Psychowissenschaftliche Grenzgebiete
 
Thema: Engel als Boten Gottes und Helfer der Menschen (3)


   

4. Engel nehmen Sterbende in Empfang

In besonderem Maß bedarf der Mensch der Hilfe seines Schutzengels beim Vorgang des Sterbens oder wenn er in lebensbedrohlichen Augenblicken dem Tode sehr nahe ist, aber dann doch nicht stirbt. Es ist zu vermuten, daß von solchen Menschen hin und wieder auch entsprechende Beobachtungen gemacht werden und irgendwelchen Vertrauenspersonen berichtet werden. Man spricht in solchen Fällen von Todesnähe-Erlebnissen. Sie sind in den letzten Jahrzehnten in reichem Maße von Ärzten, Seelsorgern, Psychologen und Krankenhauspersonal veröffentlicht worden (2; 8; 9; 11; 12; 15; 18; 21). Zu diesem Thema schreibt die bekannte Sterbeforscherin Dr. Elisabeth Kübler-Ross in dem Vorwort zu dem Buch von Dr. Raymond Moody "Leben nach dem Tod" (15, S.10):

"Diese Patienten haben alle die Erfahrung gemacht, aus ihrer stofflichen Körperhülle hinausgetragen zu werden und haben dabei ein tiefes Gefühl von Frieden und Ganzheit gehabt. Die meisten haben eine andere Person wahrgenommen, die ihnen behilflich war bei ihrem Übergang auf eine andere Seinsebene. Die meisten wurden begrüßt von früher Verstorbenen, die ihnen nahegestanden hatten oder von einer religiösen Gestalt, die in ihrem Leben eine wichtige Rolle gespielt hatte und die natürlich ihren Glaubensüberzeugungen entsprach."

Über den Vorgang des endgültigen Ablebens von dieser Erde schreibt Dr. Kübler-Ross in ihrem eigenen Buch Über den Tod und das Leben danach" (11, S. 76):

"Nachdem wir von unseren jenseitigen Verwandten und Freunden und ebenfalls von unseren Geistführern und Schutzengeln empfangen worden sind, gehen wir durch eine symbolische Verwandlung hindurch, die oft als eine Art Tunnel beschrieben worden ist. Bei einigen wird diese Verwandlung durch einen Fluß, bei anderen durch ein Tor ausgedrückt, gemäß der auf jeden individuell bezogenen Symbolwertigkeit."
 

Einige Beispiele sollen das verdeutlichen:  
 
 

Die folgende Begebenheit schildert der reformierte Pfarrer in Basel Eucharius Kündig. Er hatte sich besonders der Seelsorge der Kranken und Sterbenden gewidmet und die Erfahrung gemacht, daß sterbende Kinder manchmal mehr wahrnehmen, als die umstehenden Erwachsenen sehen können. Er schildert (12, S. 69) um 1850 das mit starken Schmerzen verbundene siebenmonatige Krankenlager eines zehnjährigen Mädchens. Im Verlaufe seiner Krankheit wandte es sich sehr dem Gebet und dem Neuen Testament zu. Das Ende des Leidens schildert Kündig folgendermaßen:

"Am Morgen seines Todestages, wahrend eines sanften Schlummers, sang es das Lied: Jesus nimmt die Sünder an. Als es damit zu Ende war, erwachte es und fragte lächelnd: 'Habe ich gesungen?' Als ihm dies bejaht wurde, sagte es mit einer unaussprechlichen Heiterkeit: 'Es sind Engel zu mir gekommen und haben gesagt, wir wollen das Lied singen: Jesus nimmt die Sünder an - da sagte ich: ich singe auch mit.' Abends war das liebe Kind sanft entschlafen."  
 
 
 

Die beiden Psychologen Dr. Haraldson und Dr. Osis haben eine Vielzahl von paranormalen Erlebnissen Sterbender auf der ganzen Welt gesammelt und in dem Buch "Der Tod, ein neuer Anfang" 1978 (17) veröffentlicht. Sie befragten in den Jahren 1959-1960 mittels Fragebogen Ärzte und Pflegepersonal in Krankenhäusern über ihre Beobachtungen an Sterbebetten. Osis erhielt 640 Fragebogen zurück, die auf Beobachtungen an 35.540 sterbenden Patienten beruhten (17, S. 28 u.38). Von ihnen hatten 1318 Kranke Erscheinungen von Gestalten wahrgenommen, die das Pflegepersonal nicht sehen konnte.

