Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Giganten im All - I - (4)

       

6.0 Gesundheit über alle Grenzen

NAMO sah tatsächlich noch sehr jung aus. Was die Sache nicht einfacher machte, war ihr enormes Wissen. Martin schätzte ihr Äußeres ab und dachte bei sich, daß es aus Gründen der Höflichkeit besser sei, das geschätzte Alter etwa 10 Jahre jünger anzugeben. "Nun, ich schätze Sie auf etwa 25 bis 30 Erdenjahre."

NAMO lachte auf.

"Bekommen Sie bitte keinen Schreck, ich bin nach Ihrer Zeitrechnung etwa 100 Jahre alt. ASHTAR SHERAN ist noch wesentlich älter und auch SHINUN ist nach irdischer Rechnung ebenfalls über 100 Jahre alt. Was sagen Sie nun?"

Martin war total überrascht und sagte: "Da komme ich nicht mehr mit. Gibt es so was überhaupt?" NAMO lächelte und sagte:

"Ein SANTINER kann 250 Jahre alt werden. Allerdings haben wir auf unserem Heimatstern eine andere Zeitrechnung", sagte NAMO. – So, wir sind da, Herr Berger. Hier ist unser Gymnastikraum. Gehen Sie hinein und haben Sie keine Bedenken."

Der Gymnastikraum war mit vielen Apparaten und Geräten ausgestattet, die der körperlichen Ertüchtigung dienten. Einige SANTINER trieben Sport, ohne von Martin Notiz zu nehmen. Sie durchschritten die kleine Halle und begaben sich in einen Nebenraum. Dort stand ein sehr kompliziert aussehendes Gerät, das einen ähnlichen Schlauch besaß, wie dasjenige, welches er schon bei dem Arzt gesehen hatte. Martin nahm vor dem Gerät Platz und ein SANTINER setzte den Schlauch an sein Genick. Der Apparat zischte leise und Martin empfand ein angenehmes Gefühl der körperlichen Erleichterung. Nach etwa fünf Minuten Bestrahlung war die Prozedur zu Ende.

Im Raumschiff ertönte ein Posaunenstoß.

Martin erschrak und NAMO sagte:

"Keine Angst, es ist ein Zeitzeichen. Kommen Sie mit zum Essen. Heute gibt es etwas ganz Besonderes."

"Einverstanden, mein Appetit hat nicht gelitten."

"Gut", sagte NAMO, "ich werde Ihnen Gesellschaft leisten und anschließend können wir uns noch weiter unterhalten."

Während sie aßen sagte NAMO zu Martin:

"Sie müssen wissen, daß keine Mahlzeit gekocht wird. Die Speisen werden nur auf Körpertemperatur angewärmt. Das ist nicht nur im Raumschiff so, sondern auch auf unserem Heimatstern üblich. Die Speisen werden allerdings, ohne zu kochen, in einem besonderen Ofen gar bestrahlt, später werden sie gewärmt."

"Auf der Erde werden die Speisen überall gekocht, gegrillt oder gebraten. Das ist tatsächlich ein großer Unterschied."

"Ja, da fängt es bereits an", sagte NAMO." Sie können sich gar nicht vorstellen, was auf der Terra in dieser Hinsicht gegen die Gesundheit gesündigt wird. Nennen Sie mir bitte ein Tier, das so handeln würde. Außerdem nehmen wir kein Fleisch zu uns."

"Dann sind Sie Vegetarier?"

"Nein, nicht direkt. Wir essen zwar kein Fleisch, aber wir nehmen gewisse Stoffe zu uns, die wir aus dem Fleisch einiger Tiere gewinnen, sogenannte Extrakte."

"Es heißt, du sollst nicht töten", antwortete Martin, den das Thema sehr interessierte. "Wie stehen Sie zu diesem Gebot? Es werden doch Tiere getötet, wenn man das Fleisch verarbeitet."

"Oje!" rief NAMO, "jetzt zitieren Sie die göttlichen GEBOTE. Das ist ein ganz heikles Thema, das noch zur Sprache kommen wird. Dieses GEBOT ist völlig verdreht worden. So, wie Sie es wahrscheinlich meinen, dürfte keine Ratte getötet werden, nicht wahr? So meinen Sie es doch?
 
