Giganten im All (1 - 3)

- 54 - Die Kunst ist sakral Martin wunderte sich, daß es im Raumschiff so viel Bequemlichkeit gab. Ein Raum war schöner als der andere. Besonders jene Räume, die der Erholung und der Unterhaltung dienten. Mit 18 Stockwerken war dieses außerirdische Mutterschiff, nach irdischen Begriffen, ein wahres "Luxushotel". Martin traf sich mit NAMO in einem dieser Erholungsstätten. SHINUN hatte NAMO informiert und geschickt. Nachdem sie sich begrüßt und einen Platz zum Sitzen ausgesucht hatten, sagte Martin: "Über die Kunst läßt sich nur reden, man sollte aber nicht darüber streiten." NAMO sah ihn ernst an und antwortete: "Wir streiten uns prinzipiell überhaupt nicht. Wir stellen nur fest und vergleichen unsere Anschauungen. Auf der Terra streitet man dagegen über jede Kleinigkeit. Das ist etwas, was uns kränkt - und Euch krankmacht." "Sie müssen viel Geduld mit mir haben", sagte Martin, sich entschuldigend. "Auch ich bin mit all den Fehlern behaftet, die es bei Erdenmenschen gibt. Die Kunst interessiert mich persönlich sehr. Auf der Erde ist man derzeit in eine Art von Kunst hineingesteuert, die viele Menschen nicht mehr verstehen. Trotzdem wird sie als 'moderne Kunst' angepriesen. Was halten Sie beispielsweise von Bildern, die nur aus Klecksen und Strichen bestehen? Unsere Kunstsachverständigen behaupten, daß der Durchschnittsmensch 'keine Ahnung von Kunst' habe und daher auch nicht darüber urteilen könne." NAMO verzog ihr Gesicht und sagte: "Auf alle Fälle ist der Ursprung der Kunst sakral. Das hat man leider auf der Terra vergessen. Ich will es Ihnen erklären: Die Kunst ist eine Art Gebet; sie verlangt vom Menschen eine Meditation, eine Versenkung und Umschaltung in die höchsten Lebensempfindungen und eine Fühlungnahme mit dem SCHÖPFER. Deshalb haben die wirklichen Künstler auf der Terra mit Vorliebe religiöse Themen gewählt. Es gibt zwei Arten der Kunst, weil es nämlich auch zwei SUPERMÄCHTE gibt, die man als 'Himmel' und 'Hölle' bezeichnet. Man kann auch 'Gut' und 'Böse' dazu sagen. Nun kommt es darauf an , was die Sprache der Kunst ausdrücken soll. Will der Künstler die Dämonie zeigen oder will er den Betrachter mit der göttlichen Schöpfung bekanntmachen. - Auf der Terra ist man immer mehr dazu bereit, die Dämonie auszudrücken, nämlich das Chaos, die Aufspaltung, die Zerstörung und Zerrissenheit, weil alles darauf hinzielt. Dies ist dann eben zeitgemäß. Das kann auch unbewußt geschehen. Hinter jedem Künstler stehen unsichtbare INTELLIGENZEN, die sich an der Sache beteiligen . Der Künstler ist oft nur Instrument, eine Marionette, ohne es zu wissen." Das ist ja hochinteressant", sagte Martin. "Erzählen Sie bitte weiter. Mich interessiert das sehr!" "Gern", sagte NAMO. "Jeder wirkliche Künstler ist hochgradig sensitiv, d. h . medial veranlagt. Er wird zwischen sichtbaren Intelligenzen und unsichtbaren INTELLIGENZEN als Mittler benutzt. Die Kunst ist also eine Sprache, um etwas auszudrücken, wofür es nicht die passenden Worte gibt. Was da zu sagen ist, muß erfühlt werden." "Ein irdischer Philosoph, ich glaube es war Benedetto Croce4 , soll gesagt haben: 'Schönheit ist angemessener Ausdruck'", bemerkte Martin. "Aber Häßlichkeit ist doch auch angemessener Ausdruck. Wo liegt die Grenze zwischen beiden Begriffen?" NAMO lächelte fein und sagte: "Die Wirkung ist bei Schönheit und Häßlichkeit verschieden, sie ist relativ. Der Ausdruck, der vom Objekt ausgeht, ist der Seele angemessen und nicht der Ma4 Croce, Benedetto, geb. in Pescasséroli 25.02.1866, gest. in Neapel 20.11.1952, italienischer Philosoph, Historiker, Literaturwissenschaftler und Politiker. Croce stellte seine Philosophie als eine Folge offener Systemationendar, nicht als ein geschlossenes System; er wurde durch seine ästhetischen. Schriften über Italien hinaus bekannt.

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