In den Jahren 1961-1964 wurde eine zweite Fragebogenaktion bei Mitgliedern medizinischer Berufe an Krankenhäusern durchgeführt. Es gingen daraufhin 1004 Antworten ein, die auf Beobachtungen an 50.000 sterbenden Patienten beruhten. Wieder gab es viele Berichte, 216 an der Zahl, darüber, daß Sterbende von verstorbenen Verwandten oder von Wesenheiten des religiösen Bereiches besucht wurden, um ihnen beim Übergang in eine andere Form des Seins behilflich zu sein und sie in die jenseitige Welt abzuholen.  
 
 

Dazu zwei Beispiele (17, S. 198):

"Das Hören von Musik scheint in allen Fällen ein harmonisches Erlebnis zu sein. Heiterkeit und Harmonie wirken bei leidenden Patienten überraschend, wie auch in dem folgenden Fall einer 62jährigen Frau eines Schauspielers, die vom Krebs im fortgeschrittenen Stadium gequält wurde. Sie hatte einen sehr seltsamen Ausdruck auf ihrem Gesicht. Ich schüttelte ihre Kissen auf, wobei ich ihren Rücken leicht anhob. Sie hatte einen sehr lichten Augenblick. Ich ging aus dem Raum. Als ich zurückkam, waren ihre Augen offen. Dann hatte sie diesen besonderen Blick in den Augen, war sich meiner Anwesenheit nicht bewußt, lächelte, hob den rechten Arm, als ob sie nach etwas greifen wollte und wurde wieder ruhig. Sie schien irgendwo anders zu sein; ich kann es nicht erklären - irgendwie in eine andere Welt entrückt. Ich sprach mit ihr, aber sie antwortete nicht. Später erzählte sie mir, daß sie Orgelmusik gehört und Engel in blendendem Weis gesehen hätte. Sie lächelte noch strahlender, tief erfüllt von dem Ganzen."

(17, S. 55):

"Von einem anderen Fall, in dem ein physikalischer (psychokinetischer) Effekt auftrat, berichtete uns eine christlich getaufte Krankenschwester in Indien. Die betreffenden Erscheinungen wurden hier als 'Engel' bezeichnet. Der Kranke war ein Mann zwischen vierzig und fünfzig Jahren und litt an Lungentuberkulose. Die Krankenschwester kannte ihn schon mehrere Jahre, da er eng mit ihrer Familie befreundet war.

Er hatte keine Beruhigungsmittel erhalten, war bei vollem Bewußtsein und hatte nur leichtes Fieber. Er war ein ziemlich religiöser Mensch und glaubte an das Leben nach dem Tod. Wir erwarteten, daß er sterben würde, und das war wohl auch der Fall, da er uns bat, für ihn zu beten. In dem Raum, wo er lag, gab es eine Treppe, die in den zweiten Stock hinaufführte. Plötzlich rief er aus: 'Schaut, die Engel kommen die Treppe herunter! Das Glas ist heruntergefallen und zerbrochen!' Wir alle, die sich im Raum befanden, schauten zur Treppe hin, wo auf einer der Stufen ein Trinkglas stand. Während wir noch schauten, sahen wir, wie das Glas ohne jede erkennbare Ursache in tausend Stücke zersprang. Es fiel nicht - es explodierte einfach. Die Engel sahen wir natürlich nicht. Über das Gesicht des Patienten legte sich ein glücklicher und friedlicher Ausdruck, und im nächsten Augenblick starb er. Sogar nach seinem Tod blieb dieser heitere, friedfertige Ausdruck auf seinem Gesicht."  
 
 
 

Eine englische Krankenschwester Joy Snell, die um die letzte Jahrhundertwende lebte, hat in einem Buch berichtet, was sie vom Dienst der Engel auf Erden und vom Leben in anderen Daseinssphären jenseits der Erdenwelt erfahren hat. Geschrieben hat sie das Buch, weil Engel ihr gesagt haben, daß ihr seltene psychische Kräfte verliehen worden seien und daß ihr zu sehen gestattet worden sei, was den weitaus meisten Menschen bis nach dem Tode verborgen ist. Darum solle sie anderen manches von dem erzählen, was ihr enthüllt wurde. Sie erlangte von einem bestimmten Zeitpunkt an die Gabe der Hellsichtigkeit, d. h. daß sie Wesenheiten einer anderen Daseinsebene wahrnehmen konnte. Sie berichtet zunächst (27, S. 12):

"Im Krankenhaus wurde ich mit dem Tod vertraut. Ich sah manche sterben, die den Tod als den Befreier von Schmerz, Kummer, Erschöpfung und Sorge freudig begrüßten, als den Öffner der Tür, durch welche, von allen körperlichen Krankheiten befreit, ihre Geister zu einer größeren, freieren Daseinssphäre fortschreiten würden, wo sich das tiefste Verlangen ihrer Seelen erfüllen würde. Andere sah ich sterben, die, von körperlicher Schwäche oder geistiger Müdigkeit überwältigt, den Tod erwarteten, scheinbar unfähig zu Hoffnung oder Furcht und äußerst gleichgültig in bezug auf das, was folgen würde.