 

"Das verstehe ich nicht ganz. Was wollen Sie damit sagen? Welche Natur ist überhaupt gemeint?"

"Es gibt zwei Arten von SCHÖPFUNGEN. Auf der einen Seite eine göttliche positive SCHÖPFUNG und auf der anderen Seite auch eine negative dämonische SCHÖPFUNG. Beide SCHÖPFUNGEN liegen im Kampf um die Oberherrschaft. Noch immer ist die positive SCHÖPFUNG im Vorteil, und wenn der Mensch vernünftig handelt, wird sie es auch bleiben. Aber wehe, wenn die negative SCHÖPFUNG siegen würde, dann käme es zu einem Chaos.

Der SCHÖPFER bemüht sich, die negative SCHÖPFUNG in die positive SCHÖPFUNG einzugliedern, d. h. sie nutzbar zu machen. Es gibt z. B. giftige Schlangen, deren Gift heute zu Heilzwecken verwandt wird. Es gibt Ratten, die unbedingt dämonischer Natur sind, die gefährlich sind, Krankheiten verbreiten und alles zerstören. Der SCHÖPFER hat es so eingerichtet, daß gerade die Ratten zu den Versuchstieren gehören, um der leidenden Erdenmenschheit zu helfen. Das alles wird aber gar nicht erkannt."

NAMO eröffnete Gesichtspunkte, die Martin noch nie in Betracht gezogen hatte. Aber sie leuchteten ihm ein. Immer wieder kam sie auf das Wort "SCHÖPFER" zurück. Ob sie mehr darüber wußte? Vielleicht hatte sie Argumente und Beweise für die Existenz des SCHÖPFERS, wie man sie auf Erden nicht kannte. "Was verstehen Sie unter dem Begriff "SCHÖPFER" und einer positiven SCHÖPFUNG? Was können Sie mir darüber sagen, denn der Begriff "GOTT" ist auf Erden sehr umstritten."

NAMO sah Martin sehr streng an und fragte: "Glauben Sie an GOTT?"

Martin war in die Enge getrieben. Damit hatte er nicht gerechnet. Hier war seine Achillesferse, die von NAMO angegriffen wurde. Er wollte ehrlich sein, sich aber auf der anderen Seite auch keine Blöße geben, als er sagte: "Ich möchte gern an einen GOTT glauben, aber man wird immer wieder daran gehindert. Ich bin der Ansicht, daß der Erdenmensch dieses Geheimnis nie erforschen wird."

"Bitte, keine Umschreibung. Entweder ja oder nein", entgegnete NAMO.

"Wenn Sie einen persönlichen GOTT meinen, so sage ich nein", sagte Martin. Die außerirdische Frau, die SHINUN als "lebendes Lexikon" bezeichnet hatte, antwortete sofort, aber mit deutlicher Betonung:

"Sie sind also der Meinung, Herr Berger, daß es keine größere Intelligenz im Universum gibt als den Menschen. Demnach betrachten Sie den Menschen als das lebende, denkende Größte, das man sich vorstellen kann, weil es nichts mehr darüber gibt. Diese Ansicht gehört wahrscheinlich zum Allgemeingut der Erdenmenschheit."

"Das können Sie so nicht sagen!", begehrte Martin auf.

"O doch, mein Lieber", sagte NAMO. "Wer den SCHÖPFER in irgendeiner Weise anzweifelt, setzt sich selbst an dessen Stelle. Das ist eine Anmaßung, wie sie superlativer nicht mehr denkbar ist. Und trotzdem wagt der Mensch, das seiner Meinung nach intelligenteste Wesen skrupellos zu töten. Das ist ein Widerspruch in sich, den wir nicht begreifen können."

"Soweit denkt auf der Erde niemand nach", sagte Martin, sich verteidigend.

"Ja, das ist es eben. Wenn man auf der Erde besser denken würde, so wäre alles anders und wir brauchten uns nicht einzuschalten. Man denkt einfach zu oberflächlich und schenkt Dingen Interesse, die längst nicht mehr wichtig sind."

