Das Buch der Geister

- 150 - Antwort: Das Verdienst des Guten beruht auf der Schwierigkeit, es zu tun. Kein Verdienst ist es, Gutes ohne Mühe und Kosten zu tun. Gott lohnt es dem Armen besser, der das letzte Stück Brot mit seinem Nächsten teilt, als dem Reichen, der etwas von seinem Überfluß abgibt. Frage: (713) Ist das ganze Gesetz Gottes in der Lehre Jesu von der Nächstenliebe enthalten? Antwort: Dieser Grundsatz umschließt alle Pflichten der Menschen gegeneinander. Aber man muß ihnen dessen Anwendung zeigen, sonst werden sie ihn vernachlässigen, wie sie es heute schon tun. Das natürliche Gesetz umfaßt alle Umstände des Lebens, jener Grundsatz ist nur ein Teil davon. Die Menschen brauchen bestimmte Regeln, unbestimmte Vorschriften lassen zu viele Wege der Auslegung offen. Frage: (714) Was haltet ihr von der Einteilung des natürlichen Gesetzes in diese zehn Teile: Anbetung, Arbeit, Fortpflanzung, Zerstörung, Gesellschaft, Fortschritt, Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit und Liebe, enthaltend auch die Nächstenliebe? Antwort: Die Einteilung ist die des Moses, sie umfaßt alle Lebensverhältnisse. Sie enthält aber nichts Absolutes, wie alle solche Systeme, die stets vom persönlichen Gesichtspunkte her stammen. Das letzte Gesetz ist das wichtigste, es faßt alle anderen in sich zusammen. Das Gesetz der Anbetung Frage: (715) Worin besteht die Anbetung? Antwort: Durch die Erhebung der Gedanken zu Gott. Durch Anbetung bringt man Ihm die Seele näher. Frage: (716) Ist Anbetung das Ergebnis eines angeborenen Gefühls? Antwort: Ja, sie ist angeborenes Gefühl, wie das der Gottheit. Das Bewußtsein seiner Schwäche führt den Menschen dahin, sich vor dem zu beugen, der es schützen kann. Frage: (717) Hat es Völker gegeben, denen die Anbetung fremd war? Antwort: Nein, denn es gab niemals Völker, die an keinen Gott glaubten. Alle erkennen, daß es über ihnen ein höchstes Wesen gibt. Frage: (718) Kann man annehmen, daß die Anbetung ihre Quelle im natürlichen Gesetz habe? Antwort: Sie liegt im natürlichen Gesetz, denn sie ist das Ergebnis eines dem Menschen einge- borenen Gefühls. Deshalb findet man sie in den verschiedensten Formen bei allen Völkern. Frage: (719) Bedarf die Anbetung äußerlicher Kundgebungen? Antwort: Die wahre Anbetung liegt im Herzen. Denkt bei all eurem Tun stets, daß der Herr euch sieht. Frage: (720) Ist äußerliche Anbetung von Nutzen? Antwort: Ja, wenn sie nicht leerer Schein ist. Wer Heuchelei und Eigenliebe übt und seine Frömmig- keit durch sein Verhalten Lüge straft, gibt ein schlechtes Beispiel und stiftet Böses. Frage: (721) Gibt Gott einer bestimmten Anbetungsart den Vorzug? Antwort: Gott liebt die, die Ihn aus dem Grunde ihres Herzens aufrichtig anbeten, indem sie Gutes tun und Böses lassen, mehr als jene, die Ihn mit äußerlichen Gebärden zu ehren glauben. Alle Menschen sind Brüder und Kinder Gottes. Zu sich ruft Er alle, die Seine Gesetze befolgen, in welcher Form sie sich auch ausdrücken. Wer da behauptet, Christus anzubeten, und gegen den Nächsten Untugenden übt, oder sich ehrgeizig um die Güter der Welt bemüht, dessen Religion ist auf seinen Lippen, aber nicht in seinem Herzen. Fragt also

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