Ich beobachtete Sterbefälle, die ruhig und friedlich waren und einen ebenso guten Anblick boten wie das Einschlafen eines Babys. Und ich sah einige, bei denen ein körperlicher Todeskampf bis zum letzten Atemzuge andauerte, und die waren schrecklich anzusehen. Noch entsetzlicher war das Sterben derjenigen, die, wenn sie das Ende nahe sahen, von Furcht und Schrecken ergriffen wurden, über das, was danach auf sie zukäme, und die um ihr Leben kämpften, sich daran klammerten, bettelten und beteten, daß sie weiterleben dürften. Glücklicherweise waren solche Szenen selten. Die meisten, die ich sterben sah, gingen in einem Zustand der Betäubung hinüber, anscheinend unfähig, irgendein Gefühl zu empfinden oder auszudrücken.

Oft bemerkte ich, daß die Sterbenden, unabhängig von ihrem leiblichen oder Geisteszustand, unmittelbar vor dem Eintritt des Endes jemanden wahrnahmen, der nicht zu den Umstehenden gehörte und von diesen nicht gesehen wurde. Ich sah, wie eine Frau, die stundenlang bewußtlos gelegen hatte, plötzlich mit einem Blick freudiger Überraschung die Augen "öffnete, ihre Hände vorstreckte, als wollte sie unsichtbare Hände ergreifen, und dann mit einem Seufzer der Erleichterung ihren Geist aushauchte. Ich habe gesehen, wie ein Mann, der sich vor Schmerzen gekrümmt hatte, seine Augen mit dem Ausdruck frohen Erkennens auf eine Stelle heftete, die für die Umstehenden bloß leerer Raum war, wobei er im Tone froher Begrüßung eine Namen äußerte und dann seinen letzten Atemzug tat."

Einige Seiten weiter (27, S. 15) berichtet Joy Snell:

"Etwa sechs Monate nach meinem Eintritt in den Spitaldienst offenbarte sich mir, daß Sterbende wirklich die sahen, welche vom Geisterreich gekommen waren, um sie bei ihrem Übertritt in eine andere Daseinsform zu begrüßen. Das erstemal bekam ich diesen sichtbaren Beweis bei dem Tode von L., einem süßen Mädchen von 17 Jahren und Freundin von mir. Sie war das Opfer von Auszehrung. Schmerzen hatte sie nicht, aber die innere Ermüdung, die von der großen Schwäche und Hinfälligkeit kam, belastete sie sehr, und sie sehnte sich nach dem Ende. Kurz vor ihrem Ende bemerkte ich zwei Gestalten, die zu beiden Seiten des Bettes standen. Ich hatte sie nicht kommen sehen, sie standen am Bett, als ich sie bemerkte, und ich sah sie so deutlich, wie ich alle Anwesenden in dem Raum sah. In meiner Vorstellung nannte ich diese Wesen aus einer anderen Welt immer Engel, und als von solchen will ich weiterhin sprechen.

Ich erkannte in den beiden zwei intime Freundinnen des Mädchens, die gleichaltrig mit ihr ein Jahr vorher gestorben waren. Gerade bevor die beiden erschienen, hatte das sterbende Mädchen gesagt: 'Es ist so dunkel geworden, ich kann gar nichts mehr sehen.' Aber diese erkannte sie sofort. Ein liebliches Lächeln glitt über ihr Gesicht. Sie streckte die Hände aus und rief in freudigen Tönen: ,Oh, ihr seid gekommen, mich abzuholen! Ich freue mich, denn ich bin so müde.' Als sie ihre Hände ausstreckte, ergriff jeder der beiden Engel deren eine. Ihre Gesichter waren leuchtend, und wie auch das Gesicht der Sterbenden strahlend lächelte, die ja nun die Ruhe finden sollte, nach der sie so verlangte. Sie sagte nichts mehr, aber für etwa eine Minute hielt sie die Hände ausgestreckt, die von den Händen der Engel gehalten wurden, und sie sah sie weiter an mit strahlenden Augen und dem Lächeln auf ihrem Gesicht. Vater, Mutter und Bruder, die ersucht worden waren, zugegen zu sein, wenn das Ende käme, begannen bitterlich zu weinen, als sie merkten, daß sie sie verlassen werde. Von meinem Herzen aber stieg eine Bitte empor, daß sie sehen könnten, was ich sah, aber sie konnten nicht.