"Es gibt intelligente und weniger intelligente Menschen auf der Erde. Die Menschen sind verschieden und haben daher auch verschiedene Ansichten", erwiderte Martin, der sich angegriffen fühlte. NAMO blieb trotz der Auseinandersetzung die Ruhe selbst. Sie stand über diesen Dingen. Sie zeigte keine Gleichgültigkeit, sondern ausgesprochene Gelassenheit, während Martin sich leicht erregte.

Ruhig setzte NAMO das Gespräch fort:

"Die Intelligenz ist nicht das Ausschlaggebende. Ein Mensch kann hochintelligent sein und trotzdem einen sehr schlechten Charakter besitzen. Außerdem kann er noch in den wichtigsten Dingen, z. B. in seiner Weltanschauung, dumm und unwissend sein. Dagegen kann ein weniger intelligenter Mensch einen hervorragenden Charakter besitzen und alle seine Entscheidungen aus seinem Charakter heraus treffen. Ein wirklich intelligenter Mensch hält niemals seine Mitmenschen für ausgesprochen dumm. Das tun nur jene Menschen, die sich in eingebildeter Weise für hochintelligent halten. Wie ist es mit Ihnen Herr Berger, halten Sie sich für intelligent?"

Martin lief rot an. Mit einer solchen indiskreten Frage hatte er nicht gerechnet. Der "menschliche Computer" nahm ihn in die Zange. Schließlich antwortete er: "Ich habe immerhin eine gewisse Bildung genossen und meine Prüfungen und Examen gut gemacht. Ich weiß über vieles Bescheid, was andere Menschen nicht wissen."

NAMO lächelte überlegen und sagte:

"Nehmen Sie meine Worte niemals übel. Ich habe kein Interesse daran, Sie zu verletzen. Aber ich will Ihnen ein Wissen vermitteln, das Sie auf keiner Universität der Erde erfahren können. Sie befinden sich hier in einer Schulung, die man als eine Universität des Alls bezeichnen kann. Bedenken Sie bitte, daß wir der Erdenmenschheit in der Entwicklung um mehr als 10.000 Jahre voraus sind. Das dürfte eine gewisse Garantie für die Wahrheit sein. –

Schön, Sie sagen, daß Sie eine Bildung haben. Aber wer garantiert Ihnen, daß diese Bildung die richtige ist? Daß diese Bildung keine Fehler und Irrtümer enthält? Was glauben Sie, was auf der Terra für ein Unsinn gelehrt und verehrt wird, das alles andere als Bildung ist. Die Situation auf der Terra ist unter allem Niveau. Ich werde es Ihnen noch beweisen. Aber warten Sie erst die Konferenz ab. Bei dieser Gelegenheit werden Sie einsehen müssen, wie weit die irdische Welt in Irrtümern verstrickt ist, die das Denken der Menschen in falsche Bahnen lenkt."

"Unsere Wissenschaft ist auf Erfahrungen aufgebaut", sagte Martin, "und sie wird durch die Praxis bewiesen. Aufgrund dieser Erfahrungen haben wir viel erreicht und eine Zivilisation geschaffen."

"Natürlich gibt es eine ganze Menge, was wir durchaus als wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptieren. Aber es gibt eine große Menge von Irrtümern, die gefährlich auf die Psyche des Menschen einwirken. Darüber hinaus gibt es Irrtümer, die man bereits erkannt hat, aber trotzdem bestehen läßt, weil man viel Geld dabei verdient. Da ist z. B. das Rauchen. Die Medizin kennt die Gefahren. Der Staat kennt die Gefahren. Trotzdem verbietet man diese Massenvergiftung nicht, obwohl sie nur Krankheit, Elend, Sucht und den Tod verursacht. Dann gibt es den Alkohol, der in solchen Mengen schmackhaft gemacht wird, daß Millionen Menschen daran zu Grunde gehen oder irrsinnig werden. Man weiß es, aber man verbietet es nicht. Wie wollen Sie das erklären? Etwa mit der Behauptung, daß auch die dafür Verantwortlichen ihre Bildung, ihre Intelligenz oder ihr menschliches Niveau haben?"

Martin merkte immer mehr, in welch schwierige Lage er gekommen war, diese Anschuldigungen für eine ganze Menschheit auf sich zu nehmen. Er mußte sich eingestehen, daß diese Anschuldigungen zu recht bestanden. Er konnte sich nicht verteidigen.

