Giganten im All (1 - 3)

- 59 - "Leider nicht viel", antwortete NAMO. "Aber in früheren Zeiten konnten die Menschen der Terra sehr gute Musik machen, die auch wir sehr zu schätzen wußten. Musik ist eine harmonische Seelensprache, wenn sie künstlerische Musik sein soll. Auf alle Fälle muß sie eine göttliche Richtung erkennen lassen. Solch eine Musik ist eindringlich, aber ohne die Nerven aufzupeitschen; sie dringt mit sinnlicher Gewalt in die Tiefen der Seele, hebt alle höheren Gefühle aus der verborgenen Schatzkammer der Seele und macht dem Menschen ein überirdisches, sphärisches Dasein bewußt. Das ist die Aufgabe des wirklichen Künstlers, die inneren, verborgenen Seelenschätze, jene noch nicht voll erkannten Werte göttlichen Ursprungs, im Menschen heraufzuzaubern und bewußt zu machen. Der langsame, ruhige Rhythmus, der wie ein Pulsschlag oder wie die Atmung eines gesunden Menschen im Einklang mit der unaufdringlichen Harmonie, wie ein Lebensstrom in die Seele fließt, ist das Merkmal wirklicher Kunst; sie darf nicht unangenehm empfunden werden, sondern muß sich dem eigenen Seelenrhythmus sympathisch anpassen und zu einem einheitlichen höheren Gefühl verschmelzen. Kunst erfordert einen hohen Idealismus. Das soll aber nicht heißen, daß Kunst einen Idealismus zum Geldverdienen benötigt. Der Idealismus, den die Kunst benötigt, legt auf materielle Anerkennung weniger Wert. Die Sucht nach Ruhm und Geld ist der wahren Kunst gefährlich; diese Eigenschaften führen leicht in die falsche Richtung und entfernen das Genie von seiner Berufung. Zur Kunst gehört ein unerschütterlicher Glaube. Aber dieser Glaube kann und darf nur ein Glaube an das Höhere und Gute, an das wahrhaft Göttliche und auch Menschliche sein. Ein Künstler, der vom Wege der wahren Aufgabe abgeirrt ist und sich dem Materialismus mit Ruhm und Ehre, weltlicher Anerkennung und vielem Geld verschrieben hat, wird schwerlich so viel Idealismus und so viel Glauben an seine Mission aufbringen, daß er sein Leben dafür in die Waagschale wirft. Auch der Künstler muß über die Ekstase zum Propheten werden, der seine Visionen in seine Sprache der Kunst übersetzt und zwar so, daß sie jeder Mensch selbst deuten kann und daraus die Erkenntnis der reinen, philosophischen und religiösen Wahrheit gewinnt, die durch keine menschliche Überlegung ersetzt werden kann. Zu dieser Deutung bedarf es keines Kunstsachverständigen, der den Menschen etwas einreden oder aufzwingen will, damit er Geld verdient. Die in der Melodie oder im Bild, im Stein oder in der Sprache festgehaltenen Visionen müssen eine höhere Offenbarung sein. Die schrecklichste und abwegigste Kunst kann neben der wahren Kunst ruhig bestehen, wenn ihr wahrer Charakter entschleiert wird. Diese Kunst muß als 'dämonische Kunst' bezeichnet werden. Es genügt nicht, sie als 'abstrakt' oder 'existentialistisch' usw. zu bezeichnen, denn unter diesen Bezeichnungen kann sich kein normaler Mensch das Pseudomachwerk dämonischer Einfälle vorstellen. Sie werden heute noch eine Vorführung guter Kunst zu sehen bekommen, Herr Berger." Martin schaute NAMO überrascht an und fragte: "Was wird das für eine Vorführung sein? Darauf bin ich sehr neugierig, nach diesem ausgezeichneten Vortrag von Ihnen. Sicher werde ich in Zukunft einen anderen Maßstab anlegen." "Schon möglich", sagte NAMO. "Bei der Vorführung handelt es sich um einen GOTTESDIENST. Wir haben heute unsere Meditationszeit. Kommen Sie mit, denn es ist bereits Zeit." Sie erhoben sich von ihren Plätzen und verließen zusammen den lichten Raum. Jedesmal, wenn Martin den langen Gang durchschritt, hatte er Gelegenheit, die Auslagen in den Schaufenstern zu betrachten. Der breite Gang erinnerte ihn an die Ladenstraßen, wie er sie von großen Passagierschiffen auf den Weltmeeren der Erde her kannte. NAMO führte Martin in eine herrliche Halle. Wunderbare Gemälde waren an den Wänden zu sehen, die sich an der Decke fortsetzten. Martin war hingerissen von dieser Schönheit. Es waren Samariter-Themen, die in diesen Bildern ausgedrückt wurden, alles in allem von einer großen LIEBE und hohen Menschlichkeit zeugend. Auf der gegenüberliegenden Wand befand sich ein achtzackiger goldener Stern, der einen Punkt in seiner Mitte trug. Das Emblem der Santiner .

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