Die Engel schienen die Hände der Sterbenden loszulassen, die dann auf das Bett zurückfielen. Ein Seufzer, wie von jemand, der sich glücklich dem Schlaf hingibt, kam von ihren Lippen, und dann war sie, wie die Welt sagt, tot. Aber das milde Lächeln, das auf ihr Gesicht gekommen war bei dem Erkennen der Engel, blieb noch. Die Engel blieben am Bett während des kurzen Augenblickes, bis die Geistform über dem toten Körper sich gebildet hatte. Sie erhoben sich dann und blieben einige Augenblicke neben ihr, die ihnen nun gleich war. Dann verließen drei Engel den Raum, wo vorher nur zwei gewesen waren."

(27, S. 32):

"Von den vielen Todesfällen, deren ich Zeuge war, stellte der von Frau L. das schlagendste und schönste Beispiel für den Triumph des Glaubens über den 'grimmen Schrecken' dar. Er ist eine der kostbarsten Erinnerungen, die mir von meinen Erlebnissen als Krankenschwester bleiben. Frau L. war von Beruf eine berühmte Sängerin gewesen, an deren Sangesgabe Wohlfahrtseinrichtungen niemals vergeblich appellierten. Sie war eine gute und höchst liebenswürdige Frau. Sie war von einer inneren Erkrankung betroffen, die für unheilbar erklärt worden war. Ich hatte die dunkle Gestalt mit dem verschleierten Gesicht am Fußende ihres Bettes gesehen und wußte, daß das Ende nahe war.

Für vierundzwanzig Stunden war sie so schwach und erschöpft gewesen, daß sie kaum mehr als ein Flüstern von sich geben konnte und ganz außerstande war, sich allein in ihrem Bett aufzurichten. Zwei Engel wurden mir sichtbar, die zu beiden Seiten des Bettes standen; und ich wußte, sie waren gekommen, um ihre verklärte Seele, deren neue Wohnung alsbald über ihrem ausgemergelten Körper Gestalt annehmen würde, zu jener Sphäre zu geleiten, wo Friede und Freude dauern und Leiden unbekannt ist.

Auf einmal "öffnete sie weit ihre schönen Augen. Sie gab kein Anzeichen, daß sie die Engel wahrgenommen hätte; doch als sie sich in ihrem Bett aufrichtete, erstrahlte ihr Gesicht von einer Freude, die nicht von dieser Erde war, und sie sang von Anfang bis Ende jenen majestätischen Choral: 'O bleibe im Herrn!' Ihre Stimme erschallte so klar und kräftig wie in den vergangenen Jahren, als ihr in Konzertsälen Hunderte hingerissen gelauscht hatten.

Es gibt Ereignisse auf Erden - das ist gut zu wissen - die sogar die Engel erfreuen. Und dies war eins von ihnen. Denn die strahlenden Gesichter dieser beiden am Bett erglühten von heiligem Entzücken, als sie der Sängerin zuschauten und zuhörten, die sich bald darauf den himmlischen Heerscharen anschließen sollte.

Als das Lied zu Ende war, fiel sie ins Bett zurück und verschied. Dann war ich Augenzeuge ihrer Geburt in das todlose Leben und ihres Aufbruchs als Engel in Begleitung der beiden anderen Engel dorthin, wo man für immer Ruhe im Herrn findet."  
 
 

5. Engelhilfe bei kranken Menschen

Doch nicht nur bei Sterbenden treten jenseitige Wesenheiten, die von Joy Snell Engel genannt werden, in Erscheinung, sondern auch bei noch hier Lebenden. Die Krankenschwester berichtet (27, S. 18):

"Nicht nur Ärzte und Schwestern betreuen die Kranken. Auch Engel betreuen sie. Auch dies wurde mir im Krankenhaus offenbart. Beim Licht einer abgeschirmten Lampe schrieb ich eines Nachts an einem Tisch mitten in der Station, bei der ich als Nachtschwester verpflichtet war. Die wenigen anderen Lichter, die brannten, waren heruntergeschraubt. Als ich von dem Papier aufschaute, an dem ich schrieb, sah ich eine Gestalt, die sich an einem Ende das langen und spärlich beleuchteten Raumes bewegte. Ich dachte, es wäre eine Patientin, die aus dem Bett aufgestanden wäre; als ich aber näher kam, sah ich, daß es keine Kranke, sondern ein Engel war. Die Gestalt war groß und schlank, die Gesichtszüge die einer Frau mittleren Alters.

Ich war zu dieser Zeit schon zu sehr vertraut mit dem plötzlichen Erscheinen dieser strahlenden Besucher aus einer anderen Welt, als daß ich erschrocken oder verwundert gewesen wäre, obwohl es unerwartet geschah; und ich stand still und beobachtete sie. Sie ging zu drei oder vier Betten, hielt sich bei jedem von ihnen kurze Zeit auf und legte ihre rechte Hand auf die Köpfe der dort liegenden Patientinnen.