"Das ist richtig", sagte Martin, "ich kann nicht widersprechen. Aber diese Übel und Laster sind mittlerweile so groß geworden, daß man sie nicht gleich abstellen kann. Es ist wie ein Riesenbrand, den man nicht löschen kann, weil er viel zu groß ist.

"Das ist ein guter Vergleich. Aber was tut man, wenn es so umfangreich brennt? Sollte man dann nicht wenigstens versuchen, eine weitere Ausbreitung des Feuers zu verhüten. - Aber auch das tut man nicht auf der Terra. Im Gegenteil - man gießt immer weiter Öl ins Feuer."

Martin stützte den Kopf in seine Hände. Ihm war gar nicht gut. Er sah immer mehr ein, wie gewissenlos man auf der Erde lebte.

"Ich weiß", fuhr NAMO in ihrer Rede fort, "daß die Politik meistens im Vordergrund steht. Man hat sie zu einer Religion erhoben, die eigentlich nur dem SCHÖPFER zukommt. Die Politik kümmert sich aber nicht um die GESETZE DER LIEBE, sondern bestimmt über Tod und Leben der gesamten Erdenmenschheit. Das ist der Grund, warum wir mit unserer hochentwickelten Raumflotte um den Erdball kreisen und warum wir die Terra kontrollieren müssen. Können Sie mir als Vertreter der Erdenmenschheit sagen, woran es liegt, daß man der Politik einen solchen Platz eingeräumt hat?"

Martin überlegte einen Augenblick. Solche Fragen waren ihm noch nie gestellt worden. Dennoch sagte er: "Die Politik ermöglicht erst das Zusammenleben der Menschen und Völker untereinander. Ohne Politik geht es nicht, denn dann würden die Menschen keine Ordnung besitzen."

"Gut, diese Antwort ist zu überlegen. Doch die Politik ist überall verschieden. Diese Verschiedenheit führt zu spannungsvollen Gegensätzen, so daß es zu blutigen Kriegen kommt. Auch innerhalb eines Volkes gibt es Revolutionen und Proteste. Also kann man sagen, daß die politischen Ansichten nicht stimmen. Sie können nicht auf einen Nenner gebracht werden, weil ein Volk vom anderen behauptet, daß es einen falschen Weg eingeschlagen hat. Die persönliche Ansicht einer Partei oder Gruppe wird mit unvorstellbarer Waffengewalt verteidigt oder einem anderen Volke aufgezwungen.

Daraus stellt sich die Frage: Durch welche Vorstellungen sind die verschiedenen politischen Meinungen so beeinflußt worden, daß sie nicht stimmen? Diese Frage wird morgen in der Konferenz der INTERSTELLAREN BRUDERSCHAFT zur Sprache kommen.

Sie, Herr Berger, sind jetzt vorbereitet."
 

 

 

  7.0 Die Konferenz im All

Als Martin einen Zest geschlafen hatte, wurde er von SHINUN zur Konferenz gebeten.

Inzwischen war Martin ein Bart gewachsen, dessen Stoppeln ihm unangenehm wurden. Er hatte aber keine Möglichkeit, sich zu rasieren. Die SANTINER waren nicht darauf eingerichtet, weil sie selbst bartlos waren. Martin mußte sich damit abfinden, daß er in Zukunft einen Vollbart tragen würde.

SHINUN führte ihn zum Lift und sie fuhren hinauf zum Konferenzsaal. Martin wußte nicht mehr, welches Stockwerk es war, denn er war innerlich viel zu aufgeregt. Dann lag der Konferenzsaal vor ihm, der eine Art Aula war, jedenfalls dieser Größe entsprechend. Es gab eine kleine Bühne mit einem Rednerpult und einen hufeisenförmigen Tisch, an dem sehr komfortabel aussehende Sessel standen. Die Sessel waren an der Rückenlehne mit einem Stern markiert, der in seiner Mitte einen Punkt trug. Anwesend waren schon etwa 20 Personen, darunter auch NAMO und einige andere hübsche Frauen. Martin wurde so placiert, daß er zwischen SHINUN und NAMO saß. Jeder Sitzungsteilnehmer hatte einen Becher, der mit einer grünen Flüssigkeit gefüllt war, vor sich stehen.

