54 beschreiben konnte, wie es war, als er im Sterben lag und wie es danach weiterging. Davon möchte ich an dieser Stelle einen Teil erzählen. Es wird dich interessieren. Obwohl es Carlos zuletzt sehr schlecht ging und er furchtbare Schmerzen im Rachen hatte, bekam er alles genau mit, was um ihn herum vorging: Seine Mutter weinte hemmungslos, sein Vater ging im Raum daneben nervös auf und ab. Sein jüngerer Bruder hockte in einem Sessel und schaute ihn bedrückt und traurig an, und der Arzt Dr. Martinho saß an seinem Bett, hielt seine Hand und wirkte traurig und hilflos. Carlos wollte sprechen, aber er konnte nicht. Er konnte seine Lippen nicht mehr bewegen. Aber in seinen Gedanken sprach er die Gebete, die ihm seine Mutter beigebracht hatte. So schrieb er ein Jahr später. Er war so unendlich müde und wollte gerne schlafen. Aber er traute sich nicht, weil er Angst hatte, nicht wieder aufzuwachen. Er hatte nämlich eine schlimme Erinnerung: Er hatte vor Jahren seinen lieben Freund Osario kalt und stumm und reglos unter einem Berg Rosen liegen sehen. Und er hatte unheimliche Angst davor, dass es ihm auch so gehen könnte, dass er also sterben würde. Wenn er hätte sprechen können, dann hätte er Dr. Martinho angefleht, ihn doch nicht sterben zu lassen. Vergeblich suchte er in den Gesichtern der Anwesenden irgendeine Spur von Zuversicht zu entdecken. Aber er sah nur Verzweiflung, Angst und Tränen. Und so wurde seine eigene Angst immer größer. Bis ein zartes Geräusch und eine kleine Bewegung seine Aufmerksamkeit weckten. Wie aus einem Nebel kommend, stand auf einmal seine Tante Eunice an seinem Bett. Er erkannte sie sofort, denn er hatte sie oft auf einem großen Foto gesehen. Es war die Schwester seiner Mutter. Sie war schon gestorben, als Carlos noch klein war. Niemand hier schien sie zu bemerken, aber Carlos freute sich. Sie trug ein wunderschönes Kleid mit Bändern. Sie lächelte ganz entspannt und sprach ihn freundlich und aufmunternd an. Das tat dem Jungen gut in seiner Not. Zwar schoss es ihm durch den Kopf, dass sie doch tot war und vielleicht ein Gespenst. Aber sie war so schön und fröhlich, sie konnte wirklich niemandem Angst machen. Carlos schrieb in seinem Brief, dass sie in diesem Augenblick ein richtiger Segen für ihn war.
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