Solange ich im Krankenhaus blieb, verging danach kaum ein Tag, ohne daß ich sah, wie dieser Engel die Kranken betreute. In der Nachtschicht aber sah ich sie am häufigsten; denn in den dunklen Stunden und besonders jenen, die der Morgendämmerung vorangehen, sinkt die Lebenskraft der mit einer Krankheit Ringenden am tiefsten; und dann brauchen sie am nötigsten etwas, das ihre Lebenskraft anregt und ihren Schmerz lindert. Bald nachdem ich sie erstmals gesehen hatte, wurde es überaus klar, daß sie mit Kräften ausgestattet war, mit denen sie den Kranken körperlich wohltun konnte; so kam es, daß ich sie in Gedanken den Heilungsengel nannte.

Ich war immer dankbar dafür, wenn ich sie zwischen den Patientinnen umherflitzen und hier und da einer Leidenden die Hand auflegen sah; und zwar besonders nachts, wo ich gewöhnlich die einzige Schwester in der Station war; denn ich wußte, daß die Empfängerin dieser Betreuung, obwohl sie ihr gänzlich unbewußt war, davon Nutzen haben würde. Oft hat mir eine Patientin nach einer solchen Behandlung gesagt: 'Oh, Schwester, ich fühle mich heute morgen soviel besser; ich hatte einen erquickenden Schlaf.'

Gelegentlich sagten mir Kranke, von denen ich wußte, daß sie nachts vom Heilungsengel betreut worden waren, sie hätten schöne Träume gehabt, in denen sie bezaubernde Musik gehört hätten. Ich hätte manchmal gerne gewußt, ob sie Melodien der himmlischen Musik vernahmen, die ich so oft hörte. Aber keine von ihnen sah anscheinend jemals wie ich den Engel, der die Besserung an ihnen bewirkt hatte, für die sie so dankbar waren.

Ihre Heilkräfte wurden den Patientinnen nicht nur im Schlaf zugewendet. Ich habe mehr als einmal gesehen, daß sie einer Patientin, die unter solchen Schmerzen litt, daß sie wehklagte und stöhnte, die Hand auf die Stirn legte. Und wenig später sank die Patientin, vom Schmerz befreit, in einen ruhigen Schlaf, um sehr gebessert zu erwachen. Häufig, wenn der Heilungsengel einer von meinen Patientinnen einen Besuch abgestattet hatte, habe ich gefunden, daß der Puls regelmäßiger schlug und die Temperatur sich normalisiert hatte.

Oft half mir der Heilungsengel, wenn ich eine Patientin pflegte; manchmal, indem sie meine Hand führte; in anderen Fällen half sie mir, ein schweres und hilfloses Krankheits- oder Unfallopfer anzuheben oder zu verschieben, so unglaublich sich das auch anhören mag.

Neben den anderen Engeln, von denen ich geschrieben habe, war der Heilungsengel nicht der einzige, den ich zwischen den Patientinnen im Krankenhaus sah. Andere kamen und gingen gelegentlich, "ähnlich menschlichen Besuchern, abgesehen davon, daß ihr Kommen und Gehen anders war - ein plötzliches Erscheinen und ein plötzliches Verschwinden. Der Heilungsengel aber war der einzige, vom dem ich klar und deutlich beteuern kann, daß sie den Kranken, die sie betreute, Heilung brachte, wie es sich wiederholt herausstellte.

Eine junge Frau, die von einem schweren Fahrzeug überfahren worden war und schwere innere Verletzungen davongetragen hatte, lieferte mir den überzeugendsten Beweis, den ich von der Wirksamkeit der Betreuung durch den Heilungsengel zu sehen bekam. Sie lag in einer Station, in der ich Nachtdienst hatte. Nachdem der Arzt vom Dienst sie gründlich untersucht hatte, erklärte er ihren Fall für hoffnungslos.

Sie war erst kurze Zeit in der Station, und ich stand an ihrem Bett und überlegte, was ich tun könnte, um ihre großen Schmerzen zu lindern und dachte daran, wie traurig es wäre, wenn ihre beiden Kinder so bald die Liebe und Fürsorge ihrer Mutter entbehren sollten - da erschien der helle Engel am Kopfende des Bettes mit erhobener Hand und zeigte aufwärts. Wie immer war sein Aufenthalt kurz; doch daraufhin wich meine Verzagtheit der Hoffnung, obwohl es mir noch immer so schien, als ob beinahe ein Wunder geschehen müßte, um das Leben in dem schrecklich zerschmetterten Körper festzuhalten.