SHINUN deutete auf den Becher und sagte:

"Die Becher enthalten ein sehr belebendes und alkoholfreies Getränk. Dieses Getränk ist auch eine Selbstproduktion durch Atomgruppierung. Ich benutze das Wort Atom, weil es auf der Terra so üblich ist. Wir sagen dazu Zerr, das heißt soviel wie Mikrobaustein."

Plötzlich ertönte ein lauter musikalischer Akkord. Alle Anwesenden drückten ihren Handrücken an die Stirn. ASHTAR SHERAN betrat den Saal und nahm am Kopfende des Konferenztisches Platz. Als er am Tische saß, nahmen die Versammelten die Hand fast gleichzeitig von der Stirn. Dann ertönten drei verschiedene Akkorde. Wieder fiel Martin die enorme charismatische Ausstrahlung dieser Wesenheit auf. Ohne sich zu erheben, sagte ASHTAR SHERAN mit klarer Stimme und in deutscher Sprache:

"GOTT ZUM GRUSS UND FRIEDE ÜBER ALLE GRENZEN! Die Konferenz der Universellen Bruderschaft ist eröffnet. Wir haben uns für die Dauer der Konferenz auf die deutsche Sprache geeinigt. Ich bitte daher alle Anwesenden, sich nur dieser Sprache zu bedienen. Auch unter uns bitte ich in Anwesenheit unseres irdischen Gastes, der Martin Berger heißt, nur Deutsch zu sprechen. Es wäre nicht schicklich, wenn wir eine Sprache verwenden würden, die er nicht versteht. Darüber hinaus bitte ich auf den irdischen Entwicklungsstand unseres Gastes Rücksicht zu nehmen, damit er unseren Ausführungen folgen kann. Das Großschiff fliegt einen automatischen Kurs, damit unsere Gespräche nicht unterbrochen werden müssen."

Alle Anwesenden erhoben ihre Hände und sagten gemeinschaftlich: "FRIEDE ÜBER ALLE GRENZEN!" Der Kommandant wandte sich an Martin mit den Worten:

"Herr Berger, ich begrüße Sie im Namen aller Anwesenden als unseren Erdengast. Ich bitte Sie, jede Scheu abzulegen und uns frei und aufrichtig zu antworten oder Fragen zu stellen, so wie Sie es für richtig halten. Niemand hier im Raum wird es Ihnen übel nehmen, auch wenn ihm etwas nicht gefällt. Ihre Anwesenheit ist so wichtig wie zu Zeiten des Propheten Moses, der von uns die GESETZE empfing."

Martin dachte darüber nach, in was für eine unglaubliche Situation er geraten war. Es war eine Situation, an die er fast selbst kaum glauben konnte. - Der Saal, in dem die Konferenz stattfand, machte einen sehr festlichen Eindruck. Alles war sauber, geschmackvoll und gediegen, fast wie in einer wunderbaren Kapelle. Außerdem lag wieder ein sehr angenehmer Geruch in der Luft.

"Es ist selbstverständlich, daß unser Gast den Vortritt hat und daher die erste Frage stellen darf. Bitte, Herr Berger!"

Martin war überrascht und wollte sich anstandshalber erheben, aber ASHTAR SHERAN winkte ab.

"Bleiben Sie ruhig sitzen, wenn Sie etwas sagen wollen."

"Die Situation ist für mich sehr ungewöhnlich", sagte Martin. "Ich frage deshalb, ob schon vor mir ein Erdenmensch in einem solchen Raumschiff, wie dieses, war, oder ob ich der erste Erdenbewohner bin, dem das ermöglicht wird?"

ASHTAR SHERAN antwortete:

"Nein, Herr Berger, Sie sind nicht der erste. Es sind schon einige andere Erdenmenschen vor Ihnen in einem Großschiff gewesen. Allerdings reicht das weit zurück. Die Religionen auf der Terra geben darüber Auskunft. Da ist z. B. der Prophet Moses, der über einen Monat lang in einem unserer Großschiffe zu Gast war und sich dort zur Belehrung aufhielt. Außerdem hatten unsere Vorfahren, d. h. wir selbst, einen gewissen Lot an Bord, den wir befragt haben, bevor wir Sodom und Gomorrha in Asche verwandelten. Weiter gibt die Bibel Auskunft über Hesekiel, mit dem wir sehr viel besprochen haben und darüber hinaus rettete eines unserer Schiffe einen Mann mit Namen Jona aus Seenot. Er wurde vorübergehend in ein Raumschiff übernommen. Dann gab es einen Elias, der, wie Sie, ebenfalls von einem Diskusschiff zu einem Großschiff gebracht wurde. – Wie Sie sehen, Herr Berger, ist Ihr Aufenthalt in diesem Weltraum-Strahlschiff gar nicht so außergewöhnlich, wie Sie es sich gedacht haben."

