Das Buch der Geister

- 150 - Die Befreiung der Seele Frage: (432) Bleibt der inkarnierte Geist gern in seiner leiblichen Hülle? Antwort: Das ist, als ob du fragst, ob der Gefangene gern hinter Schloß und Riegel bleibt. Der inkar- nierte Geist trachtet stets nach Befreiung, und je gröber seine Hülle, desto sehnlicher wünscht er sich ihrer zu entledigen. Frage: (433) Ruht sich die Seele während des Schlafes gleich dem Leibe aus? Antwort: Nein, der Geist ist nie untätig. Während des Schlafes werden die Bande, die ihn an den Leib fesseln, lockerer. Da der Leib jetzt des Geistes nicht bedarf, durchzieht er den Weltraum und tritt in unmittelbare Beziehung zu anderen Geistern. Frage: (434) Wie können wir uns über die Freiheit des Geistes während des Schlafes ein Urteil bilden? Antwort: Durch die Träume. Wenn der Leib ruht, besitzt der Geist mehr Fähigkeiten als während des Wachens. Er besitzt Erinnerung an das Vergangene und hat zuweilen auch den Blick in die Zukunft. Er kann mit anderen Geistern, sei es auf dieser oder in der anderen Welt, in Verbindung treten. Oft sagst du: ich hatte einen wunderlichen, einen schrecklichen, einen unwahrscheinlichen Traum. Und doch ist es oft eine Erinnerung an Orte und Dinge, die du gesehen hast oder sehen wirst zu seiner Zeit. Wenn der Leib erschlafft daliegt. sucht der Geist seine Ketten zu brechen, indem er Vergangenes und Künftiges aufsucht. Der Schlaf befreit die Seele teilweise vom Leibe, man ist vorübergehend in dem Zustande, in dem man sich nach dem Tode bleibend befindet. Die höheren Geister, die bei ihrem Tode bald vom Stoffe befreit sind, suchen im Schlafe die Gesellschaft der anderen höheren Wesen wieder auf. Sie reisen, unterhalten und belehren sich mit ihnen, ja, sie arbeiten an Werken, die sie dann nach ihrem Tode fertig vorfinden. Aber die größere Menge der Geis- ter, die beim Tode lange Stunden in jener Verwirrung bleiben müssen, gehen im Schlafe teils auf noch niedrigere Welten als die eurige, wohin alte Neigungen sie rufen, teils suchen sie noch niedrigere Vergnügungen auf, als ihre irdischen waren. Was auf Erden die Sympa- thie erzeugt, ist nur die Tatsache, daß man sich beim Erwachen zu denen hingezogen fühlt, mit denen man acht oder neun Stunden des Glückes und der Freude verbracht hat. Unüberwindliche Antipathien werden dadurch erklärt, daß man ja im Grunde seines Her- zens weiß, daß jene Menschen ein anderes Gewissen als wir haben, man erkennt sie, ohne sie je mit leiblichen Augen gesehen zu haben. Und Gleichgültigkeit erklärt sich dadurch, daß einem nichts an neuen Freunden liegt, weil wir genügend besitzen, denen wir lieb und teuer sind. Kurz gesagt, der Schlaf hat auf euer Leben größeren Einfluß als ihr meint. Im Schlafe stehen die inkarnierten Geister fortwährend in Verbindung mit der Geisterwelt, und darum sind höhere Geister ohne großes Widerstreben bereit, sich unter euch zu inkarnieren. Gott hat es so gewollt, daß sie während ihrer Berührung mit dem Laster wieder in den Urquell des Guten eintauchen können, um sich nicht selbst zu verfehlen. Träume sind die Erinnerung an das, was euer Geist im Schlafe gesehen hat. Oft ist es aber nur die Erinnerung an die Verwirrung, die euer Austritt oder eure Wiederkehr begleitet, verbunden mit dem, was ihr getan oder gesehen habt. Wie wolltet ihr auch sonst jene zusammenhanglosen Träume erklären, die wohl alle Menschen haben? Auch böse Geister bedienen sich der Träume, um schwache und kleinmütige Seelen zu quälen. Übrigens werdet ihr bald eine andere, im Entstehen begriffene Gattung von Träumen kennenlernen. Sie ist uralt, aber euch noch unbekannt. Der Traum Johannas, der Traum Jakobs, die Träume der jüdischen Propheten und einiger indischer Weiser und Wahrsager: Solche Träume sind Erinnerungen der ganz vom Leibe gelösten Seele, Erinnerungen an jenes zweite Leben, von denen ich eben vorhin gesprochen. Frage: (435) Warum erinnert man sich nicht immer an seine Träume? Antwort: Was du den "Schlaf" nennst, ist nur die Ruhe des Leibes, der Geist ist ständig in Bewegung.

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