Etwa eine Stunde später legte ich ihr kühle, feuchte Tücher auf die Stirn - da sah ich den Heilungsengel auf der gegenüberliegenden Bettseite. Sie schob ihre rechte Hand vor und legte sie für einen Augenblick auf die Hand, mit der ich das Tuch auf die Stirn der Kranken drückte. Es lag etwas sehr Beruhigendes in ihrer Berührung; und sie war so zart, daß ich sagen möchte, ich 'spürte' sie mehr, als daß ich sie fühlte. Als sie ihre Hand zurückzog, hob sie den Kopf und sah mir in die Augen. Nach den gewöhnlichen Maßstäben war es kein schönes Gesicht, das mir entgegensah; doch es war geprägt von einer Süße und Zartheit, die weitaus anziehender war als bloße Schönheit.

'Sei guter Dinge', sagte sie, 'sie wird gesunden.' Es war das erste Mal, daá der Heilungsengel zu mir sprach; danach aber sagte sie mir noch öfter Worte von "ähnlicher, hoffnungsvoller Bedeutung, wenn sie meine Patientinnen betreute.

In dieser Nacht kam sie noch mehrere Male zum Bett der Kranken und legte jedesmal ihre rechte Hand der Kranken auf die Stirn; doch bis zu der Zeit, als mein Dienst um 9 Uhr morgens endete, hatte es keine merkliche Änderung im Befinden der Kranken gegeben. In der folgenden Nacht stattete der Heilungsengel der Kranken wiederum mehrere Besuche ab, und diese hatte einen erquickenden Schlaf. Als aber der Arzt sie sah bevor mein Nachtdienst endete, war er noch immer überzeugt, daß ihr Fall hoffnungslos wäre.

Während er mit mir darüber sprach, erschien der Heilungsengel sehr nahe bei uns. Obwohl sie für mich so deutlich sichtbar war wie der Arzt, wußte ich, daß er sie nicht sehen konnte. Als er wiederum seine Meinung kundtat, daß die Frau nicht gesunden könnte, zeigte mir der Engel ein beruhigendes, süßes Lächeln. Dadurch ermutigt sagte ich dem Arzt: 'So weit wir sehen können, sieht der Fall hoffnungslos aus, aber ich glaube, daß sie doch noch gesund wird.'

'Unsinn, Schwester', entgegnete er, 'es ist unmöglich, daß sie nach den schrecklichen Verletzungen, die sie erlitten hat, durchkommt. Aber', fügte er hinzu, 'wir tun natürlich alles, was für sie getan werden kann.'

In dieser Nacht gab es eine ganz merkliche Besserung in ihrem Zustand, und ihre Temperatur, die sehr hoch gewesen war, sank. 'Ja, es scheint ihr ein bißchen besser zu gehen', sagte der Arzt am Morgen. 'Es kann sich aber nur um eine zeitweilige Besserung handeln.'

Nacht für Nacht betreute sie der Heilungsengel, und einige Wochen nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus war sie imstande, nach Haus zurückzukehren. Sie war nicht so stark und gesund wie vor ihrem Unfall - ich weiß nicht, ob sie je wieder bis zu diesem Ausmaß geheilt worden ist - doch war sie imstande, ihre Haushaltspflichten zu erfüllen und ihren Kindern die Liebe und Fürsorge zu geben, die sie brauchten. Im Krankenhaus wurde dies als eine wunderbare Heilung betrachtet.

'Ich hätte niemals gedacht, sie wieder auf den Füßen zu sehen', sagte der Arzt, der ihren Fall wiederholt als äußerst hoffnungslos bezeichnet hatte. 'Ich betrachte ihre Genesung einfach als übernatürlich.'"
 
 
 

Ein weiteres Beispiel von beeindruckender Engelhilfe berichtet Joy Snell (27, S. 27):

"Im Laufe meiner Arbeit als Krankenschwester kamen in meinen Gesichtskreis verschiedene Personen, denen der Dienst der Engel die Last eines großen Unglücks mächtig erleichterte und Friede und Hoffnung an die Stelle von Elend und Verzweiflung treten ließ. Vielleicht die auffallendste dieser glücklichen Wandlungen ging in einem verkrüppelten Mädchen von sechzehn Jahren vor sich, das praktisch ohne Beine geboren war. Sie hatte mehrere Geschwister, doch nur sie war verunstaltet. Wegen ihrer Verunstaltung schienen die Eltern sich ihrer zu schämen und zeigten ihr wenig Zuneigung. Sie kam niemals aus dem Haus, und ihre Nachbarn wurden soweit als möglich von ihrem Dasein in Unkenntnis gehalten. Sie hatte sogar niemals Lesen und Schreiben gelernt und keinerlei religiöse Unterweisung empfangen.