Martin war sehr überrascht. Damit eröffneten sich ganz neue Perspektiven, an die er vorher nicht gedacht hatte. Jedenfalls hatte er den Eindruck, daß diese Konferenz in sehr guter Harmonie verlaufen würde. Das beruhigte ihn doch sehr. Er wandte sich an ASHTAR SHERAN und fragte: "Ich nehme an, daß Sie, Herr Kommandant, wesentlich mehr über die Erdenmenschheit wissen, als ich. Darum wundert es mich, daß Sie mir Fragen stellen, die Sie selber besser beantworten könnten."

"Nein, so ist das nicht. Wir wollen über die sehr gefährliche Situation auf Erden beraten. Auch Sie dürfen Vorschläge dazu machen. Wir wollen keine Entschlüsse fassen, ohne einen Vertreter der Erdenmenschheit dazu gehört zu haben. Das hier ist keine Gerichtssitzung, sondern ein Gremium des universellen Friedens."

"Noch nie ist es einem Menschenführer gelungen, einen universellen Frieden auf Erden zu erreichen", warf Martin ein. "Ich bin daher fest davon überzeugt, daß es auch mir nicht gelingen wird. Auch keine außerirdische Macht wird das vollbringen können, es sei denn mit entsetzlicher Gewalt, die stärker ist, als die Macht der Menschen auf der Erde."

"Sie besitzen doch eine bestimmte Weltanschauung. Ich meine damit eine Religion oder Konfession. Haben Sie einige Kenntnisse von der Bibel?"

Bevor Martin antworten konnte winkte ASHTAR SHERAN mit der Hand und jemand übergab ihm eine ziemlich umfangreiche Bibel. ASHTAR SHERAN blätterte darin herum und sagte:

"Ein universeller Frieden ist nur durch einen absolut gesicherten Glauben an einen GROSSEN PLANER möglich. Es gibt göttliche GESETZE, die unbedingt befolgt werden müssen, wenn man nicht zugrunde gehen will. Sind Sie der Meinung, Herr Berger, daß es Menschen auf der Erde gibt, die einen solch gesicherten GOTTGLAUBEN besitzen?"

"Die Frage ist schwer zu beantworten", antwortete Martin. "Es gibt durchaus fromme Menschen auf Erden, die an einen GOTT glauben."

"Ist dieser Glaube gesichert, das heißt wissenschaftlich, mathematisch oder auf eine andere Art bewiesen, oder ist es nur ein blinder Gehorsam, der gefordert wird, ohne logisch darüber nachzudenken?"

"Ich glaube, daß es in den meisten Fällen nur ein Gehorsam ist, eine Furcht vor etwas Ungewissem", gestand Martin zu.

"Das glauben wir auch. Aus diesem Grunde haben wir versucht, den Glauben zu sichern. Wir sind mit einem Raumschiff von etwa der halben Größe wie dieses hier, auf dem Dschebel Musa, d. h. auf dem Berge Sinai gelandet und haben den damaligen Führer der Juden zu uns ins Raumschiff geladen. Moses hatte keine Ahnung von einer Raumschiffreise. Er wußte nichts von der Beschaffenheit der Sterne, schon gar nichts von außerirdischem Leben. Für ihn waren wir GÖTTER. Der Kommandant war JEHOVA, der GOTT der Juden – und alle Offiziere waren seine ENGEL, die zur HIERARCHIE GOTTES gehörten.

