Psychowissenschaftliche Grenzgebiete

 
Thema: Reinkarnation (11)
       


2.7. Auszüge aus kirchlicher Literatur
   

2.7.1 Konzilien-Lexikon

(P. Maurus Disch, Erster Band, Augsburg, 1863, Schlosser’s Buch- und Kunsthandlung)

Darin heißt es u. a.: V. Allgemeines Konzil zu Konstantinopel, im Jahre 553 unter Papst Vigilius.

Veranlassung zur Abhaltung diese Konzils gaben 1) die Unruhen, welche eine große Anzahl Mönche wegen der dem Origenes zugeschriebenen Irrlehre erregt. 2) Die Schriften des Theodor von Mopsuestia, der Brief des Ibas und das Werk des Theodoreius gegen die 12 Verdammungssätze des heiligen Eqrillus, welche 3 Schriften unter dem Namen der 3 Kapitel bekannt sind. 3) Das Edikt des Kaisers Justinian gegen diese 3 Schriften...

....zu dessen Unterzeichnung man alle Bischöfe, unter Strafe des Exils, nötigen wollte.

....der Widerstand des Papstes Vigilius, bei dem man Gewalt anwendete, um ihn zur Verdammung der 3 Kapitel zu bewegen.

Das Endurteil unterschrieben sämtliche 165 Bischöfe. Diesem Urteilsspruch fügten die Väter 14 Anatheme bei, welche nach theologischer Art in einem Umrisse die ganze Lehre von der Inkarnation mit Bezugnahme auf die soeben verworfenen Irrlehren in sich schließen.
 
 

(Anmerkung: Hier wird der ganze Komplex "Präexistenz – Seelenwanderung", in dem auch die Reinkarnation, d. h. mehrmaliges Kommen auf die Erde als Mensch, enthalten ist, sowohl durch die Beschlüsse von 543 als auch von 553 verworfen.)
 
 

Und weiter:
 
 

Man findet zwar in den Akten dieses Konzils die Verdammung des Origenes nirgends; indessen ist es doch gewiß, daß er da verdammt wurde. Man ersieht dies aus dem 5. Canon, den wir im Griechischen haben, und der die Hauptirrtümer des Origenes verdammt. Diese Akten enthalten auch die Namen der 160 Väter des Konzils von Konstantinopel. –

...Das im Namen des heiligen Geistes rechtmäßig versammelte Konzil, welches als Repräsentant der streitenden Kirche ein allgemeines Konzil bildet, hat unmittelbar von Jesus Christus jene Vollmacht erhalten(!), welcher Jedermann, wessen Standes und Würde er sei, selbst der Papst, zu gehorchen verpflichtet ist....

Die Generalkonzilien haben die Gewalt, zu entscheiden über die Artikel, welche die Reinheit des Glaubens, die Ausrottung der Ketzereien, die Reformation der Kirche, und die Reinheit der Sitten betreffen...

Das Generalkonzil ist über dem Papst und hat seine Gewalt unmittelbar von Jesus Christus. Jeder Gläubige und selbst der Papst ist schuldig, demselben zu gehorchen...

...Wenn also der Papst die Kirche nicht hört, so ist er für einen Heiden und öffentlichen Sünder zu halten.

Die Abhaltung von Konzilien ist das geeignetste Mittel, Schismen und Häresien zu ersticken, oder denselben vorzubeugen, Unfug zu bestrafen, Mißbräuche abzustellen und die Kirche in einen wohlgeordneten Zustand zu versetzen.

Das Konzil verordnet ein ewig geltendes Edikt.
 
 


2.7.2 Conciliengeschichte
(Professor Dr. Carl Joseph Hefele, Zweiter Band, 1856, Herder’sche Verlagshandlung) Darin heißt es u. a.: § 255: Das Edikt Justinians

Weiterhin führt der Kaiser noch die anderen Hauptirrtümer des Origenes auf: Präexistenz, Apokatastasis, Mehrheit der Welten usw...

...In Zukunft aber solle niemand zum Bischof oder Klostervorsteher ordiniert werden, ohne daß er bei dem üblichen Anathem über die Ketzer Sabellius, Arius, Apollinaris, Nestorius, Eutyches, Dioseur, Timetheus Ailuros, Petrus Moggus, Anthimus von Trapezunt (eigentlich von Constantinopel), Theodosius von Alexandrien, Petrus von Antiochien, Petrus von Apamea und Severus von Antiochien auch das Anathem über Origens eingeflochten habe... Da dem nun so sei, schließt der Kaiser, so sei es billig, daß Origenes mit dem Anathem belegt wurde, und zwar in folgenden 10 Sätzen:
 
 

(Die für das Thema wichtigsten Sätze seien hier noch einmal aufgeführt:)
 
  Und weiter:
 
Ob Kaiser Justinian dieses Edikt selbst abgefaßt habe, oder ob der päpstliche Apokrisiar Pelagius und Mennas, wie Baronius vermutet, die eigentlichen Autoren waren, mag billig unentschieden bleiben; auch gehört die kirchenrechliche Frage, ob der Kaiser zur Erlassung eines derartigen Edikts befugt gewesen sei oder nicht, einem anderen Gebiete an. Mir scheint, daß wir hier wieder einen der vielen und großen, wenn auch gutgemeinten, byzantinischen Übergriffe vor uns haben, der selbst dann nicht verschwindet, wenn wir auch annehmen, der Kaiser habe hier im Einvernehmen mit Mennas und Pelagius gehandelt.
 
 
 
Die folgenden Anathematismen wurden Ende des 17. Jahrhunderts von dem berühmten Wiener Bibliothekar Peter Lambeck unter den alten Handschriften der Wiener Bibliothek entdeckt.

Die für das Thema wichtigsten lauten:




2.7.3 Die Reichskirche nach Konstantin dem Großen

(Karl Baus, Hans-Georg Beck, Eugen Ewig, Hermann Josef Vogt, Zweiter Halbband, 1975, Herder-Verlag, Freiburg.)

Auf Seite 36 heißt es:

Mit Justinian geht eine Ära der Kirchengeschichte zu Ende. Aus seiner eigenen politischen Sicht heraus mag sein Wirken im Raum der Kirche folgerichtig gewesen sein, für die Kirchengeschichte selbst beginnt es erfolgversprechend orthodox, weicht dann "theopaschitisch" auf, um in den Jahren um 536 geradezu papsttreu zu wirken.

Dann aber führt der Weg zu den Drei Kapiteln, und er opfert ein altes, nüchternes, kostbares theologisches Erbe auf dem Altar einer Politik, die in sich hoffnungslos war.

Daß ihm große Teile der Kirche auf diesen gefährlich dilettantischen Wegen folgten, brachte der Kirche theologisch eine Verarmung ein, die lange nicht mehr wettzumachen war, ganz abgesehen davon, daß es von der theologischen Standfestigkeit der Bischöfe kein gutes Zeugnis ablegt.

Bemerkenswert war vor allem der Stil, mit dem der Kaiser seine Ideen durchsetzte. So wie er mit Dogma und Glauben umsprang, ohne die kirchliche Lehrautorität zu achten, war kein Kaiser vor ihm verfahren, und kaum einer – abgesehen vielleicht von Manuel I. im 12. Jh. – ist ihm darin nachgefolgt.