Ich hätte sie niemals kennengelernt, wenn in der Familie nicht eine schwere Krankheit aufgetreten wäre, wegen der ich gerufen wurde und mich für sechs Monate in dem Hause aufhielt. Mich rührten ihre klägliche Miene und ihre großen, wehmütigen Augen. Zunächst wich sie vor mir zurück, wie sie es vor allen Fremden tat, weil die Mißachtung, mit der man sie behandelte, sie glauben gemacht hatte, daß ihre Verunstaltung in allen, die sie sahen, Gefühle der Ablehnung hervorrufen mußte. Das vermehrte natürlich nur mein Mitleid mit ihr, und ich machte mich daran, die Schranken ihrer Empfindsamkeit und Furchtsamkeit niederzulegen. Damit hatte ich bald Erfolg, denn ihr verschmachtendes Herz hungerte nach Zuwendung.

Als ich bis zu einem gewissen Grade ihr Vertrauen und ihre Liebe gewonnen hatte, erzählte ich ihr etwas von Gottes Liebe und der Geschichte des Erlösers und seiner Arbeit auf Erden. Sie hörte mir eifrig zu. Genau wie eine Pflanze, die in ausgedörrtem Boden geschrumpft und erschlafft ist, sich kräftigt und neues Leben gewinnt, wenn der Regen auf sie niederfällt, so erwachte auch ihre Seele, die, wie mir schien, so lange in der Finsternis geistiger Unwissenheit herumgetappt war, und gedieh, als sie in den Sonnenschein göttlicher Liebe gebracht wurde.

'Erzähl' mir mehr! Erzähl' mir mehr davon!' rief sie häufig aus, wobei ihre großen Augen von freudiger Erwartung aufleuchteten, als ich ihr vom Dienst der Engel erzählte und ihr sagte, daß auch sie eines Tages wie einer von ihnen sein würde.

'Und werde ich imstande sein, wie andere Leute zu laufen?' fragte sie mich. 'Ja', antwortete ich, 'wenn du zu ihrer Welt kommst, wirst du einen schönen Geistleib bekommen, der in jeder Hinsicht vollkommen ist und von allem Schmerz und aller Müdigkeit befreit sein.'

'Oh', rief sie, 'ich wünsche mir, daß ich die strahlenden Engel auch sehen könnte. Ich würde mich dann nicht so allein fühlen.' Ich sagte ihr, es könnte sein, daß sie die Engel eines Tages sähe; daß sie sogar imstande wäre, sie auch zu hören; wenn aber nicht, dann würde sie imstande sein zu fühlen, daß sie um sie wären. Sie war auch eine, die seltene verborgene Kräfte besaß; diese brauchten anscheinend nur das Erwachen ihrer Seelennatur, um sich zu entwickeln und ihr die Wirklichkeit des Dienstes der Engel zu enthüllen.

Ich war einen ganzen Monat nicht in dem Haus gewesen, da sagte sie mir, daß sie die 'strahlenden Engel' im Traum gesehen hätte. Für mehrere Nächte danach träumte sie von ihnen und pflegte ihrem Schlummer mit Freude entgegenzusehen wegen des Trostes, den diese Träume ihr brachten. Und eines Morgens, als ich in ihr Zimmer kam, um zu fragen, wie sie geschlafen hätte, saß sie in ihrem Bett aufrecht, wobei ihre Augen vor Vergnügen flatterten, und klatschte in die Hände. 'Was glaubst du? Was glaubst du?' rief sie frohlockend aus, 'ich habe einen von den strahlenden Engeln gesehen!'

'Im Traum?' fragte ich. 'Nein, es war kein Traum; es war Wirklichkeit', antwortete sie. 'Der Engel stand an meinem Bett, da, wo du stehst, und sprach mit mir.' 'Und worüber sprach der Engel mit dir?'

'Er sprach mit mir über Gottes Liebe, wie du, und ließ mich fühlen, daß Gott mich wirklich liebt. Und er sagte mir, daß auch ich eines Tages ein strahlender Engel und imstande sein würde umherzugehen, genau wie sie. Oh, ich bin so glücklich, weil ich weiß, daß alles wirklich, wirklich wahr ist.'

Sie klatschte in die Hände, und auch ich klatschte in die Hände, und ein Dankgebet stieg von meinem Herzen auf, daß ihr die Gesellschaft der Engel vergönnt war; denn ich wußte, daß sie ihr größeren Trost und Frieden bringen würden, als es jegliche irdischen Freunde könnten.

Danach verging kaum ein Tag, solange ich bei der Familie blieb, ohne daß sie mir erzählte, daß sie einen Engel gesehen und mit ihm gesprochen hätte.

