsames Leben. In jener Todesnacht starb auch ich mit ihm. Ich denke, daß das, was von mir noch hier ist, nur eine Hülle ist, die mechanisch alles tut, was sein muß. Wie ich diese nächsten Tage durchstand, weiß ich nicht. Ich schlief kaum und weinte ununterbrochen. In der Nacht des darauffolgenden Montags zum Dienstag wurde ich von meinem eigenen Rufen wach. Ich schrie "Lothar, Lothar" (so hieß mein Mann). Darüber war ich so erschrocken und wurde hellwach. Ich versuchte, mich wieder hinzulegen und zu schlafen.

Es war 4.10 Uhr morgens, als ich Schritte auf unserem Fußboden hörte. Es waren schwere Schritte, wie von einem sehr alten Mann, der langsam ging. Mir blieb fast das Herz vor Angst stehen, es könnte ein Einbrecher sein. Aber weit gefehlt. Vor mir an meinem Bett stand mein alles geliebter Mann als junger Mann. Er hatte ein so trauriges Gesicht, und die Tränen liefen ihm wie aus einem Wasserhahn langsam die Wangen herunter. Er bewegte seinen Mund nicht und redete trotzdem zu mir: "Schatz, ich bin so traurig und unglücklich, da, wo ich jetzt bin, weil du so traurig bist. Rutsch ein bißchen, ich will mich zu dir legen, damit du schlafen kannst", sagte er und legte sich auf mich. Dann verschwand er, sich langsam in mir auflösend. Ich konnte es nicht glauben. Ich hob die Bettdecke und suchte meinen Mann, aber er war nicht mehr sichtbar. Ich habe die ganze Zeit nur geweint und nur "o Schatz, o Schatz" gejammert. Dabei hätte ich so viel zu reden gehabt. Ich schlief nach kurzer Zeit wieder ein und schlief durch bis morgens um 8.45 Uhr. Mein Mann wurde am 18. 3. 1998 49 Jahre alt und verstarb an Krebs.

Nach diesem Erlebnis kaufte ich mir das erste Buch von der Sterbe-Ärztin Kübler-Ross und das erste Buch von Ihnen. Inzwischen habe ich alle Ihre Bücher gelesen und würde mich freuen, wenn ich einmal ein Seminar von Ihnen besuchen könnte.

Das zweite Mal, als mein Mann mich besuchte, lag zwei Wochen später. Ich wurde wach, weil mich jemand von hinten im Bett in den Arm nahm. Ich schrie um Hilfe und biß die Gestalt in den Ellenbogen. Aber ich konnte durchbeißen. Da wußte ich, daß es mein Mann war. Er blieb nur sehr kurz. Er streichelte mich und hielt mich im Arm und gab mir eine Wärme und Geborgenheit. Es war herrlich. Seltsam war, daß es seine Arme von heute waren, nicht die als junger Mann. Sein Gesicht sah ich nicht. Nur als er sagte: "Ich muß jetzt gehen", sah ich seinen Nacken und Rücken. Es war mein geliebter Mann, wie er die letzten Tage hier bei uns war. Gesprochen hat er sonst nichts. Aber ich weiß, er ist da. Er lebt nur in einer anderen Dimension. Deshalb werde ich noch viel lernen müssen, um alles zu verstehen. Vielleicht spüre ich ihn dann besser, wenn er einmal hier ist."

Am 30. 6. 1998 habe ich der Dame u. a. geantwortet:

"Für Ihren langen Bericht vom 15. 8. 98 danke ich Ihnen vielmals. Ich kann Ihre große Trauer und die Sehnsucht nach Ihrem abgeschiedenen Ehemann verstehen. Um so mehr freut es mich, daß Sie inzwischen einige trostreiche Begegnungen mit Ihrem Mann hatten. Vielleicht tragen diese dazu bei, Ihren Mann mit allen Ihren Segenswünschen in Frieden seinen Weg in der jenseitigen Welt finden zu lassen. Bitten Sie im Gebet darum, daß ihn Gottes Helfer in die richtige Bahn führen.

Ich wünsche Ihnen viel Trost für die kommende Zeit.

Mit herzlichen Grüßen!"

 

 

21. Ratschläge für Trauernde

Welche Folgerungen lassen sich aus den vorgetragenen Berichten ziehen, wenn man sie als Tatsachen und nicht als Erfindung ansieht? - Die menschliche Persönlichkeit besteht offenbar über den Tod hinaus weiter. Für sie fängt mit Beendigung des irdischen Lebens ein neuer Lebensabschnitt an in einer anders aufgebauten und für uns jetzt nicht zugänglichen Welt. Es beginnt eine neue Entwicklungsstufe, ein neuer Ausbildungsabschnitt. Der Hinübergegangene wirft damit aber nicht sofort alle Empfindungen für sein bisheriges Leben und seine zurückgelassenen Verwandten ab. Er spürt in gewissem Maße ihre Gedanken, empfindet ihre Trauer und fühlt sich, wenn diese übermäßig ist, niedergedrückt und zur Erde zurückgezogen.

Wie sollen sich nun Trauernde beim Tode naher Angehöriger verhalten?

Zur Beantwortung möchte ich zunächst einen Brief anführen, den mir eine Frau X. im Dezember 1991 zusandte. Sie schrieb:
 
 

"Sehr geehrter Herr Prof. Schiebeler,

ich wende mich heute in meiner übergroßen Seelennot und Trauer an Sie und möchte anfragen, ob es Ihnen möglich ist, den Kontakt mit einem bestimmten Jenseitigen aufzunehmen.