Sie, Herr Berger, sind jetzt in der gleichen Lage, wie sie Moses erlebt hatte, und tragen auch die gleiche Verantwortung. Es gibt nur einen Unterschied, nämlich den, daß Sie etwas über die Raumfahrt wissen, daß Sie Kenntnisse von der Astronomie haben und ein Leben auf anderen Sternen für nicht ganz unmöglich halten. Sie glauben nicht, daß Sie zur Zeit im Palast JEHOVAS sind, sondern Sie wissen, daß Sie sich in einem außerirdischen Raumschiff befinden. Ist es so, Herr Berger?"

"Allerdings. Ich kann mir gut vorstellen, daß Moses gedacht haben muß, daß er sich in der Wohnung GOTTES befinden würde. Außerdem reiste das Schiff wie dieses durch das All und Moses konnte die Erde aus großer Höhe betrachten. Für ihn konnte es daher keinen Zweifel geben, daß GOTT ihn zu sich eingeladen hatte. Er war im vollen Bewußtsein, ein von GOTT Auserwählter zu sein."

"So ist es gewesen. Sie haben es richtig erfaßt, Herr Berger. Ich sehe, wir kommen gut voran. Größere Gedankenanstrengungen verlangen wir nicht von Ihnen. Uns genügt eine gute Auffassungsgabe ohne Vorurteile."

"Ich werde mich bemühen, Ihnen zu folgen, Herr Kommandant", sagte Martin etwas erleichtert. ASHTAR SHERAN wandte sich an einen Außerirdischen, der eine sehr schöne Uniform trug:

"Ich übergebe das Wort an SO SHIIN. Er wird Ihnen, Herr Berger, erklären, was sich am Berge Sinai zugetragen hat. Er wird aber auch die Bibel heranziehen, um zu beweisen, wie der Irrtum auf der Erde regiert und seit Jahrtausenden die Menschheit negativ beeinflußt.

SO SHIIN grüßte und ergriff das Wort:

"Moses Begegnung mit einem unserer Raumschiffe hat mehr Bedeutung, als man annimmt. Diese Begegnung und andere Kontakte sind als religiöse Wunder aufgezeichnet und überliefert worden. Ich werde ausführlich berichten."

ASHTAR SHERAN nickte zustimmend und sagte:

"SO SHIIN, lassen Sie sich ruhig Zeit. Es ist wichtig, daß Herr Berger die volle WAHRHEIT erfährt, damit er später darüber berichten kann. Sie dürfen sich Notizen machen, Herr Berger.

SO SHIIN hatte die Bibel vor sich liegen und begann:

"Weil unsere Großschiffe, die in ihrer Form einer Zigarre oder einem Zeppelin gleichen, ein eigenes Kraftfeld besitzen, kommt es in der irdischen Atmosphäre vor, daß die äußeren Konturen nicht immer klar erkennbar sind. Durch die Leuchtkraft des Schiffes erscheint ein solches Schiff für das Auge eines Erdenmenschen ähnlich einer leuchtenden Wolke. Zur Zeit Moses gab es noch keine irdischen Luft- oder Raumfahrtzeuge, folglich gab es auch keine technischen Vergleichsmöglichkeiten. Aus diesem Grunde wurde unser Raumschiff des nachts für eine leuchtende Wolke Gottes gehalten und tagsüber als eine grauschimmernde Wolke oder Säule gesehen. Diese Bezeichnungen und falschen Beurteilungen finden in der irdischen Bibel, die ein Buch der WAHRHEIT sein soll, ihren Platz."

Martin horchte auf. Er merkte, daß etwas mit der Bibel nicht stimmte. Doch gerade die Bibel wurde auf der Erde als ein besonderes Buch geachtet. Andere, die sich mehr für wissenschaftliche oder technische Dinge interessierten, konnten sich mit den Wundern der Bibel nicht anfreunden und zweifelten sie an. Weitere fühlten sich aufgefordert, gegen diese Religion zu protestieren oder sie anzugreifen und zu verspotten.

SO SHIIN fuhr in seiner Rede fort:

"Das außerirdische Raumschiff hatte die Menschen zur biblischen Zeit sehr beeindruckt. Der Form nach hat man es als eine "Wolke" beschrieben, obgleich man der festen Überzeugung war, daß es sich um den schwebenden PALAST GOTTES gehandelt hat. Das Raumschiff repräsentierte auf alle Fälle die Gegenwart JEHOVAS, denn es brachte die göttlichen GESETZE, ohne die es kein friedvolles Leben unter den Menschen gibt.