Ich lehrte sie Lesen und Schreiben. Sie lernte schnell, denn sie hatte von Natur eine rasche Auffassungsgabe und dürstete nach Kenntnissen. Sie gewann großes Vergnügen am Lesen der Bibel und sagte mir, daß die Engel mit ihr über das zu sprechen pflegten, was sie da gelesen hatte, und ihr Dinge erklärten und bewirkten, daß sie sich sehr glücklich fühlte. Sowohl bei Tage als auch bei Nacht erlebte sie von Zeit zu Zeit diesen schönen Dienst der Engel. Und oft hörte sie auch, wie sie mir sagte, schöne Musik, die, wie ich nicht zweifelte, die gleiche war, die ich hörte.

Diese Offenbarungen bewirkten eine große Änderung bei ihr. Die Niedergeschlagenheit, die ihr zur Gewohnheit geworden war, machte einer ruhigen Freude Platz, die etwas Ansteckendes hatte, so daß ihre Eltern, die sich zuvor von ihr ferngehalten hatten, sie zunehmend liebten und an ihrer Gesellschaft Gefallen fanden. Sie waren aber auf keinen Fall spirituell gesinnte Leute. An den Dienst der Engel konnten sie nicht glauben. Sie waren sicher, daß das Mädchen sich bloß einbildete, sie zu sehen und mit ihnen zu sprechen. Aber da es sie glücklich machte, schlossen sie, wäre es gut, sie die 'Täuschung' kultivieren zu lassen, wie sie es nannten.

Ihr Vater und ihre Mutter hatten eines Tages gerade über diese Angelegenheit mit mir gesprochen und die Meinung ausgedrückt, daß es 'dem gesunden Menschenverstand' widerspräche und natürlich alles 'Unsinn' wäre, als irgend etwas uns zusammen zum Zimmer des Mädchens gehen ließ. Da sah ich einen strahlenden Engel, der sich über sie beugte. Weil die Zeit kurz bevorstand, da ich sie verlassen mußte, und ich wünschte, sie gegen den Skeptizismus ihrer Familie zu wappnen und, wenn möglich, die Beharrung der Eltern in ihrer Blindheit und Unwissenheit ein wenig zu erschüttern, gab ich bekannt, daß ich den Engel sehen könnte und beschrieb seine Erscheinung.

'Oh, ich bin so froh, daß du den strahlenden Engel genau so siehst wie ich', rief die Tochter aus, 'denn jetzt wissen Vater und Mutter, daß es nicht bloß meine Einbildung ist.'

Ich war sehr traurig, als ich das Mädchen verließ, denn sie hatte sich zu einem süßen und liebenswerten Wesen entwickelt. Als ich ihr Lebewohl sagte, weinte sie und sagte, sie würde mich sehr vermissen.

'Aber du wirst dich niemals wieder so allein fühlen wie früher', sagte ich, 'du wirst allezeit die Engel haben, um dich zu trösten.' 'Ja, das weiß ich', antwortete sie strahlend. 'Sie haben mir versprochen, sie werden mich nie mehr verlassen, solange ich lebe; und wenn ich gestorben bin, werde ich immer bei ihnen sein.'"
 
 

Nicht nur bei körperlichen Leiden, sondern auch wie in dem vorangegangenen Beispiel bei seelischer Not können Engel Hilfe leisten. In diesem Zusammenhang berichtet der mir seit langer Zeit persönlich gut bekannte evang. Pfarrer Wilhelm Horkel (Jg. 1909) über eine Engelvision seiner Mutter, die diese im Jahre 1915 in ihrem Haus in Augsburg hatte. Er schreibt (10, S. 100):

"Frau J. H. in A. hatte während der Kriegsjahre an fünf besonders schweren Sorgen zu tragen, die sie immer wieder im abendlichen Gebet Gott ans Herz legte. An einem solchen Abend erblickte sie ihrem Bett gegenüber aus einer dunklen Ecke heraus die Gestalt einer Engelshand aus fahlem Schein immer deutlicher werden. Sie erkannte in dieser Hand fünf nebeneinander liegende Schriftrollen, den Ansatz eines weiten Ärmels, ein herabfließendes Gewand, aber keinen Kopf. Sie beschrieb die Gestalt als überlebensgroß, der Kopf blieb unenthüllt. Die Erscheinung dauerte gerade so lange, daß die im Gebet Ringende die Nähe des Engels zweifelsfrei gewahr werden konnte.

So wußte sie untrüglich, ihre fünf Sorgen sind in den Händen des Engels, sind in Gottes Händen geborgen. Und sie erlebte, wie sich Sorge um Sorge löste und zerging, weil sie alle beschlossen waren in der Geborgenheit, die Psalm 139, 16 aussagt: 'Deine Augen sahen mich, da ich noch unbereitet war, und alle Tage waren in Dein Buch geschrieben, die werden sollten, als derselben keiner war.'"