Da diesen Jahres am 31. August mein Mann nach 2½ jähriger Krankheit an Bauchspeicheldrüsenkrebs starb, ist meine Seelenverfassung nur noch Schwere, Trauer und Sehnsucht nach meinem Mann. Auch konnte ich bis zum heutigen Tage noch nicht einmal von meinem Mann träumen, obwohl meine Gedanken frühmorgens beim Aufstehen bis abends beim Zubettgehen nur bei ihm sind. Sie müssen wissen, daß ich mit meinem Mann 30 Jahre glücklich verheiratet war. Dazu möchte ich ergänzen, daß wir diese Jahre beruflich wie privat tagtäglich 24 Stunden, zusammen verbrachten. Somit können Sie sich wohl vorstellen, wie sich diese Trennung auf meinem Körper sowie auf meine Seele auswirkt.

In meiner übergroßen Not begann ich zu suchen, was nach dem irdischen Tod mit meinem geliebten Mann geschieht. So kaufte ich mir esoterische Bücher und Kassetten von Elisabeth Kübler-Ross, Dr. Moody und Emil Mattiesen 'Das persönliche Überleben des Todes'. Dann bestellte ich über den Silberschnur-Verlag in Neuwied Ihre drei Bücher, besonders 'Das Leben nach dem irdischen Tod' was für mich der Anlaß war, über den Verlag Ihre Adresse zu erfahren. Denn ich wollte mich persönlich an Sie wenden mit meiner Bitte, ob Ihrerseits die Möglichkeit besteht, mit meinem verstorbenen Mann aus dem Jenseits durch Ihre Kommunikation mittels Medium Kontakt aufzunehmen.

Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, wenn es Ihnen möglich ist, mein großes Anliegen zu erfüllen. Ich wäre beruhigter und könnte mein Schicksal leichter annehmen, wenn ich die Gewißheit hätte, daß es meinem Mann gut geht und er neben mir feinstofflich weiterlebt.

Ich erbitte höflichst Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Ihre Frau X."
 
 

Ich habe dieser Dame vier Tage später schriftlich geantwortet und bitte alle Leser dieser Schrift, die möglicherweise vergleichbaren Kummer haben, diese Antwort ebenfalls auf sich selbst zu beziehen.
 
 

Sehr geehrte Frau X!

Den Empfang Ihres Schreibens vom 27. 12. 91 bestätige ich dankend. Ich fühle mit Ihnen in Ihrer großen Not und Trauer und spreche Ihnen mein tiefes Beileid aus, doch muß ich Ihnen leider sagen, daß ich keinerlei direkte Verbindung zu Ihrem verstorbenen Mann herstellen kann. Es ist unseren Kontrollgeistern unmöglich, jemanden, zu dem sie keinerlei Beziehungen haben, ausfindig zu machen und heranzuholen. Ich empfehle Ihnen auch, das nicht anderweitig zu versuchen, weil Sie nie wissen, ob Sie wirklich mit Ihrem Mann in Verbindung kommen.

Ich kann Ihnen aber auch ohne Medium und ohne Geistwesen sagen, daß es Ihrem Mann nicht gut geht. Ihre verzweifelte Seelenlage, wie sie in Ihrem Brief zum Ausdruck kommt, überträgt sich auch auf ihn. Lesen Sie bitte in meinem Buch "Leben nach dem irdischen Tod" das Kapitel "Der Einfluß der Trauer auf Verstorbene" dreimal hintereinander, und überlegen Sie, welche der Beispiele auch auf Sie zutreffen. Wenn Sie Ihrem Mann etwas Gutes antun wollen, dann geben Sie ihn innerlich frei. Bitten Sie Gott inständig im Gebet, daß er Ihrem Mann Helfer schicken möge, die ihm den rechten Weg in der jenseitigen Welt weisen, die ihm sagen, daß er sich hier auf Erden nicht mehr gebunden fühlen möge, und die ihn einer neuen Aufgabe entgegenführen. Sie können ihm nichts Schlimmeres antun, als wenn Sie wünschen, daß er feinstofflich neben Ihnen weiterleben möge.

Der Tod ist eine gewollte Trennung, die man nicht versuchen sollte, rückgängig zu machen. Man soll den Verstorbenen nicht vergessen, man soll in Liebe an ihn denken, aber ihm für seinen weiteren Lebensweg alles Gute wünschen und Gott bitten, daß er diesen Lebensweg gnädig gestalten möge. Bitten Sie weiter darum, daß Gott Ihnen nach Ihrem eigenen Tod ein Wiedersehen ermöglichen möge, und schaffen Sie durch Ihre eigene irdische Lebensführung die Voraussetzung dafür. Aber lassen Sie jetzt Ihren Mann in Frieden ziehen.

Meine Frau läßt Ihnen noch einen Rat geben: Räumen Sie Ihr Schlafzimmer um, und entfernen Sie das Bett Ihres Mannes. Bringen Sie damit zum Ausdruck, daß für alle Beteiligten ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat. Diese Rat entspringt dem Gespräch meiner Frau mit mehreren Witwen, die vor ähnlichen Problemen standen wie Sie.

Ich wünsche Ihnen Ruhe, Geborgenheit und seelischen Frieden für das Neue Jahr und bleibe mit freundlichen Grüßen

Ihr W. Schiebeler.
 
 

Nachtragen möchte ich noch, von allen Praktiken Abstand zu nehmen, durch die man gewollt mit dem Verstorbenen wieder in unmittelbare Verbindung treten möchte, durch die man ihn mit Nachdruck herbeirufen will. Dadurch zieht man ihn wieder von seiner neuen Lebensaufgabe ab und behindert ihn in seinem Fortkommen.



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